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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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leise Verzweiflung in Meister Sigbrechts Stimme holte Bandolf aus seinen Gedanken. Er sah auf.
    Der Baumeister warf Bruder Fridegist einen schrägen Blick zu und verzog sein Gesicht, als litte er an einem fauligen Zahn. »Ich bin nicht befugt, die Pläne eigenmächtig zu ändern.«
    »Aber nein. Da sei Gott vor, dass ich mich vordrängen wollte, doch mir will scheinen, dass Euch keineswegs bewusst ist, welche Bedeutung einer Burgkapelle zukommt, mein Lieber.« Nachsichtig lächelnd schüttelte der Kaplan seinen großen Kopf.
    »Wie ich Euch bereits mehrmals sagte, Bruder, habe ich die Pläne für die Buchenburg nicht gemacht«, erklärte Meister Sigbrecht ungeduldig. »Ich bin lediglich der Baumeister, nicht der Bauherr. Wenn Ihr eigens für die Burgkapelle einen freistehenden Bau wünscht, so müsst Ihr Euch an Benno von Osnabrück wenden. Er ist der Bauherr im Auftrag des Königs.«
    Bandolf unterdrückte ein Seufzen. Seit seiner Ankunft auf der Buchenburg lag Bruder Fridegist nicht nur dem Baumeister, sondern auch ihm mit einem separaten Gebäude
für die Burgkapelle in den Ohren. Ein Anliegen, das er zu Bandolfs Leidwesen bei jeder Mahlzeit auf den Tisch brachte.
    »Wann werdet Ihr den Palas fertiggestellt haben?«, mischte er sich ein, bevor der Kaplan Gelegenheit hatte, seinen Herzenswunsch erneut ausführlich zu erörtern.
    »Wenn alles so geht, wie es soll, was ich nachgerade bezweifle, solltet Ihr zum Tag des heiligen Paulinus in den Palas übersiedeln können«, antwortete Meister Sigbrecht.
    Bandolf runzelte die Stirn. Noch über zwei Monate, und einen länger als vorgesehen.
    »Gibt es Schwierigkeiten?«, wollte er wissen.
    »Ich habe zu wenig Leute, Burggraf. Achtzig Steinmetze sollten es sein, aber man hat mir nur fünfzig zugestanden, und von den einhundertfünfzig Maurern, die ich bräuchte, gab man mir gerade hundert. Des Weiteren fehlen mir zu den dreihundert Sächsischen für Hand- und Spanndienste auch noch hundert, und die, die ich habe, sind unwillig und faul.« Ungeachtet des giftigen Blicks, den Ingild ihm zuwarf, fuhr der Baumeister fort: »Das ginge vielleicht noch an, würde wenigstens die Zulieferung so sein, wie sie sollte. Doch die Quader aus den Steinbrüchen treffen meist verspätet ein, und oft sind die Steine auch noch schadhaft und müssen ausgebessert werden.«
    Und ebenso verhält es sich mit der Verpflegung, dachte der Burggraf verdrossen. Auch die Nahrungsmittel von den umliegenden Hufen trafen nur zögerlich auf der Burg ein, ab und an gar verdorben. Verantwortlich seien die Hände, die auf den Hufen zum Bestellen der Felder und zum Versorgen des Viehs fehlten, weil sie zum Bau der Burg gebraucht würden, bekam er wohl zu hören, die Hitze, die Getreide und Fleisch schnell verdarb, und das Salz, an dem es zu mangeln schien.

    Zum Teil mochte das stimmen, doch Bandolf hegte den Verdacht, dass sich hinter so mancher Widrigkeit die Absicht verbarg, dem landesfremden Burggrafen so viele Steine wie möglich in den Weg zu legen.
    ›Dabei würde schon die Kochkunst dieser ewig mürrischen Magd vollauf genügen, mir den Aufenthalt hier zu verdrießen‹, überlegte er, während er die halb leere Schüssel angewidert von sich schob. Sein Magen knurrte, und er warf Ingild einen scheelen Blick zu. Gleichmütig vor sich hinstarrend, schob die Magd einen Löffel des sauren Breis nach dem anderen in ihren verkniffenen Mund und schien sich an der Unzulänglichkeit ihrer Kost nicht im Geringsten zu stören.
    Mit einem Brummen wandte sich Bandolf ab. Mochte er auch Verständnis für die missliche Lage der Sachsen haben, so schwand dieses doch merklich mit jedem Fingerbreit, um den die Tunika um seinen stattlichen Leib weiter wurde.
    Die Vorratshaltung der Burgküche zu überwachen gehörte zu den Aufgaben seines Schreibers. Aber ausgerechnet der ewig hungrige Prosperius, der sich sonst so prächtig darauf verstand, jede Köchin anzuspornen und selbst noch einem Geizkragen einen Kanten Brot abzuschmeicheln, gefiel sich neuerdings offenbar mehr im Pflegen seiner Säfte als im Füllen seines Magens. Ganz abgesehen vom vernachlässigten Magen seines Herrn.
    Unwillkürlich fiel Bandolfs Blick wieder auf den leeren Platz zwischen seinem Marschalk und der Magd, und er runzelte die Stirn.
    Gebockt hatte der Bengel wie ein Ochse, der zur Schlachtbank muss, als er hörte, dass er den Burggrafen ins Sächsische begleiten sollte, und die abenteuerlichsten Ausflüchte gefunden, warum er Worms auf keinen
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