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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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gebrauchen, nicht wahr?« Wir nahmen diesen Vorwurf schweigend hin. »Doch er, besorgt wie er ist, niemals jemandem zur Last zu fallen, sagt aber nicht doch! Das sei doch nicht der Rede wert. Es sei übervorsichtig, es überhaupt zu verbinden, und ich solle bitte auf keinen Fall Mr. Sankeys Aufmerksamkeit darauf lenken. Als ob ich so etwas getan hätte! Da hätte ich meine Geschichte aber schlecht erzählt, wenn Sie jetzt glauben würden, er wäre jemand gewesen, dem man so etwas gesagt hätte!
    Als ich ihm also seinen Morgentrunk hinstellte, legte Mr. Milium, glaube ich, das Buch auf den anderen Tisch. Ich bin mir so gut wie sicher, daß er sagte, er habe den Band über Marzipan und Plinsen oder so mitgebracht. Das Thema ist mir im Gedächtnis geblieben, denn Mr. Sankey war ein großer Freund des Essens, aber das Essen war kein Freund von ihm, und wer wollte’s dem Essen verdenken, sag’ ich. Es ist ja weiß Gott genug sauer geworden, was in seine Nähe kam. Nicht daß ich etwas Schlechtes über den Toten sagen will; aber wenn ich’s wollte, dann würde ich wetten, süßes Essen und ein so saurer Magen, die würden sich niemals vertragen oder miteinander auskommen. Und wenn er das Essen nicht vertrug, und wenn er es vertrug auch, dann las er über das Kochen. Oh, die Köchin hat allerhand zu hören bekommen, und ich ebenfalls. Aber geteiltes Leid ist halbes Leid, und die Köchin und ich, wir haben es geteilt, darauf können Sie sich verlassen! Er hat neue Rezepte in irgendwelchen überkandidelten Kochbüchern gelesen, Bücher von Leuten, die vielleicht schreiben konnten, aber lieber Himmel, was diese Hirngespinste der Köchin für Arbeit gemacht haben! Sie hat dann immer zu mir gesagt: >Ich kann mir nicht vorstellen, daß einer von denen schon mal seine Feder weggelegt und ein Nudelholz in die Hand genommen hat. Und beim Abwaschen – die würden ja ohnmächtig, wenn sie einen Abwaschlappen sähen!< Für die Köchin und mich war Mrs. Beaton gut genug. Aber diese ausgefallenen Sachen! Schauen Sie sich die Bücher da oben an: Nachschlag – meine Güte, was für ein Titel! Und da, das weiße, verzierte, Der glückliche Gourmet, das würde nicht einmal eine Stunde auf dem Küchentisch überstehen! Wie die Köchin immer sagt: >Ein Kochbuch, dessen Einband nichts taugt, ist genauso schlecht wie eins, wo gar nichts drinsteht.< Aber ich muß schon sagen, dieses letzte, das Mr. Milium uns geliehen hat, war ordentlich gebunden, vernünftig wie alles an Mr. Milium. Und wenn man sich das klarmacht, Reibekuchen, das ist etwas Anständiges und Einfaches.«
    Selbst Mr. M. begann unter diesem Ansturm der Anekdoten zu straucheln und widmete sich dem antiken Klassiker, der in die Küche relegiert worden war. Er musterte dessen Seiten, weil es sonst nichts gab, was sein Interesse zu erwecken vermochte. Endlich begriff auch Jane, daß ihr großer Auftritt vorüber war und daß zu langes Verharren dem Eindruck, den sie hinterließ, nur schaden konnte.
    »Ich danke Ihnen, ich danke Ihnen«, kam es von Mr. M. wie das Läuten einer Abschiedsglocke.
    Und mit einem »Sie sehen also, es war Mord, und der Mörder war ein gefährlicher Landstreicher« als Schlußsatz ließ Jane es sich gefallen, ihren endgültigen Abgang zu machen.
    Als sie fort war, kamen die beiden Männer sogleich zur Sache. Der Inspektor faßte den Stand der Ermittlungen zusammen, und Mr. M. ließ sie Revue passieren.
    »Niemand außer Milium betritt am Tage des Mordes den Garten, und er wird von Jane hinausgeleitet. Folglich sind wir wieder beim Selbstmord angelangt, Selbstmord eines Melancholikers, ausgelöst durch die Lektüre einer Passage bei einem antiken Autor, in der es heißt, daß es überhaupt nicht schwer und praktisch schmerzlos sei, sich ins Herz zu stechen, daß es sogar ein stilvoller Abgang ist und, wenn man so will, die Gelegenheit, einige erbauliche letzte Worte zu sprechen.«
    Wir hatten uns in die Halle zurückgezogen, und ich war froh, daß wir gingen, denn ich war müde und enttäuscht. Ein Selbstmord ist – außer für einen Detektiv – kein Ersatz für ein bezauberndes Ferienhaus. Doch Mr. M. war noch nicht fertig.
    »Sie werden mir nun natürlich noch etwas über diesen Mr. Milium erzählen.«
    Ich war erleichtert, als ich die Antwort vernahm: »Oh, das ist, wie Sie ja schon gesehen haben, ebenso eindeutig wie der Rest des Falles. Er war ein alter Freund des Verstorbenen und wohnt in dem Zwillingshaus gegenüber. Er hat sich intensiv um
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