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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)
Autoren: Tereza Vanek
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grows
Call
them where the burnie rowes
My bonnie dearie

         Kurz
wurde sie von begeistertem Applaus unterbrochen, dann mahnten einige
Stimmen zur Ruhe, sodass sie ungestört zum Ende kommen konnte.

    You
will get gowns and ribbons neat
And leather shoes upon your
feet
And in my arms you'll lie and sleep
My bonnie dearie

As
waters wimple to the sea
While day breaks in the sky so high
Till'
clay-cold death shall blind my eye
I shall be thy dearie

Till'
clay-cold death shall blind my eye
I shall be thy dearie

         Als
sie verstummte, waren auch ihre eigenen Augen feucht geworden. Sie
bemerkte erstaunliche Stille im Raum, dann leises Tuscheln, das
allmählich anschwoll. Zu ihrem Unbehagen klang es nicht lobend,
sondern eher befremdet. Ratlos sah sie sich um. Fast alle Gesichter
hatten sich von ihr abgewandt und waren nun zur Eingangstür
gerichtet.
         Dort
stand ein hochgewachsener, chinesischer Mann mit kahl rasiertem Kopf.
Er trug eine weite, schwarze Hose und das übliche, schräg
geknöpfte Hemd. Als Einziger im Saal starrte er wie gebannt auf
Viktoria. Erst als ihr Blick den seinen traf, senkte Jinzi den Kopf,
um verlegen mit dem Fuß zu scharren. Sie hörte ihr eigenes
Herz rasen, und der Schweiß trat ihr aus den Poren. Kurz
glaubte sie zu träumen, da hatte das Tuscheln auch schon an
Lautstärke gewonnen, sodass Wortfetzen an ihr Ohr drangen.
         »Was
will er denn hier, der Chink?«
         Viktoria
schoss in die Höhe und durchquerte mit langen Schritten den
Raum. »Willkommen!«, sagte sie laut und hielt Jinzi ihre
Hand entgegen. Nach kurzem Zögern ergriff er sie, doch blieb
sein Gesicht dem Boden zugewandt. Viktoria drehte sich kurz um. Ian
McGregor war aufgestanden und lud lautstark zu einer weiteren Runde
von seinem hervorragenden Whiskey ein, was Jinzis exotische
Erscheinung erst einmal unwichtig werden ließ. Dankbar lächelte
sie den alten Schotten an. Er zwinkerte ihr nur kurz zu, um sich dann
wieder mit seinen Gästen zu befassen. Viktoria wusste, dass er
ihr den schlagartigen Abbruch der Gesangsdarbietung nicht übel
nahm. Doch hatte sie dem kurzen, verschwörerischen Blick noch
viel mehr entnommen. Wie konnte dieser alte Schotte so genau
erkennen, was sie mit dem exotischen Fremden verband?
         »Wir
sollten vielleicht nach draußen gehen«, meinte sie zu
Jinzi, denn auf Dauer konnten sie hier nicht vor aller Augen
herumstehen. »Aber ich fürchte, da ist es ziemlich kalt.«
         Schweigend
reichte er ihr eine gefütterte Jacke, die über seiner
Schulter gehangen hatte, und Viktoria zog sie an. Ihr fiel auf, wie
schön Jinzis Hemd aus der Nähe betrachtet aussah, denn es
war mit feinen Phönixen bestickt. Auch seine Hose hatte einen
höchst eleganten Schnitt. Ganz gleich, wie es um ihrer beider
Finanzen auch stehen mochte, sie würden stets eitle Pfauen
bleiben.
         »Wirst
du denn jetzt nicht frieren?«, fragte sie, während er die
Tür aufmachte. Jinzi winkte ab. Bald schon wehte frische, kühle
Luft ihnen entgegen. Der Abend war nicht so frostig wie befürchtet.
Langsam betraten sie den Garten des Hotels, wo Viktoria Jinzi zu
einer Bank lenkte.
         »Es
tut mir leid, wie sie da drinnen über dich geredet haben«,
meinte sie verlegen.
         »Das
war nicht deine Schuld«, sprach er seine ersten Worte an diesem
Abend. Viktoria staunte. Er war nicht immer so großzügig
gewesen.
         »Warum
kommst du jetzt auf einmal? Du hast all die Jahre gewusst, wo ich
bin, und bist mir aus dem Weg gegangen?«, begann Viktoria. Auf
einmal erschien es unnötige Zeitverschwendung, die Dinge nicht
gleich anzusprechen. Jinzi entdeckte eine Wolldecke auf der Bank und
schlang sie um seine Schultern. Dann setzte er sich auf eines der
Kissen, die dort ebenfalls herumlagen, und schob ein weiteres in
Viktorias Richtung.
         Jenseits
des Gartens glommen rote Laternen. Das Kreischen der Freudenmädchen
vermischte sich mit den tieferen Stimmen der Straßenhändler
und Jinrikschafahrer, alle auf der Suche nach Kundschaft.
Essensgerüche durchdrangen die kühle Abendluft. Shanghai
schlief niemals.
         »Ich
habe nicht gedacht, dass du mich sehen willst«, beantwortete
Jinzi endlich ihre Frage. »Du bist damals einfach fortgegangen,
hattest deine Entscheidung getroffen.«
         Empört
fiel Viktoria auf das Kissen.
         »Was
hätte ich denn sonst tun sollen? Du hast dein Versprechen nicht
gehalten. Die ganze Nacht warst du bei …«
        
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