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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache
Autoren: John Niven
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genutzt, um die Hälfte meiner DVD-Besprechung zu schreiben. (»Dieser vor Spezialeffekten nur so strotzende Blockbuster ist ein Nervenkitzel für die ganze Familie.« Keine besonders große Lüge, Walt …)
    »Also«, sagte ich, als wir über die Anhöhe kamen. »Genau dort habe ich ihn gefunden.«
    Im Schnee war immer noch der Abdruck von Herbys Körper zu sehen. Ein rosafarbener Blutfleck.
    »In Ordnung.« Robertson schob sich die Mütze aus der verschwitzten Stirn. Die Hände in die Hüften gestemmt, blickte er sich um, schätzte die Entfernung zur Baumgrenze ab. »Ziemlich nah am Wald. Gut möglich, dass Ihre Vermutung richtig ist und es ein Wolf war. Könnte aber auch sein«, er blickte über seine Schulter zur Bushaltestelle, »dass er von einem Auto angefahren wurde und sich bis hierher geschleppt hat. Dann wären die meisten Verletzungen wohl post mortem. Vögel, Ratten und was es hier sonst so gibt.«
    »Wirklich?« Ich dachte an Herbys toten Körper, an den klaffenden Schlitz in seinem Bauch.
    »Durchaus vorstellbar.«
    »Kommt es häufig vor, dass Wölfe so etwas tun?«
    »Hin und wieder. Allerdings eher im Sommer. Um diese Jahreszeit bleiben sie eigentlich in den Bergen. Nördlich von hier haben sie mal jemanden getötet, so vor drei oder vier Jahren. Einen Jäger. Oben, Richtung Saskatoon. Aber so was passiert … nun ja, ausgesprochen selten.« Robertson ging in die Hocke. Offenbar war da etwas, das er sich genauer ansehen wollte. Er nahm ein Taschenmesser aus seiner Gürteltasche, bohrte damit im Schnee herum und hielt plötzlich eine von Herbys Nieren in die Höhe.
    »O Gott«, stöhnte ich.
    »Schrecklich«, sagte er, erhob sich und ließ die Niere zurück in den Schnee fallen. »Ich schätze, wir werfen besser mal einen Blick auf den Kadaver, was?«
    »Er liegt im Poolhaus. Möchten Sie einen Kaffee, Officer?«
    »Ein Kaffee wäre klasse.«
    Wir machten uns auf den beschwerlichen Rückweg durch den Schnee. »Ich muss schon sagen«, erklärte Robertson, »Sie haben es wirklich verdammt nett hier, Mr. Miller. Wirklich verdammt nett.«
    »Danke.«
    »Und Ihre Frau ist die Herausgeberin des Advertiser ?«
    »Das ist richtig.«
    »Womit Sam Myers Ihr Schwiegervater wäre?«
    »Jep.«
    Robertson pfiff leise durch die Zähne, was zugleich Bewunderung wie auch ein unausgesprochenes »Sie armes Schwein« auszudrücken schien.
    »Jep«, sagte ich noch einmal, und wir beide lachten.
    Der gute alte Sam. Wahrscheinlich der einzige Mann, der die Eier besaß, seine Tochter nach sich zu benennen. Es gab nicht viele Menschen in der Gegend, die noch nie von Sam Myers gehört hatten.
    Mein Schwiegervater war ein Selfmademan, wie er im Buche steht. Ein echter Held der Arbeit. Bettelarm geboren, machte er in den späten Siebzigern seine erste Million im Baugewerbe. Mit seinem Kapital wurde draußen vor der Stadt die erste Shopping-Mall von Regina gebaut. Dann noch eine. Etwa zehn Jahre später, als das Stadtzentrum fast vollständig brachlag, weil sämtliche Einzelhändler Sams Geld in die Außenbezirke gefolgt waren, kaufte er in der Innenstadt günstige Immobilien auf, die er sanierte und in Eigentumswohnungen verwandelte … so wie unser Apartment im Warehouse District. Er verdiente sich dumm und dämlich. Er investierte auch in die lokalen Medien, und Ende der Achtziger kaufte er den Advertiser – gerade als seine Tochter ihr Journalismus-Studium abschloss.
    Anfangs wollte Sammy nicht für ihren alten Herrn arbeiten. Sie verließ die Stadt und verdiente sich ihre ersten Meriten als Kriminalreporterin für den Calgary Star . Sie war gut. Aber am Ende ließ sie sich von ihrem Vater beknien, der ihr dafür Unsummen bot und die einmalige Chance, mit gerade mal dreißig Jahren Herausgeberin zu werden. Sammy nahm die Herausforderung an, und zum Erstaunen diverser skeptischer Redakteure und Ressortleiter war sie ausgesprochen erfolgreich in ihrem Job. In nur fünf Jahren steigerte sie die Auflage um zwanzig Prozent und verhalf der Zeitung aus den Achtzigern in die Hightech-Ära der Neunziger – nicht ohne auf dem Weg dorthin kräftig zu heuern und zu feuern.
    Ich lernte Sammy 1998 auf dem College in Regina kennen, wo ich mich für einen Aufbaustudiengang in Journalismus eingeschrieben hatte. Damals lebte ich seit etwa fünf Jahren in Kanada und war gerade von Toronto hier raus nach Saskatchewan gezogen. Sammy dozierte eines Tages vor meinem Kurs, und obwohl sie nur wenige Jahre älter war als ich, wirkte sie unglaublich
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