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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk
Autoren: Barbara Vine
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Dermot befreundet gewesen. Als Mr. Tesham gehört habe, dass Dermot ›ein Krüppel‹ war, habe er sie zusammen mit seiner Verlobten, Miss Case, besucht und Dermot eine Unterstützung angeboten, die er seither zahle. Er sei ein sehr großzügiger Mensch und sehr lieb und gut und überhaupt nicht eingebildet. Und Miss Case sei eine reizende Frau.
    Sheila Atherton sagte, ihre Tochter habe als Kindermädchen bei Gerald Furnal gearbeitet, der seine Frau verloren hatte und jemanden zur Betreuung seines kleinen Sohnes Justin brauchte. Seine Frau, Hebe, sei eine ›sehr gute Freundin von Jane gewesen. Sie hätten zusammen studiert. Hebe sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ja, ihres Wissens handele es sich um den Unfall, der am 18. Mai 1990 irgendwo in London passiert sei, und sie meine sich zu erinnern, dass auch der Fahrer dabei ums Leben gekommen war. Vielleicht aber auch der andere Mann, der in dem Wagen gesessen hatte. »Ein Farbiger, ein gewisser Lloyd«, sagte sie, und ich konnte mich nur wundern, dass die Zeitung diesen Satz druckte.
    Wer diese Aussagen sorgfältig prüfte, wie Iris und ich es taten, konnte den Zusammenhang zwischen Ivor und all dem nur darin erkennen, dass er sich mit Juliet Case zusammengetan hatte, nachdem ihr früherer Freund gestorben war, und dass er dem Fahrer eines Wagens, in dem Lloyd Freeman bei einem Unfall ums Leben gekommen war, eine Unterstützung (eine Art Invalidenrente) gezahlt hatte. Wussten die Medien überhaupt, wonach sie suchten?
    Den ganzen Mittwoch über lief das so, mit vielen Wiederholungen und einer Fülle von Fotos. Ivor ging morgens ins Ministerium und abends zur Abstimmung ins Unterhaus. Früher war er immer zu Fuß ins Amt gegangen, aber das verbot sich jetzt. Dank der Fotos erkannte man ihn überall, Kameraleute, heiß auf weitere Shots für den nächsten Tag, verfolgten ihn, und ihre Kollegen lauerten Juliet auf, wenn sie es wagte, das Haus zu verlassen. Ihnen die Stirn zu bieten war eine echte Mutprobe, die Fotografen bedrängten sie von allen Seiten und stießen ihr die Kameras ins Gesicht. Dass sie so fotogen war, machte die Sache nur noch schlimmer. Vermutlich war sie keine besonders gute Schauspielerin gewesen oder hatte nicht den richtigen Agenten gehabt, sonst hätte sie es bestimmt bis nach Hollywood geschafft. Vielleicht war sie einfach zu nett, zu bescheiden. Auf den Fotos sah sie immer perfekt aus – keine Verlegenheit, keine sichtbaren Anzeichen von Stress, keine Zornesfalten. Auf einem einzigen Bild wirkte sie bekümmert und hatte Tränen im Gesicht, und auf dem sah sie aus wie eine tragische Muse.
    Warum ließen die Medien nicht locker? Warum strickten sie immer weiter an der Story? Etwas Neues kam nicht heraus. Zwei Tage vergingen. Vielleicht, sagte Iris, waren sie dabei, jemanden zu bearbeiten, um noch mehr zu erfahren, sich etwas bestätigen zu lassen, was sie wussten, aber ohne Bestätigung nicht zu enthüllen wagten.
     
    Am Freitagnachmittag fuhr Ivor mit Juliet nach Ramburgh. Es gehörte Mut dazu, sich durch die Reporter und Fotografen zum Wagen zu drängen. Am schwersten sei es gewesen, Juliet freizukämpfen, sagte er mir später.
    Er hielt einen Augenblick inne. »Nein«, sagte er dann, »am schwersten war es, diesem Gauner von der Sun nicht Saures zu geben. Herrlicher Ausdruck, nicht? Sagt man das eigentlich heute noch?«
    Nur gut, dass er es nicht getan habe, sagte ich und kam mir vor wie ein Schnösel. Noch mehr Mut brauchte Ivor, um sich am Samstag seinen Wählern in Morningford zu stellen. Er hielt seine Sprechstunde wie sonst auch. Jemand fragte ihn, warum er einem Mann etwas zahle, der durch leichtsinnige Fahrweise seine Behinderung selbst herbeigeführt habe. So eine Frage hatte eigentlich bei einer Veranstaltung, auf der die Wähler von ihrem Abgeordneten Rat und Hilfe erwarteten, nichts zu suchen, aber Ivor beantwortete sie, das heißt, er sagte, gegen Dermot Lynch sei nie Anklage erhoben worden, so dass man nicht sagen könne, ob er sich beim Fahren leichtsinnig verhalten habe oder nicht. Inzwischen hatte er die Zeitungen von Samstag gesehen oder zumindest die eine, auf die es ankam.
    Sie brachte (logischerweise auf der ersten Seite) als Aufmacher das Interview mit einer Frau, die sich als Freundin von Hebe Furnal bezeichnete, aber anonym bleiben wollte.
    Er hatte, wie gesagt, die Zeitung gesehen, aber die Story nicht gründlich gelesen. Nach Ramburgh House, wo meine Schwiegermutter wohnte, kam täglich nur die Times, das
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