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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman
Autoren: Mirijam Muentefering
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lachen.
    Sie geht zurück in den Flur und beginnt, ihre Schuhe aufzuschnüren, um sie wieder anzuziehen.
    Ich stehe im Türrahmen und sehe ihr zu. Ihr Anblick ist mir sehr vertrauter.
    »Wo liegt denn eigentlich für dich der Unterschied?«, will sie plötzlich wissen, während sie an einem Schuh eine ordentliche Schleife bindet. Das konnte ich früher als sie. Schleifen binden. Aber sie macht sie heute immer noch viel ordentlicher, als ich es je könnte.
    »Wie?«
    »Der Unterschied, den es für dich macht. Du hast gesagt, es ist nicht dasselbe für dich. Was ist also anders?«
    Ich überlege einen Augenblick, ob sie die Wahrheit verkraften kann. Dann grinse ich: »Na ja, so viel weiß ich ja noch nicht darüber. Aber eins kann ich schon ganz sicher sagen: Das Küssen, das ist anders!«
    Katja starrt mich einen Moment lang an und muss dann kichernd wie ein Teenager zur Seite blicken. Ich find sie zuckersüß dabei.
    »Und jetzt gehe ich, weil ich mich noch in Schale werfen will. Ich bezweifle ja, dass ich zu diesem Anlass den Mann meines Lebens kennen lerne, aber vielleicht laufen da ja ein paar leckere Lesben rum.« Sie lacht laut auf und räuspert sich dann. »War ’n Scherz.«
    »Hab ich auch so verstanden.«
    Wir lächeln uns an.
    »Ach so, was ich dich noch fragen wollte: Weißt du es schon?«, rotzt sie noch hin, schon die Klinke in der Hand.
    »Was denn?«
    »Ob die beiden aus deinem komischen Liebesroman zusammenbleiben. Oder verlässt er sie? Oder sie ihn? Es sind doch ein Mann und eine Frau, oder?«, hakt sie gleich misstrauisch nach.
    »Klar«, antworte ich und werfe einen unsicheren Blick auf das Buchcover, das immer noch auf meinem Couchtisch herumliegt. Darauf schlingen sich zwei Knöterichpflanzen umeinander. »Und sie bleiben zusammen.«
    »Na, wenigstens etwas!«
    Wieder verzieht sich Katjas Gesicht zu einem Grinsen. Ihre Sommersprossen tanzen. Sie wirft mir eine Kusshand zu und ist verschwunden.
    Ich wandere ins Wohnzimmer zurück und lasse mich aufs Sofa fallen.
    Katjas Besuch hat mich geerdet. Irgendwie hat er mir gezeigt, was wirklich wichtig ist für mich. Dass die, die mir schon so lange am Herzen liegen, dort auch weiterhin ihre Heimat haben. Dass wir immer noch zueinander gehören, egal, was jetzt geschieht. So eine Erdung hat mir gut getan bei dem emotionalen Höhentrudelflug, den ich seit Tagen durchlebe.
    Ich greife nach dem Buch.
    Natürlich geht es in dem Roman um eine Frau und einen Mann. Der Erzähler ist ein Mann, ganz klar. In diesem einen Kapitel ist das ganz deutlich. Ich bin mir sicher.
    Als ich es aufschlage, finde ich die Szene, die ich so überdeutlich im Kopf habe, sofort. Aber bei genauerem Hinschauen muss ich jetzt feststellen, dass es keineswegs so ist, dass dort ein eindeutiger Hinweis auf das Geschlecht der erzählenden Person zu finden ist. O.k., wenn nicht hier, dann ganz sicher vorn im ersten Kapitel, als sie zurückblicken auf ihr Sich-kennen-Lernen. Hektisch blättere ich nach vorn. Auch dort ist die bewusste Stelle auf keinen Fall so eindeutig, wie ich sie in Erinnerung habe. Wieso habe ich geglaubt, es handelt sich bei dieser Geschichte um einen Liebesroman, der von einer Frau und einem Mann handelt? Tatsache ist, dass es nicht gesagt wird.
    Es könnte ein Erzähler sein, ein Mann, ein ganzer Kerl mit Dreitagebart und Knackarsch in Levis-Jeans.
    Es könnte aber genauso gut auch eine Erzählerin sein, eine Frau, eine, die ihr Leben in der Hand hält wie einen Sack Murmeln. Spielsteine, die sie einsetzt, wenn der Gewinn hoch genug zu sein scheint. So was ist man von Frauen nicht gewöhnt. Und deshalb habe ich geglaubt, es sei ein Mann. Und weil die beiden so sehr um den Erhalt ihrer Liebe kämpfen, habe ich darin Lothar und mich gesehen, Mann und Frau. Habe gar nicht in Erwägung gezogen, dass es nicht in erster Linie ein Buch über Männer und Frauen sein könnte, sondern im Wesentlichen ein Buch über die Liebe ist.
    Aber so ist es. Und ich schäme mich ein bisschen dafür, dass ich es nicht vorher gesehen habe. Immerhin habe ich es von Anfang bis Ende gelesen.

    Es ist Antonie, die mir zuerst über den Weg läuft. Eigentlich laufe ich ihr über den Weg, denn wir stoßen an der Ecke vom Parkplatz zum Theater fast gegeneinander.
    »Oh, wir scheinen ein Talent für Kollisionen zu haben«, bemerkt sie mit einem charmanten Lächeln und sieht mich intensiv an.
    Sie trägt ihre Jacke offen, und darunter leuchtet mir ein riesiges A auf ihrem Strickpulli entgegen. Auf
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