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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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einem dieser neuen Wachse, nicht wahr?«
    »Oh ja, Sir! Blitzblank ist einfach wundervoll!«
    »Dann wollen Sie nichts mehr von Ölen oder Harzen wissen!«
    »Oh nein, Sir, das hat immer solche Arbeit gemacht, und wenn man sich noch so viel Mühe gab, stand man am Ende da und konnte sich nie darauf verlassen, daß der Glanz auch wirklich hielt; ich würde nie wieder mit diesen alten Sachen arbeiten, die lasse ich überhaupt nicht mehr ins Haus, überhaupt nicht!«
    Er hatte, wie immer, wenn er leichthin und aus einer unverbesserlichen Gewohnheit, sich in alles einzumischen, auf ein abseitiges und durch und durch langweiliges Thema zu sprechen kam, eine Flut vollkommen belangloser technischer Informationen freigesetzt. Er ermutigte sie nicht mehr weiter, doch es war zu spät – die Expertin in ihr hatte Blut geleckt, oder besser gesagt Harz oder Wachs oder was immer es war, was ihren Appetit weckte und ihr die Zunge löste. Sie folgte uns dreien, als wir uns durch das Eßzimmer zu einem stattlichen großen Fenster begaben, das uns über einige weitere Treppenstufen den Weg in den Garten eröffnete. Wir schritten die Stufen hinab, ich nahm an, um uns einen allgemeinen Eindruck von der rückwärtigen Ansicht des Hauses zu verschaffen.
    Der Garten war ebenso bezaubernd wie das Haus. Er entstammte derselben Epoche, und nichts hatte ihn verdorben. Es gab Alleen aus ineinander verflochtenen Buchen, deren Knospen eben aufsprangen, deren helles Grün sich abhob von einem massiven Hintergrund aus kurzgeschnittenen Eiben, und dahinter wiederum, als Umrahmung des Ganzen, eine prächtige hohe Backsteinmauer mit einigen außerordentlich vielversprechenden Pfirsichbäumen, die in voller Blüte standen. Am Ende glaubte ich, einen Fischteich mit einer Statue oder zweien auszumachen, während zur Rechten dieser lieblichen, abgeschiedenen Fläche der einzige Zugang von draußen lag, eine solide grüne Tür, still und verschlossen.
    Ich stand noch auf der obersten Treppenstufe und ließ meinen Blick über all das schweifen, was ich bereits als meinen persönlichen Garten für den Sommer ansah, als ich bemerkte, daß Mr. M. der Mann, den er als Kommissar zu bezeichnen beliebte, und das Dienstmädchen, das wohl hoffte, noch weitere technische Hinweise zum Thema Möbelpolitur anbringen zu können, an der untersten Stufe stehengeblieben waren. Dort trafen sich die von den verflochtenen Buchen begrenzten Gänge und bildeten eine Art Laube. Sie betraten dieses kleine Gemach, und ich folgte ihnen. Kein Zweifel, das Innere war bezaubernd, und mein Gefühl der Verbundenheit verstärkte sich noch – denn hier hatte ich offensichtlich die Stelle vor Augen, an der ich sitzen und an jenem ausgesprochen profunden Essay mit dem Titel >1760, der Höhepunkt des englischen Geschmacks< arbeiten würde. Es war ein Ort, der wie geschaffen war für eine solche Arbeit, denn in diesem kleinen, abgeschlossenen Raum, abgeschirmt vom Haus und abgeschirmt fast vom gesamten Garten, befand sich ein sanctum sanctorum, das als eine Art Schrein hergerichtet war. Ich spürte, daß es dem Besitzer als solcher gedient haben mußte, denn es gab einen wunderbaren steinernen Sitzplatz, mit hübschen Steinmetzarbeiten aus halbmarmornem Hopton-Wood-Stein verziert, die vom Alter und einem leichten Flechtenbewuchs noch betont wurden, so daß es beinahe nach Moosachat aussah. Dieser elegante Sitzplatz wurde rechts und links von steinernen Tischen aus dem gleichen Material flankiert, und beiderseits blickten, aus einem Marmor, der inzwischen ebenfalls eine elegante enteneigrüne Färbung angenommen hatte, Büsten zweier Größen aus dem griechischen Altertum herab. Ich spürte in meinem Innersten, daß ich an den Ort gelangt war, an den ich gehörte. Hier war ein Platz, der so offensichtlich bereit war, daß ich so wenig wie ein Vogel es sich nehmen lassen wird, in ein fertiges Nest ein Ei zu legen, zu bezweifeln brauchte, daß hier die Umgebung gefunden war, in der meinem schöpferischen Ich ein Meisterwerk gelingen mußte!
     

Kapitel II
     
    Des Inspektors »Wer?«
     
     
    Ich war eben im Begriff, auf diesem Throne Platz zu nehmen – und ich war sicher, er würde sich ebenso gut anfühlen, wie er aussah –, um zu sehen, wie die Inspiration dort floß, als der Grundstücksmakler, der bis dahin kaum ein Wort gesprochen hatte, die Stimme erhob.
    Ich verspürte, was ja nicht verwunderlich war, eine gewisse Ungeduld. Schließlich stand zu befürchten, daß dieser Mann der
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