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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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Zeke.
    »Ist die Hexe weg?«, fragte Anastasia.
    Zeke sah zur ramponierten Tür an Großvaters Zimmer und dann zurück zu der wunderschönen Frau. Sie lächelte noch immer.
    »Eure Patin ist hier.«
    »Wie bitte?«, fragten beide Mädchen.
    »Eure Patin!«
    »Sie ist nicht unsere Patin!«, schrie Anastasia. »Lauf, Zeke, schnell! Sie ist eine Hexe! Mom und Richard hat sie schon verhext. Und Dad ist verletzt.«
    Zeke ging eine Stufe zurück. Wieder nahm die Frau es nicht wahr. Sie wandte sich von der Schlafzimmertür ab und lächelte zu der Stelle, wo Zeke zuvor gestanden hatte.
    »Wir haben heute schon alle möglichen Spiele gespielt«, sagte sie und lachte. Ihr Lachen war außerordentlich reizend. Zeke mochte sich nicht trennen. Aber dann hustete sie und sein Magen zog sich zusammen. Sie hustete erneut und mit einem Mal sah Zeke es ganz deutlich: das Haar der Frau war verschwunden, und er konnte sich nicht erklären, was mit ihren Augen geschehen sein mochte. Aber das dauerte nur einen Moment. Dann lachte sie wieder und war wunderschön. Zeke lief schnell die restlichen Stufen hinauf auf den Flur. Er drückte sich mit dem Rücken an die Wand ihr gegenüber,
gleich neben der Treppe zum Dachboden, hielt den Atem an und wartete. Seinen Schläger hielt er fest in der Hand. Die Frau lächelte noch ein wenig breiter, legte einen Finger auf die Lippen und blickte erneut zu der Stelle, wo Zeke vorher gestanden hatte.
    »Kennst du zufällig …«, begann sie flüsternd, unterbrach sich dann aber. Ihre Nasenflügel bebten ein wenig, dann drehte sie langsam ihren Kopf, sah zu Zeke und lächelte einen Punkt an der Wand an - unmittelbar neben seinem Kopf.
    »Kennst du zufällig einen anderen Weg, wie man in dieses Zimmer kommt?«, flüsterte sie. »Sie haben mich ausgesperrt, und wenn ich sie nicht irgendwie kriege, muss ich ihnen Lammauflauf kochen. Ob Henry wohl helfen könnte? Wir könnten ihn zusammen suchen.« Sie machte einen unsicheren Schritt auf Zeke zu, danach noch einen - und er rutschte ein wenig nach links. Er sah ihre Nase zucken und sie korrigierte ihren Kurs. Dann rutschte er wieder zurück und einen Schritt später folgte sie ihm. Sie war schon viel zu nah bei ihm, aber er wartete noch immer ab.
    »Einiges«, sagte sie und lächelte immer noch, »erfordert das Blut eines Jungen.« Ihre Hand zuckte ihm entgegen. Sie hielt ein kleines Messer. Zeke sprang auf die Dachbodentreppe und hinterrücks an ihr vorbei. Im Sprung rempelte er sie an und ihr Arm holte aus und
schwang rundherum. Aber sie war nicht schnell genug. Sie versuchte nun nicht länger, ihre bebenden Nasenflügel zu verbergen, sondern schnüffelte, bis sie ihn wieder vor sich hatte.
    »Schuft«, sagte sie. »Meine Katze zu quälen, meine Augen! Ein Schnitt in den Finger ist alles, was ich brauche. Aber ich werde es nicht bei einem Schnitt bewenden lassen. Ich werde dich tief in die Dunkelheit verbannen, wo man sich nur von Feen ernährt. Dir wird genügend Leben bleiben, um es zu spüren.«
    Zeke, unmittelbar vor ihr, wich wiederum zurück. Er umfasste seinen Schläger mit beiden Händen. Und dieses Mal wollte er zuschlagen. Er ließ es aber.
    »Feen?«, sagte sie zu sich selbst. »Feen?« Sie lachte. »Mein Geist ist wohl zu lange umhergeirrt, dass ich einen Bannspruch der Feen, der Faeren übersehen habe!« Sie ließ Zeke stehen und ging zurück zu Großvaters Tür.
     
    Henry schlug die Augen auf und spuckte Henriettas Haare aus. Wind strich über sein Gesicht. Dies war nicht mehr vorgekommen, seitdem die beiden in das Fach in Großvaters Zimmer gekrochen waren. Henrietta, die neben ihm lag, schlief noch und wälzte sich ein wenig herum. Es war nicht mehr ganz so dunkel wie zuvor, aber hell war es trotzdem noch nicht. Henry war vollkommen
steif. Er stützte sich auf einen Ellbogen und drehte sich ein wenig, um an seinem gekrümmten Körper entlangsehen zu können.
    Seine Füße befanden sich noch vor der offen stehenden Fachtür. Durch sie sah er den zerstörten Saal, leer und verfallen und von Tageslicht erhellt. Aber das war nicht die Stelle, wo er den Wind gespürt hatte. Der war über seinen Kopf gestrichen, am dunklen Ende des Fachs.
    Henry drehte sich zurück und streckte seine Hand aus. Sie verschwand vor seinen Augen. Er ließ seine Finger spielen und fühlte die Luft. Sie war kühler als die Luft im Wandschrank. Er rutschte ein Stück nach vorn und Henrietta stöhnte. Das Fach stand offen, aber nicht zu Großvaters Zimmer hin. Die Öffnung
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