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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis
Autoren: Katherine Webb
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Ferguson Prinz Andrew heiratete, am dreiundzwanzigsten Juli – dieses fantastische Brautkleid, das mich brennen ließ vor Neid.
    Ich erinnere mich an die Tanznummer zu Diana Ross’ Hit »Chain Reaction«, die ich mir ausdachte. Ich erinnere mich daran, dass ich für das Kostüm dazu eine von Merediths Boas stahl, stolperte und darauftrat: Es regnete Federn, und ich versteckte sie in einer abgelegenen Schublade, mit einem scheußlichen Gefühl in der Magengrube, viel zu verängstigt, um meine Tat zu gestehen. Ich erinnere mich an Reporter und Polizisten, die einander zu beiden Seiten des eisernen Tors von Storton Manor gegenüberstanden. Die Polizisten verschränkten die Arme und wirkten gelangweilt in ihren zu warmen Uniformen. Die Reporter liefen durcheinander, fummelten an ihren Geräten herum, sprachen in Kameras und Kassettenrekorder und warteten, warteten auf Neuigkeiten. Ich erinnere mich daran, wie Beths Blick mich fixierte, während der Polizist mit mir über Henry sprach und mich fragte, wo wir gespielt und was wir gemacht hatten. Sein Atem roch nach Pfefferminzdrops, nach sauer gewordenem Zucker. Ich erzählte ihm alles, glaube ich, und fühlte mich nicht wohl dabei. Und da war Beths flackernder Blick aus weit aufgerissenen Augen.
    Trotz dieser Erinnerungen schlafe ich schließlich gut, sobald ich erst über die kalte Bettwäsche und die ungewohnte Dunkelheit des Zimmers hinweggekommen bin. Und dann ist da der Geruch, nicht unangenehm, aber alles durchdringend. So, wie die Häuser anderer Leute immer nach ihren Bewohnern riechen – die Kombination aus ihrer Seife, ihrem Deo und ihrem Haar, wenn es gewaschen werden muss, ihrem Parfüm, der Haut, dem Essen, das sie kochen. Obwohl es Winter ist, hängt dieser Geruch in jedem Zimmer, erinnerungsträchtig und verstörend. Einmal wache ich auf und glaube, Beth im Haus herumlaufen zu hören. Und dann träume ich von dem Teich, ich schwimme darin und versuche, hinabzutauchen, weil ich etwas vom Grund holen muss, aber ich kann es nicht erreichen. Der kalte Schock des Wassers, der Druck in meiner Lunge, die schreckliche Angst davor, was meine Finger am Grund ertasten werden …

Aufbruch
    1902
    I ch werde standhaft bleiben , nahm Caroline sich entschlos sen vor, während sie ihre Tante Bathilda heimlich durch die gesenkten Wimpern beobachtete. Die ältere Frau leerte ihren Teller mit methodischer Tüchtigkeit, ehe sie weitersprach.
    »Ich fürchte, du begehst einen schweren Fehler, meine Liebe.« Doch da war ein Glitzern in den Augen ihrer Tante, das überhaupt nicht nach Befürchtung aussah. Eigentlich eher selbstgerecht, mit sich zufrieden, als glaubte sie, all ihren Behauptungen zum Trotz, einen Sieg errungen zu haben. Caroline betrachtete ihren eigenen Teller, auf dem das Fett aus der Bratensauce aufgestiegen war und sich zu einer unappetitlichen Schicht verfestigt hatte.
    »Das sagtest du bereits, Tante Bathilda.« Sie sprach leise und respektvoll, und dennoch funkelte ihre Tante sie weiterhin an.
    »Ich wiederhole mich, Kind, weil du mich offenbar nicht hörst«, fauchte sie.
    Hitze flammte in Carolines Wangen auf. Sie rückte ihr Besteck noch ordentlicher zurecht und spürte das glatte Gewicht des Silbers unter ihren Fingern. Sie bewegte leicht den Rücken. Ihre Wirbelsäule war zu einer strengen Kurve geschnürt und tat weh.
    »Und zapple nicht so herum«, setzte Bathilda hinzu.
    Der Speisesaal des La Fiorentina war übermäßig hell, eingeschlossen von Fenstern, die vom Dampf heißer Speisen und dem Atem der Gäste vollständig beschlagen waren. Der Winter war lang und hart gewesen, und nun, da der Frühling mit einer vielversprechenden Woche singender Vögel, zarter Krokusse und einem grünen Hauch an den Bäumen im Park zur vollen Blüte anzusetzen schien – hatte sich Regenwetter über New York City festgesetzt.
    Caroline erhaschte einen Blick auf sich selbst in mehreren Spiegeln, die im Raum so angeordnet waren, dass jede ihrer Bewegungen vervielfacht wurde. Diese peinlich genaue Be obachtung verunsicherte sie, und sie errötete noch tiefer. »Ich höre dir zu, Tante. Ich habe immer auf dich gehört.«
    »Du hast in der Vergangenheit auf mich gehört, weil du es musstest, soweit ich das beurteilen kann. Nun hältst du dich offenbar für alt genug, mich nicht mehr zu beachten. In der wichtigsten Frage, die sich dir je stellen wird, an dieser alles entscheidenden Wegkreuzung im Leben ignorierst du mich. Tja, es ist ein Segen, dass mein armer lieber
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