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Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Titel: Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi
Autoren: Dryas Verlag
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zurückkommen.“
    Er nickte. „Gut, dann will ich das Haus sehen, wenn es so ungeheuer vornehm ist.“
    Sie strahlte. „Ja! Mrs Barton, die Haushälterin, kennt dich. Sie wird nichts dagegen haben, wenn ich dir die prächtigsten Räume zeige.“

    Es war schon fast dunkel, als sie zum Haus gingen. Die Pforte, durch die sie es betraten, führte über die Gesindestube zum Zimmer der Haushälterin. Dort machte Phoebe Halt und fragte die Haushälterin, ob sie ihren Cousin durch die herrschaftlichen Räume führen dürfe. Nachdem sie die Erlaubnis dazu erhalten hatte, zündete sie die Kerze einer Lampe in der Gesindestube an und winkte Luke, ihr in den anderen Teil des Hauses zu folgen.
    Die langen, mit dunklem Eichenholz getäfelten ­Korridore erstreckten sich düster in der geisterhaften Dämmerung. Phoebes Kerze warf nur einen schwachen Lichtschein in den breiten Gängen, durch die das ­Mädchen ihren Cousin geleitete. Luke blickte hin und wieder misstrauisch über seine Schulter, von dem Knarren seiner Stiefel erschreckt. Sie erreichten das Ende eines langen Ganges, der in die Haupthalle führte, wo noch kein Licht angezündet war.
    „Ich hab’ von einem Mord gehört, der in früheren Zeiten hier passiert sein soll“, sagte Luke und sah sich erneut um.
    „Es geschehen auch heutzutage noch genug Morde, Luke“, antwortete das Mädchen und stieg, von dem jungen Mann gefolgt, eine Treppe hinauf. Sie schritt durch einen großen Salon, der mit Seidensatin und vergoldeter Bronze, mit Boulearbeiten und mosaikverzierten Schränkchen, Statuetten und allerlei Ziergegenständen reich ausgeschmückt war. Dann ging sie weiter durch ein Frühstückszimmer, in dem wertvolle Kupferstiche zu sehen waren. Danach folgte ein Vorraum. Hier blieb Phoebe stehen und hielt die Kerze hoch über ihren Kopf.
    Mit offenem Mund sah sich der junge Mann um. „Das ist aber ein selten vornehmes Zimmer“, staunte er. „Das muss mächtig viel Geld gekostet haben.“
    „Sieh dir die Bilder an den Wänden an“, sagte Phoebe und richtete ihren Blick auf die Wandtäfelung des ­achteckigen Raumes, wo wertvollste Gemälde nebeneinanderhingen. „Ich habe gehört, dass die allein schon ein Vermögen wert sein sollen. – Das hier ist der Eingang zu den Gemächern von Mylady, der ehemaligen Miss Graham.“
    Sie schob einen schweren, grünen Vorhang zur Seite, hinter dem sich eine Tür verbarg, und führte den staunenden Bauernburschen durch ein Boudoir, das einem Märchen zu entstammen schien. Im dahinterliegenden Ankleide­zimmer öffnete sie die Türen des Garderobenschrankes mit den vielen Kleidern darin. Einige der Roben von Mylady lagen achtlos auf dem Sofa. „Ich muss all diese Dinge noch wegräumen, bevor Mylady nach Hause zurückkehrt, Luke. Du kannst dich hinsetzen, während ich damit beschäftigt bin. Es wird nicht lange dauern.“
    Verwirrt von der Pracht seiner Umgebung schaute sich ihr Cousin mit unbeholfener Verlegenheit um. Nach ­einiger Überlegung wählte er den solidesten Stuhl und ließ sich vorsichtig auf der äußersten Kante nieder.
    „Ich würde dir gern die Juwelen zeigen, Luke“, äußerte das Mädchen, „aber leider geht das nicht, denn sie hat immer die Schlüssel bei sich. Das ist der Schmuckkasten, dort auf dem Toilettentisch.“
    „Was, der da?“, rief Luke und stierte auf eine massive Kiste aus Walnussholz, die mit Messingintarsien verziert war. „Der ist ja groß genug, um alle meine Kleider reinzupacken.“
    „Und er ist randvoll mit Diamanten, Rubinen, Perlen und Smaragden“, bemerkte Phoebe, wobei sie geschäftig die raschelnden Seidenkleider zusammenfaltete und sie nacheinander in die Fächer des Garderobenschrankes legte. Als sie gerade dabei war, die Volants des letzten, noch verbliebenen Kleides auszuschütteln, drang plötzlich ein leises Klingeln an ihr Ohr. Geschwind steckte sie ihre Hand in die Tasche des Kleides.
    „So etwas!“, rief sie überrascht. „Mylady hat die Schlüssel in ihrer Tasche vergessen.“ Sie lächelte. „Ich kann dir also doch den Schmuck zeigen, wenn du willst, Luke.“
    „Na ja, ich kann ihn mir ja mal ansehen“, erwiderte der junge Mann. Er erhob sich von seinem Stuhl, griff zur Kerze und hielt sie in die Höhe, während seine ­Cousine den Kasten aufschloss. Sprachlos starrte er auf die ­glitzernden Schmuckstücke. „Wahrhaftig, ein einziges von diesen ­Dingern würde uns zu einem guten Start im Leben ver­helfen, Phoebe“, sagte er und nahm ein Armband zur
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