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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis
Autoren: Starhawk
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seinen Kopf legen wollte, wies er sie zurück. Mit versagender Stimme flüsterte er: „Keine Hexereien!“
    „Vielleicht kann ich Ihnen doch helfen?“ hatte Madrone geantwortet, „ganz ohne Ideologie.“ Aber er schüttelte nur den Kopf. Sie zuckte mit den Achseln und ging, nicht eben widerstrebend. Sie fühlte sich so müde.
    Sie hatte an jenem Tag nach langer Suche schließlich ein Fuhrwerk aufgetrieben und Bird und Rosa nach Hause gebracht. Das hatte Stunde um Stunde gedauert, und danach war sie auch nicht zur Ruhe gekommen. Zu viele riefen nach ihr, zu viele verlangten nach ihren heilenden Kräften. Kaum, daß sie einmal zum Essen gekommen war. Und hier lag der Mann, der Rosa und Bird hatte foltern lassen, der Marie ermorden ließ – und wieviele andere noch.
    Aber Madrone hätte ihre heilenden Kräfte auch für ihn eingesetzt. Ja, trotz allem, das wußte sie genau. Sie hätte es zumindest versucht.
    So aber ging ein Mensch verloren, ein Mensch, dem sie vielleicht hätte helfen können. Ein Rückschlag in ihren Bemühungen also. Ich glaubte immer, jemanden zu heilen, sei durch Energie-Übertragung möglich, dachte sie. Aber es ist viel mehr, es geht darum, den Kranken sich selbst gegenüber zu öffnen. Damit er seine eigenen, inneren Kräfte nutzen kann. Sie fühlte sich reich, selbst bei aller Erschöpfung.
    Nun würde sie bald nach Hause kommen – nach Hause zu Bird, der längst die Steward-Uniform abgelegt und nach einem ausgiebigen Bad seine eigenen Kleider wieder angezogen hatte. Sie würden zusammen sitzen, jeder die Nähe des anderen genießen, seine Berührung würde in ihr singen, und sie würde auf ihre Weise für ihn auch ein Lied anstimmen.
    „Es macht nichts, wenn ich sterbe“, flüsterte der General plötzlich. Er sprach so leise, daß Maya ihr Ohr tief zu ihm hinunter beugen mußte. „Lieber sterben als mit der Niederlage weiterleben.“
    „Dieser Gedanke hat im Laufe der Geschichte mehr Menschen getötet als jede Krankheit“, gab Maya zurück. „Trotzdem wäre es uns allen lieber, wenn wir ihnen helfen, Ihre Schmerzen lindern könnten.“
    Der General stöhnte. Dann war lange Zeit Stille. Maya saß und wartete. Warum sitze ich eigentlich hier, fragte sie sich. Ist es nur Mitleid, oder möchte ich mit eigenen Augen sehen, daß dieser Mann wirklich tot ist?
    „Ihr habt euch selbst besiegt“, sagte sie schließlich halblaut, ohne Hoffnung, daß diese Worte bei dem General ankommen würden, „Sie mit Ihren eigenen Ängsten und Haßgefühlen. Davon waren Sie so voll, daß Sie schließlich geglaubt haben, Sie wären stärker als wir. Aber das war ein Irrtum, obwohl ich zugebe, daß wir oft gedacht haben, wir gehen alle unter.“
    Der General atmete schwer, und unter Anstrengung spuckte er ein paar Worte aus: „Andere werden nach mir kommen.“
    „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Vielleicht habt ihr uns auch nur gezeigt, wie wir uns gegen euch durchsetzen können“, gab Maya zurück.
    Der General keuchte, Blut quoll ihm aus den Mundwinkeln. „Krieg endet niemals“, seine Stimme verebbte.
    Maya ergriff seine Hand, sie war eiskalt und leblos. „Wir hätten einen Platz für Sie gehabt an unserem Tisch, General, wenn Sie uns nur geglaubt hätten.“

    ✳✳✳

    „Okay, Lily, und nun?“ fragte Sam. Die kleine Küche war gemütlich warm. Es roch nach Gemüsesuppe, und lautes Stimmengewirr herrschte. Sieben, acht Leute sprachen gleichzeitig durcheinander.
    „Komm zum Council, morgen“, sagte Lily. „Wir werden alles durchsprechen. Was sollen wir mit den Soldaten machen? Was zuerst wieder aufbauen? Und wie wollen wir gegebenenfalls weitere Angriffe auf unsere City abwehren?“
    „Morgen?“ fragte Madrone verblüfft. War das Council schon morgen? Sie hatte mehrere Nächte überall Hilfe leisten müssen und nur wenig geschlafen. Darüber war ihr wohl das Zeitgefühl abhanden gekommen. „Habe ich einen Tag vergessen?“
    „Du bist nur übermüdet, ich weiß. Aber so vieles ist jetzt dringend, und wir sollten endlich mit der Diskussion darüber beginnen, wie es weitergeht! Im übrigen wird ohnehin nichts so schnell entschieden. Aber du kommst doch, nicht wahr? Alle kommen, auch ihr aus dem Süden, nicht wahr? Wir brauchen alle Informationen, die ihr uns geben könnt.“
    „Ich komme gern“, sagt Katy und nahm Lucia auf den Arm. Die Kleine mußte die Brust bekommen. „Ich wollte schon immer sehen, wie eure Versammlungen ablaufen.“
    „Ich glaube, ich sollte auch kommen“, sagte
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