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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken
Autoren: Daphne DuMaurier
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vergangenen Jahr stets unter den Mitwirkenden waren.
    Ob er in der Themenwahl dieses Jahres gut beraten war, braucht an dieser Stelle nicht erörtert zu werden. Ich lag leider krank in Rom und bin nicht befragt worden. Wäre er zu mir gekommen, hätte ich mich gegen seinen Plan ausgesprochen. Der unselige Herzog Claudio gehört nicht zu den historischen Gestalten, deren wir uns gern erinnern. Die Menschen von Ruffano, die von gestern wie die von heute, ziehen es vor, ihn zu vergessen. Er war kein guter Mann und hatte keine guten Ziele. Er stand mit dem gesamten Volk auf schlechtem Fuß und wurde bewundert nur von einem kleinen Kreis von Freunden, die genau so böswillig auf Unheil sannen wie er selbst. Sein Vermächtnis war Hass. Doch wie dies immer sein mag – Aldo Donati vertrat die Meinung, daß er Anspruch auf Nachruhm hätte, und sei es nur um der Bravourleistung willen, mit der er einen Zug von achtzehn Pferden durch die Stadt Ruffano von einem Hügel zum anderen lenkte. Ob Herzog Claudio diese Leistung tatsächlich vollbracht hat, ist bis heute ungeklärt. Aldo Donati hat sie vollbracht, und die Menschen, die am Freitagmorgen dabei gewesen sind, werden dieses Erlebnis nie vergessen.
    Hätte er es doch dabei bewenden lassen! Etwas Phantastisches, ja Erhabenes war ihm gelungen. Aber er hatte sein Ziel noch höher gesteckt, und das kostete ihn das Leben. Am Mechanismus lag es nicht. Das Fluggerät war in Ordnung. Es ist inzwischen von Sachverständigen geprüft worden. Aldo Donati hat eine Grundregel unbeachtet gelassen, die jedem Fallschirmspringer von Anbeginn beigebracht wird. Er hat versäumt, die Reißleinen zu ziehen. Warum er dies versäumte, werden wir nie erfahren.
    Sein Bruder Armino Donati, der letzte Woche, nach einer Abwesenheit von mehr als zwanzig Jahren, nach Ruffano zurückkehrte und, wie ich hoffe, bei uns bleiben wird, um die Betreuung elternloser Studenten weiterzuführen, sagte mir, er glaube, daß sein Bruder mitten im Flug eine Vision gehabt hat, daß ihn eine Art Ekstase ergriff und blind machte für die Gefahr.
    Das mag so gewesen sein. Wie Ikarus kam er der Sonne zu nah. Und fiel wie Lucifer. Wir, die wir weiterleben werden in dieser Stadt, grüßen in ihm einen Mann, der alles wagte.
    Ruffano
In der Osterwoche
    Gaspari Butali, Präsident
Universität Ruffano
     
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