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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern
Autoren: Tiffany Baker
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sich in der Menge nach Whit um, entdeckte zu ihrer Erleichterung aber keine Spur von ihm. Vielleicht war er ja tatsächlich unterwegs zur Scheune. Sie würde sich auch bald davonschleichen.
    »Und ich hatte schon gedacht, der Sumpf hat dich verschluckt«, ertönte eine mürrische Stimme aus der Dunkelheit, und Dee zuckte zusammen. Mr Weatherly stand vor ihr, und sein langes Gesicht wirkte im flackernden Licht irgendwie gespenstisch. »Wo ist denn das Baby?«
    Dee schenkte ihm ein Glas heißen Cidre ein und winkte ab, als er bezahlen wollte. »Er ist zu Hause bei Jo«, erklärte sie. »Hier draußen wäre es für ihn zu kalt.«
    Mr Weatherly schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein und nippte an seinem Getränk.
    »Sieht ja aus, als würde es gut brennen«, bemerkte Dee und deutete auf das Feuer.
    Mr Weatherly sah erfreut aus. »Allerdings«, nickte er. »Schön, dass wir jetzt wieder das Salz haben.« Er nahm noch einen Schluck Apfelwein und blickte Dee erwartungsvoll an. Bevor sie noch etwas sagen konnte, suchte er in seiner Tasche herum und zog eins seiner Knotenamulette hervor. »Hier«, sagte er und legte es auf den Tisch neben den geschnittenen Kuchen. »Für das Baby. Wenn du mich schon den Wein nicht bezahlen lässt.«
    Wie er da so nackt auf dem Wachstuch lag, wirkte der Faden ganz kraftlos und viel zu gewöhnlich, um es mit all dem Bösen in der Welt aufzunehmen, an dessen Existenz Dee inzwischen nicht mehr zweifelte. Andererseits hatte ihr die Zeit auf der Salt Creek Farm gezeigt, dass alles möglich war. Jordy und sie konnten für ihr neues Leben außerdem jede erdenkliche Hilfe gebrauchen, also griff sie nach dem Ding und steckte es sich in die Tasche.
    »Danke«, sagte sie und bedauerte wirklich, nicht mit Mr Weatherly verwandt zu sein. Es wäre schön gewesen, wenn Jordy jemanden wie ihn als Großvater gehabt hätte – jemanden, der mit einem Hammer umgehen, Limericks aufsagen und von alten Legenden berichten konnte. Jemanden, der die Stränge der Vergangenheit zusammenzuführen und sicher zu verschnüren wusste.
    Mr Weatherly wies mit dem Kinn auf das Salzpäckchen, das neben dem Apfelwein auf dem Tisch lag. »Und, willst du das nicht ins Feuer werfen und sehen, was das nächste Jahr bringt?«
    Dee zögerte. Um sie herum trotzten die Menschen lachend dem kalten Wind und warfen ihre Päckchen in die Flammen. Die leuchteten blau, grün und blutrot auf und knisterten und tanzten wie ein Feuerwerk. Vorpubertäre Mädchen quiekten und warfen ihr Haar nach hinten, wenn Highschooljungen an ihnen vorbeikamen, und junge Familien kuschelten sich eng aneinander, um ihre schlafenden Kinder warm zu halten.
    Dees Herz begann ein wenig schneller zu klopfen. Sie sah auf die Uhr. Wo zum Teufel steckte Claire? Sie hatte ihr doch versprochen, dass sie kommen würde. Dee konnte höchstens noch fünf Minuten bleiben, bevor sie losmusste, um Whit in der Scheune zu treffen. Ein Luftzug zerrte an den Flammen des Dezemberfeuers, jagte Funken in die Luft und trieb die Leute zurück, die zu nah herangetreten waren. Dee wickelte sich enger in ihre Jacke ein. In der letzten halben Stunde schien die Temperatur um fünf Grad gefallen zu sein. Jetzt fegte noch mehr Wind über das Feuer, die Menschen lachten und hielten Hüte und Schals fest.
    »Wenn das so weitergeht«, rief jemand, »dann werden wir hier alle gebraten.« Die Flötenmusik verstummte und stattdessen erklang etwas, was wie ein Banjo klang. Aus dem Augenwinkel sah Dee, dass wieder einmal jemand vortrat und Salz ins Feuer warf. Sie hielt den Atem an und wartete. Die Flammen flackerten, aber von ihrem Stand aus konnte sie nicht erkennen, was die Zukunft bringen würde. Wieder sah sie auf die Uhr. Jetzt hatte sie selbst eine Verabredung mit dem Schicksal.
    Auf ihrem Weg zurück zur Salt Creek Farm war es draußen nicht mehr einfach nur übel – das Sauwetter verwandelte sich gerade in einen richtiggehenden Sturm. Dee hatte den Truck beim Dezemberfeuer stehen lassen, damit Jo und Claire ihre Anwesenheit auf dem Gut nicht bemerkten. Whit würde auf ihre Forderungen eingehen, dann würde sie abwarten, bis auf der Salt Creek Farm alle schliefen, und sich später mit Jordy im Schutze der Nacht davonmachen. Sie hatte sogar schon ein paar von ihren Sachen in einer Reisetasche zusammengepackt und draußen versteckt. Jetzt zog sie sich die Kapuze tiefer in die Stirn und trabte in die Dunkelheit hinaus, die Hände tief in den Taschen vergraben. Sie lief an St. Agnes vorbei und
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