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Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Titel: Das Frankenstein-Projekt (German Edition)
Autoren: Robert C. Marley
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Fernseher und sah sich den neuesten Tatort an, während er hier oben herumlag und gar nichts tun konnte. Was für eine fürchterliche Ungerechtigkeit!
    Adrian drehte sich auf die Seite, stützte sich auf den Ellenbogen und klappte das Fotoalbum auf, das neben ihm auf dem Bett lag. Tante Margret war die älteste Schwester seines Vaters. Kein Mann, keine Kinder. Zum Heiraten hatte sie, wie sie niemals müde wurde zu erklären, nie die Zeit gefunden. Adrian lebte seit drei Jahren bei ihr und ihren zwei Hunden, nachdem seine Eltern in Kanada bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren. Ihr Flugzeug, eine kleine Propellermaschine, mit der sie ganz allein unterwegs gewesen waren, hatte einen Berg gestreift und war zerschellt. Genaueres hatte er nie erfahren; was entsetzlich für ihn war, denn er besaß eine ausgeprägte Fantasie und stellte sich oft vor, wie das Flugzeug in einem gleißenden Feuerball explodierte und seine Eltern beim Aufprall in Stücke gerissen wurden.
    Manchmal, wenn seine Sehnsucht nach ihnen zu groß wurde und er es gar nicht mehr aushielt, nahm er sich das alte Fotoalbum seiner Mutter vor. Die Bilder gaben ihm ein gutes Gefühl. Denn alles, was er von seinen Eltern noch besaß, waren diese Fotos – und seine Erinnerungen. Mama lachend mit Strohhut auf einer Kaimauer am Hafen, die Sonne sprenkelt das Wasser mit goldenen Tupfen. Papa beim Besteigen eines am Boden knienden Kamels. Der kleine Adrian irgendwo in Marokko in ein Tuch vor Mamas Bauch gewickelt. Du meine Güte, sie hatten so unglaublich viel zusammen unternommen! Auch wenn er damals noch zu jung gewesen war, um sich an jedes Detail zu erinnern, so war er mit ihnen doch ganz schön herumgekommen. Seine Eltern waren, so schien es ihm, immerzu auf Achse gewesen, immerzu in Bewegung. Das hatte ihr Beruf so mit sich gebracht, denn die beiden waren Flugkapitäne bei einer großen deutschen Fluggesellschaft gewesen.
    Seine Tante war das genaue Gegenteil. Sie war weiß Gott keine Einsiedlerin, aber irgendwie überhaupt nicht in der Lage, länger als ein paar Tage von zu Hause fort zu sein. Ihr Haus und der Garten waren alles für sie.
    Es klopfte an der Tür. Adrian klappte das Album zu und warf es neben das Bett. Dann rief er: »Ja?«
    Es war Tante Margret. Wer denn auch sonst? Ein achtäugiger Außerirdischer vielleicht, der gekommen war, um mit ihm einen Rundflug durchs All zu machen? Sie schloss die Zimmertür und setzte sich zu ihm auf die Bettkante.
    »Na, junger Mann, immer noch nicht ausgezogen? Es ist schon halb elf durch.« Junger Mann  – so nannte sie ihn meistens; nur wenn er etwas ausgefressen hatte, sprach sie ihn als Adrian an. »Wie ich sehe, hast du dir dein Album angeguckt.« Und als er nach einer Weile nickte, fügte sie hinzu: »Du bist also noch immer sauer auf mich, stimmt’s?«
    Klar! Was für eine Frage! Natürlich war er noch sauer auf sie. Wie konnte er es nicht sein. Sie hatte ihm seinen PC weggenommen!
    »Ein bisschen«, grummelte er.
    Tante Margret lächelte. Dann streckte sie die Hand aus und strich ihm sanft übers Haar. »Du weißt genau, weshalb ich den ollen Kasten weggesperrt habe.«
    Ja, weil er mir das Gehirn raussaugt. »Ja, weil ich die Arbeit vergeigt habe.«
    »Nein, weil du jede freie Minute davor verbringst. Du machst kaum noch etwas anderes.«
    »Ich benutze ihn ja auch für die Schule«, sagte Adrian lahm.
    »Wenn es mal so wäre.« Sie schmunzelte. »Du verlernst noch das Schreiben, wenn du so weitermachst, Adrian. Überleg mal – zu meiner Zeit gab es sogar Noten für die Handschrift.«
    Adrian stieß einen zentnerschweren Seufzer aus. Zu meiner Zeit, du meine Güte! Sie war gerade mal 65 und tat fast so, als sei sie in der Steinzeit zur Schule gegangen. Wenn man sie so reden hörte, konnte man fast glauben, sie habe noch mit Hammer und Meißel geschrieben.
    »Und wann kann ich den PC wiederhaben?«
    »In ein paar Tagen.«
    »Das ist echt gemein.«
    »Ich tue das nicht, um dich zu ärgern, junger Mann«, sagte Tante Margret. »Ich wollte nur, dass du das weißt.«
    »Ach, und warum unterschreibst du dann die Mathearbeit nicht?«
    »Ich habe dir heute Nachmittag meine Hilfe angeboten, oder etwa nicht? Und was hast du getan? Du hast mich angeschrien, Adrian. Deshalb unterschreibe ich die Mathearbeit nicht. Du musst einfach lernen, für das, was du tust, Verantwortung zu übernehmen.«
    »Das ist ja ganz toll.« Adrian warf sich wieder aufs Bett und verschränkte schnaufend die Arme vor der
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