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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman
Autoren: Mirijam Muentefering
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Ernst! Aber weißt du, ich glaube, ich habe keine lesbischen Tendenzen. Jedenfalls heute Abend nicht. Denn immer, wenn ich mir vorstelle, ich wäre mit so einer Frau zusammen, bekomme ich die Krise. Ich wette, sie kennt Cellulitis nur aus der Cremewerbung.«
    »Du findest sie so perfekt?«
    »Also im Ernst. Ich würde mich ständig vergleichen mit ihr. Da könnte ich ihre ganze Schönheit gar nicht mehr genießen«, meint Katja trocken. »Aber mit dem Typen da drüben, der in dem beigefarbenen Anzug, mit dem würde ich mich bestimmt nicht vergleichen. Obwohl er, das musst du zugeben, auch die Tendenz zur Perfektion hat.«
    Ich schiele zu ihm hinüber und muss grinsen. »Das ist Renato. Das ist der Freund von Christian.«
    Katja stampft mit dem Fuß auf. »Ich wusste, dass an dem ein Haken sein muss.« Dann seufzt sie und blickt frustriert in ihr Sektglas, in dem nur noch eine kleine Pfütze schwimmt. »Und was ist mit dir? Du siehst nicht so aus, als würdest du in deiner ersten lesbischen Liebe schwelgen.«
    Ich sehe mich erschrocken um, aber niemand scheint sie gehört zu haben.
    Katja zuckt nur die Achseln, als wolle sie sagen: ›An so was musst du dich jetzt gewöhnen!‹
    »Keine Ahnung, was mit mir ist. Ich mache mir ein paar Gedanken, weil Antonie in der Pause abgehauen ist.«
    Katja schnalzt mit der Zunge. »Aber du hast doch erzählt, das sie eh so ein flatterhafter Typ ist. Vielleicht war ihr das Stück zu lang?«
    Ich stöhne auf. »Nein. Das war es sicher nicht.« Und dann erzähle ich ihr flüsternd von dem kleinen Zwischenspiel in der Pause.
    Katja hakt sich bei mir ein und zieht mich ein Stück raus aus der Menge.
    »Mensch, das ist ja ein Ding! Und weiß Emma, was da abgegangen ist?«
    »Ich glaube, sie hat es mitbekommen. Aber sie hat bisher nichts dazu gesagt.«
    »Logisch. Sie muss ja jetzt auch den Eindruck bekommen haben, dass sie die Gewinnerin ist.«
    »Sag das nicht so. Sonst komme ich mir vor wie der erste Preis bei einer Tombola.«
    »So ähnlich ist das auch. Du musst dir vorstellen, die mit der höchsten Punktzahl bekommt den Preis. Und Emma hat ziemlich viele Punkte gesammelt. Sie kann sich also ausrechnen, dass sie nicht leer ausgehen wird. Aber nur, falls es nicht eine gibt, die mit einer viel höheren Punktzahl in der Tasche bereits nach Hause gegangen ist.«
    »Du meinst …?« Mir wird flau im Magen.
    Katja knufft mich. »Na, Mensch! Du bist hier, inmitten einer duften Party, auf der es vor netten Leuten, leckeren Sachen und guter Stimmung nur so sprudelt. Und dann ist da auch noch eine wirklich umwerfend aussehende Frau, die dir ziemlich den Hof macht, wenn ich das so richtig gecheckt habe. Aber was machst du? Grübelst darüber nach, warum wohl diese eine andere in der Pause abgehauen sein könnte. Da muss man doch nun wirklich nicht mehr viel zusammenzählen, um zu kapieren, was Sache ist.«
    Katjas Schuhe sind frisch geputzt. Es sind diese hohen Dinger, die sie immer anzieht, wenn sie sich göttlich fühlen will und mindestens so groß wie ich.
    »Warum guckst du auf den Boden?«, fragt sie mich rüde. »Glotz nicht da runter. Sieh lieber zu, dass du das wieder hinbekommst!«
    Damit schwebt sie auf ihren schwarz lackierten Stelzen davon, um den verdutzten Renato mit einer Flut von Komplimenten zu überschütten. Katja kann sehr offensiv sein, wenn sie weiß, dass sie eh nichts mehr zu verlieren hat.
    Vielleicht sollte ich mir ein Beispiel an ihr nehmen.
    »Was stehst du hier denn so verloren herum?« Emmas rauchige Stimme plötzlich direkt neben mir. Ich schrecke ein bisschen zusammen. Ich habe sie nicht kommen gehört.
    »Verloren? Ach, ganz sicher nicht. Ich hab nur gerade eine kleine Pause im Feiern gemacht und Katja zugeschaut, wie sie Unmögliches versucht.« Mein kleiner Scherz bringt sie nicht zum Lachen.
    Ich fürchte, dass es hier gleich ziemlich ernst zugehen wird. Zum Glück stehen wir weit ab von der nächsten lustig plaudernden Gruppe.
    »Wie kommt es, dass Antonie nicht hier ist?«, möchte Emma jetzt tatsächlich wissen. Der Ausdruck ihrer Augen ist sehr zärtlich und verletzlich. Sie bittet mich, etwas nicht zu sagen. Aber ich habe keinen blassen Schimmer, was das sein könnte.
    Ich schlucke, obwohl mein Hals sich trocken anfühlt wie Schmirgelpapier.
    »Sie war im Stück …«, beginne ich und weiß dann nicht weiter.
    »Ich weiß«, sagt Emma. »Sie saß vorn neben dir, nicht?«
    Ich nicke.
    »Jedenfalls ist sie dann in der Pause gegangen …«
    Emma
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