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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis
Autoren: Katherine Webb
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ihm das nicht weh?«, fragte Meredith.
    »Natürlich nicht. Genauso wenig, wie es dir wehtut, wenn dir die Haare geschnitten werden«, antwortete Flag achselzuckend.
    »Fort mit euch, ihr steht mir im Licht!«, sagte der Schmied, der alt und grau war und einen strengen Blick hatte, also gingen sie weiter zum Dorfladen. Sie kauften einen gebrochenen Laib Brot und ein Glas Fleischextrakt, und obwohl nur genug für zwei kleine Stücke Mäusespeck übrig blieb, lächelte die Dame hinter dem Ladentisch Meredith zu und schenkte ihnen ein drittes.
    »Wir sehen Sie nicht oft hier im Dorf, Miss Meredith«, sagte die Dame, und Meredith stockte der Atem. Woher wusste die Frau, wer sie war? Und würde sie Mrs. Priddy etwas verraten? Sie wurde bleich, und heiße Tränen der Panik stiegen ihr in die Augen. »Nicht doch, nicht doch. Schau nicht so erschrocken drein! Dein kleines Geheimnis ist bei mir sicher«, sagte die Frau.
    »Danke sehr, Mrs. Carter!«, rief Maria strahlend, und sie gingen nach draußen, um ihre Süßigkeiten zu verschlingen.
    »Warum darfst du denn nicht ins Dorf gehen? Hier kann dir doch nichts passieren«, fragte Flag, als sie am Weiher stehen blieben und zusahen, wie die Enten faul ihre Kreise zogen. Sie setzten sich ins Gras, und Meredith knabberte vorsichtig an ihrem Mäusespeck, damit er möglichst lange hielt. Sie bekam so selten Süßigkeiten.
    »Mama sagt, das geziemt sich nicht«, antwortete Meredith.
    »Was bedeutet ›geziemt‹?«, fragte Maria und leckte sich genüsslich die Finger ab.
    »Das heißt, dass sie zu vornehm ist, um sich unter das gemeine Volk zu mischen. Unseresgleichen«, sagte Flag belustigt. Die Mädchen dachten eine Weile darüber nach.
    »Und … was würde passieren, wenn deine Ma herausfände, dass du mit uns hier warst?«, fragte Maria schließlich.
    »Sie würde mich … tadeln«, antwortete Meredith unsicher. Tatsächlich wusste sie es nicht so genau. Sie war dafür getadelt worden, dass sie die Dinsdales auch nur beobachtet hatte. Jetzt hatte sie sich vom Anwesen geschlichen und war mit ihnen ins Dorf gegangen, sie hatte sich sogar ganz viel mit ihnen unterhalten und war im Dorfladen von einer Frau erkannt worden, und all das war wunderbar gewesen. Mühsam schluckte sie das letzte Stückchen Mäusespeck herunter, das alle Süße verloren hatte. »Ich sollte nach Hause gehen«, sagte sie nervös und rappelte sich auf. Als hätten die Dinsdales ihre veränderte Stimmung gespürt, erhoben sie sich ebenfalls, und gemeinsam gingen sie den Weg zurück.
    Am Tor angekommen, schlüpfte Meredith so schnell sie konnte durch den Spalt und zog das Tor wieder zu, wobei sie es nicht wagte, zum Haus hinaufzuschauen, aus Angst, jemand könnte sie beobachten. Ihr Puls raste, und erst als das Tor richtig geschlossen war, fühlte sie sich ein wenig sicherer. Sie hielt sich an den eisernen Stäben fest, bis sie wieder zu Atem gekommen war.
    »Du bist vielleicht ein komisches Mädchen«, sagte Flag freundlich lachend.
    »Komm doch morgen zum Tee zu uns«, lud Maria sie ein. »Ma hat gesagt, du darfst – ich habe sie schon gefragt.«
    »Danke schön. Aber … ich weiß nicht«, sagte Meredith. Sie war erschöpft von ihrem Abenteuer und konnte kaum mehr an etwas anderes denken, als vom Tor fortzukommen, ehe sie dabei erwischt wurde, wie sie mit den Dinsdales sprach. Die beiden schlenderten davon, und Meredith presste das Gesicht an die Eisenstäbe und sah ihnen nach, bis sich das kalte Metall in ihr Gesicht drückte. Flag zog einen langen Grashalm aus der Hecke und steckte ihn Maria hinten in die Bluse, und das blonde Mädchen verrenkte sich und drehte den Kopf, um ihn wieder herauszuholen. Als sie nicht mehr zu sehen waren, drehte Meredith sich um und entdeckte ihre Mutter, die am Fenster im oberen Flur stand und sie beobachtete. Ihr Gesicht hinter der Scheibe war unnatürlich bleich, ihre Augen viel zu groß. Sie sah aus wie ein Gespenst, auf ewig in Todesqualen erstarrt.
    Meredith blieb schier das Herz stehen, und ihr erster verzweifelter Gedanke war, davonzulaufen und sich im hintersten Winkel des Gartens zu verstecken. Doch das würde alles nur noch schlimmer machen, erkannte sie in einem Augen blick seltsamer Klarheit. Plötzlich musste sie dringend auf die Toilette, und einen entsetzlichen Moment lang fürchtete sie, sie würde sich in die Hose machen. Auf zitternden Beinen ging sie langsam ins Haus, die Treppe hinauf und den Flur entlang zu ihrer Mutter, die dort auf sie wartete.
    »Wie
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