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Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition)
Autoren: Rainer Wekwerth
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wurde. Zuerst hatten die vernehmenden Beamten gelacht, aber nach der Analyse des Heroins, das man bei dem Drogensüchtigen gefunden hatte, lachte niemand mehr. Es war von einzigartiger Qualität und Reinheit. Unmöglich aus Asien oder Südamerika stammend.
    Fischer hatte den Auftrag bekommen, der Sache nachzugehen und nach zweiwöchiger intensiver Ermittlung wusste er, dass der Junkie nicht log. Mit zwei weiteren Beamten und einer notdürftigen Höhlenausrüstung war er in die Kanalisation hinabgestiegen. Sie hatten aufgebrochene Tunnelgänge entdeckt und waren den Spuren menschlicher Anwesenheit in die Tiefe gefolgt. Stunden später waren sie auf die Plantage gestoßen. Weitgestreckte blühende Felder, die von starken Gasdampflampen beschienen wurden. Sie hatten die LKW-Batterien entdeckt, Hunderte davon, die in langen Reihen die Lampen mit Strom versorgten. Daniel und seine Kollegen waren verblüfft von ihrer Entdeckung gewesen und hatten dadurch jede Vorsicht vermissen lassen.
    Der Angriff kam scheinbar aus dem Nichts. Kreischende und springende Schatten, die über sie herfielen. Menschen, die kaum noch Menschen ähnelten. Dunkle, schmutzstarrende Gesichter, in denen die Augen weiß leuchteten. Dreadlocks, die bis weit über die Schultern fielen. Eine Horde tobender Affen hätte nicht erschreckender aussehen können.
    Hauptwachtmeister Tobias Rau hatte es noch geschafft seine Dienstwaffe zu ziehen, aber ob er sie abgefeuert hatte, wusste Daniel nicht, zu diesem Zeitpunkt war er längst bewusstlos gewesen. Der Gedanke an die Kollegen riss ihn aus der Erinnerung.
    „Wo sind Rau und Schneider?“
    Adam lächelte ein freundliches Lächeln. „Für sie ist gesorgt.“
    Er packte Daniel an den Schultern und drehte ihn in eine seitliche Lage, sodass er die linke Höhlenwand sehen konnte.
    Und dann sah er. Aber er begriff nicht. Als er begriff, begann er zu schreien.
    Adam hatte Rau und Schneider pfählen lassen.
     
    Die Pfähle, an denen sie wie zerbrochene Marionetten hingen, bestanden aus verwittertem Holz, von menschlichem Blut dunkel gefärbt. Daniel betrachtete die Kollegen, sah ihre schmerzverzerrten Gesichter, die geschundenen Leiber. Beiden Männern waren die Arme an den Schultern ausgekugelt worden, damit sie sich nicht befreien konnten. Der Anblick war mehr, als er verkraften konnte. Daniel weinte.
    „Ihr hättet nicht kommen sollen. Dies ist meine Welt. Betreten verboten. Eltern haften für ihre Kinder.“ Adam grinste.
    „Sie sind ein Monster“, schrie Fischer. „Wie kann man so etwas einem Menschen antun? Wie kann man nur?“ Die letzten Worte erstarben auf seinen Lippen, als fehle ihm die Kraft sie auszusprechen.
    Adams Grinsen verschwand. „Dies ist der Garten Eden. Ihr habt ihn entweiht und empfangt nun die gerechte Strafe für diesen Frevel.“
    „Sie werden mich töten“, stellte Daniel ruhig fest. Jetzt, da ihm sein eigener Tod zur Gewissheit wurde, überkam ihn eine seltsame Ruhe. Er verstand nicht, warum ihn dieser Gedanke nicht in helle Aufregung versetzte, aber er war dankbar dafür.
    „Ja, das werde ich.“ Adam wirkte fast ein wenig traurig. „Aber dein Tod wird länger dauern als ihrer.“ Sein wulstiger Finger deutete auf die Gepfählten. „Sie waren nur Handlanger, aber du...“ Der Finger richtete sich anklagend auf Daniel. „Du hast sie zu mir geführt.“
    Die Ruhe und der Frieden zerstoben ihm Nichts. Panik nahm ihren Platz ein. Grenzenlose Panik und eine Furcht finsterer als die dunkelste Nacht.
    „Bitte“, flehte er.
    „Noch nicht. Wir haben noch Zeit. Lass uns ein wenig plaudern.“
    Adam fingerte wieder an Daniels Brieftasche herum. Schließlich zog er ein altes, verknittertes Foto heraus. Fischer wusste genau, welches Bild er nun in der Hand hielt. Auf der Fotografie war Sarah zu sehen, die einen Kussmund an die Kamera schickte. Er liebte dieses Foto, da es seine Frau zeigte, wie sie wirklich war. Lebenslustig und fröhlich.
    Adam schwieg lange und betrachtete das Bild. In seinen Augen schimmerte ein merkwürdiger Glanz. Es dauerte einen Moment, bis Daniel begriff, dass der dicke Mann weinte. Tränen liefen über das feiste Gesicht und vereinten sich schließlich mit den blauen Tätowierungen an seinem Hals. Daniel beobachtete ihn erstaunt und schwieg. Schließlich presste Adam seine Lippen in einem langen Kuss auf das abgegriffene Papier.
    „Eva“, hauchte Adam ergriffen, nachdem er sich von dem Bild gelöst hatte. Dann wandte er sich an Daniel. „Wer ist diese
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