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Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie

Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie

Titel: Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
Autoren: Wilfried Esch
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Verzweiflung auszuweichen, so dass die scharfe Klinge des Dolches ihm die Wange zerschnitt.
    »Mörder! Mörder!«, schrie sie immer lauter und rannte auf den Hinterhof, offenbar Hilfe suchend. Benommen fasste sich Michelangelo an seine Wange, sah das Blut in seinen Händen und hörte dieses hysterisch schreiende Weib. Entsetzt und voller Panik rappelte er sich zuerst mühsam auf, schwankte noch ein wenig, um dann zur Tür hinaus ins grelle Tageslicht zu fliehen.
    Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio, hörte trotz des hohen Fiebers die lauten, schweren Schritte unerbittlich näher kommen. Unbarmherzig holten sie ihn zurück aus seinen Erinnerungen in die Wirklichkeit, in seine verzweifelte Lage im Hafen von Porto Ercole. Immer noch auf der Flucht, von Fieberkrämpfen geschüttelt, von Entsetzen und Enttäuschung über eine verlorene Liebe entkräftet. Melissas Verhalten war ihm noch immer völlig unverständlich. Doch darüber zu sinnen, blieb ihm keine Zeit, er musste weiter, mit letzter Kraft, um den Häschern zu entkommen. Vorsichtig spähte er noch einmal nach allen Seiten und schleppte sich weiter in Richtung Strand, dort in eine kleine, von sumpfigem Hinterland umgebene Bucht. Hier hoffte er, ein sicheres Versteck zu finden. Seine Beine wurden ihm schmerzhaft schwerer, seine Schritte langsamer, bis er mehr stolperte denn lief. Allmählich schwanden ihm die Sinne. Verschwommen schien sich die ganze Welt um ihn zu drehen. Als der Taumel etwas nachließ, sah er eine Hütte und schleppte sich schwer keuchend darauf zu. Mit letzter Kraft erreichte er sie, stieß die hölzerne Tür auf und fiel in bodenlose Dunkelheit.
    Am Morgen des nächsten Tages liefen drei Fischerkinder, zwei Jungen und ein Mädchen, über den Strand von Porto Ercole, spielten Fangen, waren fröhlich und ausgelassen.
    »Ihr kriegt mich nicht, ihr kriegt mich nicht!«, rief das Mädchen und eilte den Jungen in Richtung Fischerhütte davon. Die beiden Jungen verfolgten sie. Der Abstand zwischen ihnen war so groß, dass das Mädchen ungehindert als Erste die Hütte erreichte. Erschrocken blieb sie stehen, als sie sah, dass die Tür weit offen stand.
    »Was ist denn, Guilia?«, wollte der ältere der beiden Jungen wissen, als sie das Mädchen eingeholt hatten. Wortlos deutete sie auf die offen stehende Tür.
    »Soll ich mal nachsehen?«, bot der große Junge an, fühlte sich aber sichtlich unwohl dabei. Vorsichtig näherte er sich der Hütte und sah dort im Halbdunkel einen Mann am Boden liegen.
    »Geh und hole Vater, Raffaele«, befahl der größere seinem jüngeren Bruder, der auch sofort los rannte. Wenig später erschien der Fischer, erst unwillig, doch dann besah neugierig er sich den am Boden Liegenden.
    »Ist er – ist er tot?«, wollte der große Junge wissen. Sein Vater schüttelte den Kopf.
    »Nein, Marcus, tot ist er nicht, aber schwer verletzt und wie es aussieht sehr krank.«
    Guilia kam nun näher, um den schwerverletzten Mann aus der Nähe zu betrachten und hockte sich neugierig neben den Fremden. Da riss der Totgeglaubte plötzlich die Augen auf und packte das Mädchen am Kleid.
    »Einen Priester, hol mir einen Priester«, stöhnte er. Erschrocken blickte das Mädchen zu ihrem Vater, der ihr zunickte und sanft die Hand des Fremden von ihrem Kleid löste.
    »Geh, hole Pater Filippo. Sag ihm, dass hier ein sehr kranker Mann liegt«.
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, lief das verängstigte Mädchen hinaus.
    Mit Hilfe seiner Söhne versuchte der Fischer, den Fremden auf einen Stapel Netze zu legen. Dabei bemerkte er, dass der Fremde etwas an seinem Körper festhielt und wollte danach greifen.
    »Melissa, meine Melissa«, stammelte Michelangelo Merisi sich aufbäumend, fiel jedoch gleich wieder kraftlos zurück, doch die kleine braune Tasche aus Saffianleder hielt er unentwegt an seine Brust gepresst.
    Pater Filippo betrat die Fischerhütte erst nach mehr als zwei Stunden, den Taufgottesdienst hatte Guilia erst abwarten müssen, um ihm die aufregende Neuigkeit und Bitte ihres Vaters überbringen zu können.
    Der Anblick des Fremden erschütterte ihn, trotzdem machte er sich sofort daran, diesen genauer zu untersuchen.
    »Der Mann ist tot«, stellte er fest. »Wahrscheinlich hatte er das Sumpffieber. Hat er noch irgendetwas gesagt?«, warf er dem Fischer einen strengen Blick zu.
    »Nein, doch, nicht viel. Er hielt eine kleine Tasche fest umklammert. Ich wollte sie nehmen, als er sich plötzlich aufbäumte. Dann sagte er nur noch:
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