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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis
Autoren: Starhawk
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Maya. Sie hatte sich in dem riesigen Sessel am Fenster niedergelassen, eine alte Decke von Johanna auf den Knien. Sie aß immer noch sehr wenig. Sie sah durchsichtig aus, ständig schienen unsichtbare Geister um sie herum zu schweben. Gerade jetzt schlang doch Johanna ihre Arme um sie, Rio saß zu ihren Füßen und hatte ihr leicht die Hand auf den Schenkel gelegt.
    „Ich denke, du solltest im Bett bleiben“, sagte Sam in entschiedenem Ton.
    „Soll das ein Vorschlag sein?“
    „Nein, ein Befehl!“
    „Ja, dann natürlich, dann muß ich gehen. Befehlen gehorche ich niemals.“
    „Was denkt der Verteidigungsausschuß? Besteht die Gefahr eines weiteren Angriffs?“ fragte Nita.
    „Niemand weiß Genaues“, sagte Lily. „Wir glauben nicht, jedenfalls nicht so schnell. Die Stewards werden Zeit brauchen, sich von dieser Niederlage zu erholen und ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Solange die Southlands ihr Herrschaftssystem beibehalten, müssen wir wohl mit neuen Attacken rechnen. Das ist auch der Grund, warum wir euch aus den Southlands bei der Diskussion dabei haben wollen. Wir müssen besser Bescheid wissen, wie es da unten zugeht“.
    Bird saß in der Sofaecke, er hörte schweigend zu. Er war sehr blaß. Bisher war es ihm nicht gelungen, den Gedanken an die Geister abzuschütteln, sie schienen ihn überall hin zu verfolgen. Von Zeit zu Zeit ängstigte ihn der Gedanke an Rosa, dann sprang er schnell auf und ging in Mayas Zimmer, wo sie lag und schlief. Gottlob, sie lebte noch, es war ihr nichts zugestoßen. Wenn er die Augen schloß, sah er Marie, Lan und Roberto vor sich. Seine Ängste schwanden nur, wenn Madrone ihn berührte oder wenn er am Klavier sitzen und spielen konnte, so wie er es heute Morgen getan hatte. Er klimperte die Melodien herunter, die ihm durchs Ohr gingen und notierte sie eilig. Jetzt merkte er, daß Lily ihn schon geraume Weile anblickte.
    „Nein, Lily, ich gehe nicht hin. Ich gehe nicht zum Council. Ihr könnt mich alle besser verdammen, wenn ich nicht dabei bin.“
    „Keiner will dich verdammen, Bird. Die Leute verstehen die Zusammenhänge inzwischen. Sie denken jetzt eher, daß du ein Held bist.“
    „Nun ja, auch das bin ich nicht. Ich bin ebensowenig ein Held, wie ich vorher ein Schurke war. Keiner von euch versteht das mindeste von dem, was mir wirklich geschehen ist.“
    „Wir wissen alle, daß du getan hast, was du nur tun konntest, Bird“, sagte Lily freundlich.
    „Natürlich habe ich das. Vielleicht sogar das Allerbeste. Aber darum geht es nicht. Das Problem ist, ich war nicht gut genug. Denkt daran, bevor ihr die Southlands befreien wollt.“
    „Vielleicht war es so, Bird. Vielleicht mußte es alles so kommen. Wenn du nicht für sie gearbeitet hättest, wärest du auch nicht so sehr Teil von ihnen geworden. Dann hätte dich deine Einheit aber auch niemals so als einen der Ihren angesehen. Und das erst hat alles entschieden, hat uns City-Bewohnern den Sieg ermöglicht.“
    „Das ist eine schöne Erklärung. Ich wünschte, ich könnte auch daran glauben“, sagte Bird. „Glaubst du das denn wirklich?“
    „Ich glaube, du hast nie aufgehört, ihnen Widerstand zu leisten, hast immer überlegt, was du tun könntest. Manchmal waren deine Bemühungen umsonst, manchmal auch falsch, aber daraus kann dir niemand einen Vorwurf machen. Der Verteidigungs-Ausschuß wird dich ganz sicher um Hilfe bitten.“
    „Ihr seid alle verrückt. Cress wird auch alle zur Stadt rausjagen. Es sei denn, er wäre gestern gefallen.“
    „Er hat eine böse Verletzung an der Schulter von einem Lasergewehr. Aber er wird es überleben“, sagte Madrone.
    „Davon abgesehen: Ich bin nicht alt, und ich bin auch keine Frau.“
    „Der Verteidigungs-Ausschuß will seine künftige Taktik planen. Wir sind das einzige Komitee mit geschlechtsspezifischen Restriktionen. Das ist nicht mehr tragbar. Leute wie Cress sehen darin eine Chance. Aber Du, Bird, weißt inzwischen mehr über alles, wofür und wogegen wir kämpfen. Wir können von dir und deinen Erfahrungen viel lernen. Auch von deinen schlimmen Erfahrungen. Ja, ganz besonders von denen. Wir brauchen dich, vielleicht sogar für Verhandlungen mit den Southlands.“
    Bird wußte nicht recht, ob er ihr Glauben schenken sollte. Aber er fühlte sich durch ihre Worte doch erleichtert. Er blickte auf Madrone, die ihm schräg gegenüber in der anderen Zimmerecke saß. Sie sah so klein aus, so alt. Das haben die Southlands aus dir gemacht, dachte er. Aber sie war
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