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Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Titel: Das Geheimnis der Rosenkreuzerin
Autoren: Marie Klausen
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überbezahlt, makellos und mit einer gefährlich dummen Ausstrahlung. »Danke, dass du für mich eingesprungen bist. Ich hatte eine Autopanne«, sagte er und ließ zweiunddreißig extrageweißte Zähne aufblitzen. Sie spürte, dass der Schönling sie anlog. Wahrscheinlich hatte er mal wieder nicht aus den Federn gefunden und sich darauf verlassen, dass Marta seine Bereitschaft übernehmen würde, die immer und ewig hilfsbereite und engagierte Marta.
    Sie schluckte. Die primitive Lüge beleidigte ihre Intelligenz. Hatte er es nicht einmal mehr nötig, sich etwas mehr Mühe zu geben, um sie hinters Licht zu führen? Im ersten Moment wollte sie ihn fragen, was es für das vierjährige Mädchen bedeutet hätte, wenn auch Marta nicht zu erreichen gewesen wäre. Aber ein Blick auf den schlanken jungen Mann mit den dichten schwarzen Haaren, der teuren Titanbrille und dem solariumgebräunten Gesicht überzeugte sie von der Nutzlosigkeit eines moralischen Appells. Er würde auf der Kinderunfallstation nur die notwendigen sozialen Meriten ein sammeln, um anschließend Karriere zu machen. Ein Halbgott in Weiß. Genauso hatte es ihr Exmann auch gehalten, nur dass sie beide zuvor für Ärzte ohne Grenzen gearbeitet hatten, bevor er seine gutgehende Praxis für Schönheitschirurgie an der Elbchaussee eröffnete. Beim Medienpöbel, der immer irgendeine Verschönerung benötigte und dank sprudelnder Gebühren dafür exorbitant gut zahlte, machte es sich besonders gut, wenn Alexander Rubin mit seinem sozialen Engagement prahlte. Von einem Mann, der farbigen Babys das Leben gerettet hatte, geliftet zu werden, war fast so, als hätte man selbst afrikanische Kinder vor dem Tod bewahrt.
    Diese Bigotterie hatte ihre Liebe erdrosselt. Und Karl war aus dem gleichen Holz geschnitzt wie ihr Exmann. Ihr kam ein besserer Einfall. Sphinxhaft lächelte sie ihn an. »Keine Ursache, Karl. Habe ich gern getan. Aber weißt du, was ich jetzt mache?«
    »Einen Kaffee mit mir trinken gehen? Du bist natürlich eingeladen. Sogar auf zwei Kaffee«, griente er wie ein Gebrauchtwagenhändler.
    Arschloch, dachte sie und zog ihren Kittel aus. »Nein. Ich schaue jetzt noch einmal zu der kleinen Prinzessin. Kannst ja mitkommen, wenn du willst. Und dann gehe ich nach Hause, weil du sicher gern meine Schicht übernimmst.« Sie hatte es in einem Ton gesagt, der keinen Widerspruch zuließ. Dem Schönling fiel die Kinnlade herunter. Das interessierte sie schon nicht mehr, es zog sie nur noch mit einer existenziellen Gewalt, die sie nie zuvor erlebt hatte, zu ihren Kindern.

Kapitel 3
    D as bisschen Schnee, das sich draußen auf die Wege und die Straßen verirrt hatte, verwandelte sich schon wieder in eine grau-schwarze Masse, aus der wie durch ein Wunder noch kleine weiße Flächen aufleuchteten, als hätte der Schmutz vergessen, sie sich einzuverleiben. Beim Verlassen der Klinik verunsicherte sie wieder der Traum, der ihr noch immer durch den Kopf ging. Sie war noch nie in Straßburg gewesen, wieso also dann in ihrem Traum? Hinzu kam, dass der beeindruckende Dominikaner, den sie im Schlaf gesehen hatte, völlig dem Klischee des sadistischen Inquisitors widersprach, das sich aus irgendeinem unerfindlichen Grund bei ihr festgesetzt hatte. Allerdings interessierte sie sich auch nicht sonderlich dafür. Das Fach Geschichte hatte sie als Schülerin gehasst, und auch heute verschwendete sie ihre Zeit nicht mit Vergangenem. Hielt die Gegenwart nicht mehr als genug an Aufgaben bereit? Die Toten sollten für sich selber sorgen, Marta Luther hatte mit ihren kleinen Patienten mehr als genug zu tun. Gerade dadurch, dass der Traum wie eine Erinnerung an etwas Selbsterlebtes wirkte und Menschen in ihm vorkamen, von denen sie zwar noch nie etwas gehört hatte, die ihr aber dennoch vertraut vorkamen, vertraut wie ihre Kollegen und vertraut auch wie – sie schreckte zunächst vor dem Gedanken zurück, vermochte ihn aber dennoch nicht abzuschütteln – ja, vertraut wie sie selbst, ließ er sich nicht so einfach abschütteln. Nicht wie ein Nachtgespinst, son dern wie eine Botschaft erschien er ihr. Doch von wem und wofür? Sie rieb sich verstohlen die Augen und gähnte etwas gekünstelt.
    Der Weg durch das morgendliche Hamburg kam ihr überraschend fremd vor. Als befände sie sich in einer anderen Stadt. Ein einsamer Opel hatte offensichtlich den gleichen Weg wie sie. Kurz nachdem sie den Klinikparkplatz verlassen hatte, war ihr der Wagen aufgefallen, der in gleichbleibendem Abstand
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