Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition)
Autoren: Rainer Wekwerth
Vom Netzwerk:
hierher gekommen war.
    Träume ich?
    Nein, dies war kein Traum. Er lag hart auf steinigem Boden und sein Kopf schmerzte, als versuche jemand, mit einer Stahlbürste sich bis zu seinem Gehirn durchzuscheuern.
    Sein linkes Auge begann zu jucken. Er wollte die Hand heben, um sich zu kratzen. Es ging nicht. Aus einem Grund, den er nicht verstand, weigerte sich sein Arm den Befehl auszuführen. Als er versuchte den Kopf zu drehen, um der Ursache für seine Lähmung auf den Grund zu gehen, musste er feststellen, dass auch dies nicht möglich war.
    Was war hier los?
    Er lag in einer Höhle und konnte sich nicht bewegen. Ein Schatten fiel auf sein Gesicht. Aus dem Schatten wurde ein Schemen und dann wurde daraus ein menschliches Antlitz. Ein Mann beugte sich über ihn.
    „Penacothalan“, sagte eine ihm unbekannte Stimme. „Ein Anästhetikum, das in der Medizin eingesetzt wird, wenn es nötig ist, dass der Patient bei Bewusstsein bleibt und Fragen beantworten kann. Die Lähmung betrifft nur die Extremitäten. Sie können hören, Lippen und Augen bewegen. Mehr nicht. Also, versuchen sie es erst gar nicht.“
    „Was ist hier los?“, ächzte Fischer mit kaum hörbarer Stimme.
    „Vorübergehende Amnesie durch ein Schädeltrauma. Einer meiner Diener hat sie niedergeschlagen.“
    „Diener?“
    Das Schemen nickte mit dem Kopf in eine Richtung, aber so sehr Daniel auch mit den Augen in den Höhlen rollte, er konnte niemanden sehen.
    „Wie komme ich hierher?“, fragte Fischer. „Was mache ich hier?“
    Der Mann lächelte. Er war groß. Er war mächtig. Wog mindestens drei Zentner. Sein bleicher Körper bestand zum größten Teil aus Fettmassen, aber seine kräftigen Oberarme verrieten Daniel, dass er über außergewöhnliche körperliche Kraft verfügen musste. Seltsamerweise schien der Kopf des Mannes nicht zu seinem Körper zu passen. Er war klein, rund und kahl. Daniel erschrak, als ein Lichtschein auf das Gesicht des Mannes fiel. Er sah vernarbte Augenlider, die tausende kleiner Falten bildeten. Nase und Ohren wirkten deformiert wie bei einem Leprakranken und waren nur noch unvollständig vorhanden.
    Daniel durchfuhr ein Schauer des Entsetzens, während er den Fremden anstarrte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Mann vollkommen unbehaart war. Es gab keine Körperbehaarung, keinen Bartwuchs, nicht einmal Augenbrauen. Fischer beobachtete die Schatten der flackernden Kerzen auf der Haut des Mannes, nur um festzustellen, dass es keine Schatten waren. Bläuliche Tätowierungen zogen sich vom Halsansatz bis zu den Füßen hinunter. Er erschrak, als ihm die Nacktheit des anderen bewusst wurde. Ein verschrumpelter Penis baumelte zwischen den baumstammdicken Schenkeln und wirkte, als habe man ihn dort fälschlicherweise angenäht.
    „Ich bin Adam“, sagte der Fremde und entblößte kupferfarbene Zähne, so als habe er gerade Blut getrunken. „Der erste Mensch und ich bin Gott.“ Seine Arme öffneten sich und mit einer anmaßenden Geste umfasste er den ganzen Raum. „Hier bin ich Gott! Ich bin das Licht und das Wort.“
    Der Typ war eindeutig wahnsinnig, so wie er da stand, die Arme weit ausgestreckt, die Finger gespreizt, mit in den Nacken gelegtem Kopf. In einer fast anmutigen Bewegung ging der Mann neben Fischer in die Hocke. Seine Hand verschwand aus Daniels Blickfeld und kehrte kurz darauf zurück. Adam hatte etwas vom Boden aufgehoben. Eine Brieftasche. Seine Brieftasche. Daniel erkannte sie sofort. Es war das Geschenk seiner Frau zu seinem dreißigsten Geburtstag gewesen. Sarah. Der Name war ein Licht in der Dunkelheit. Ein erster Schimmer seiner wiederkehrenden Erinnerung. Seine Gedanken wurden durch Adam unterbrochen, der die Brieftasche aufklappte und einen in Folie geschweißten Ausweis herauszog.
    „Daniel Fischer“, las er vor. „Polizeikommissar. Polizeirevier Lichtenfels.“
    Es war sein Dienstausweis. Er war Kriminalbeamter. Bilder zuckten wie Blitze durch sein Gehirn. Daniel sah sein Büro, seine Kollegen, Frau Nebronn, die die Gänge des Reviers mit einem altmodischen Schrubber und einem Lächeln im Gesicht wischte.
    „Sie sind vom Rauschgiftdezernat. Richtig?“ Adam ließ Daniel keine Zeit für eine Antwort. „Sie sind gekommen, um meiner kleinen Farm einen Besuch abzustatten.“
    Mit Wucht kehrte alles zu Daniel zurück. Sie hatten einen Tipp von einem Junkie bekommen, der behauptete, dass unter der Erde der Stadt, in alten Tunnelstollen und natürlichen Höhlen, in großem Umfang Opium angebaut
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher