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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)
Autoren: Peter Tremayne
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Assistent schienen einander nicht sehr zugetan.
    Ross, der sich den Arztkoffer geholt hatte, der sich für Notfälle stets an Bord befand, setzte die Untersuchung der Leiche fort. Fane ging hinüber zu dem Fluggast. Sally, die neben ihm stand, lächelte angespannt und stellte den Fremden vor: »Dies ist Mr. Francis Tilley, Mr. Grays Sitznachbar.«
    Frank Tilley war Mitte dreißig, ein dünner, äußerst unattraktiver Mann. Seine Haut war fahl, und am Kiefer zeichnete sich ein bläulicher Bartschatten ab, den auch die gründlichste Rasur nicht zu entfernen vermochte. Die dicke Hornbrille passte nicht zu seinem Gesicht. Sein dünnes Haar lichtete sich an der Stirn. Sein Mundwinkel zuckte.
    Fane bat die Flugbegleiterin, sich vor den Vorhang zu stellen und dafür zu sorgen, dass ihn niemand störte. Dann wandte er sich Tilley zu. »Er ist also tot«, bemerkte dieser mit hoher Fistelstimme. »Nun, irgendwann schlägt jedem die Stunde, auch den Großen und Mächtigen.« Er kicherte nervös.
    Fane gefiel der Ton nicht. »Wollen Sie andeuten, dass Mr. Gray an einer Krankheit litt?«, fragte er.
    Tilley hob die Hand, ließ sie aber wieder sinken. Fane registrierte automatisch das Zittern, die dicken, von Nikotin verfärbten Finger, die ungepflegten Fingernägel.
    »Er hatte Asthma, weiter nichts. Eine Stressreaktion.«
    »Warum …?«
    Tilley schaute betreten drein. »Schlechter Scherz, tut mir leid.«
    »Der Tod Ihres Kollegen scheint Ihnen nicht besonders nahezugehen.«
    Tilley schnaubte geringschätzig. »Von wegen Kollege! Er war mein Chef, und das ließ er mich nie vergessen. Er versäumte keine Gelegenheit, seine Angestellten daran zu erinnern, dass er ihr Schicksal in den Händen hielt, ganz gleich, ob Portier oder erster Direktor. Gray war ein strenger Chef, und sein Wort war Gesetz. Wer sein Missfallen erregte, flog raus, egal, wie lange er schon für die Firma gearbeitet hatte. Er war autoritär, selbstgerecht, grausam. Wie ein Geschäftsmann zu Zeiten von Königin Victoria. In der heutigen Geschäftswelt war eigentlich kein Platz für einen Menschen wie ihn.«
    Fane hatte sich zurückgelehnt und lauschte den Ausführungen des Mannes. Er wirkte verbittert. »War er also der Typ, der sich schnell Feinde macht?«, fragte er.
    Tilley musste schmunzeln. »Er war der Typ, der sich überhaupt keine Freunde macht.«
    »Wie lange haben Sie für ihn gearbeitet?«
    »Ich bin seit zehn Jahren in der Firma, und die letzten fünf war ich Grays persönlicher Assistent.«
    »Eine lange Zeit, wenn man jemanden nicht mag. Wenn er, wie Sie sagen, so schnell dabei war, Angestellte zu feuern, die ihm missfielen, müssen Sie ihm doch sympathisch gewesen sein.«
    Die Feststellung schien ihm unangenehm. »Was hat das mit Grays Tod zu tun?«, fragte er herausfordernd.
    »Ich benötige Hintergrundinformationen.«
    »Was ist überhaupt passiert?«, fragte Tilley. »War es nun ein Herzinfarkt oder nicht?«
    »War Gray herzkrank?«
    »Meines Wissens nicht, aber er war zu dick und hat gefressen wie ein Schwein. Bedenkt man dann noch den ständigen Stress, unter dem er stand, wäre es kaum verwunderlich, wenn sein Herz versagt hätte.«
    »Stand er bei dieser Geschäftsreise unter besonders starker Belastung?«
    »Nicht mehr als sonst. Wir sind unterwegs zu einer Tagung mit den Führungskräften unserer amerikanischen Tochterunternehmen.«
    »Und verhielt sich Mr. Gray wie immer, oder haben Sie etwas Besonderes an ihm bemerkt?«
    Tilley kicherte verächtlich. »Er war wie immer, herrschsüchtig, streitlustig und überheblich, und er freute sich darauf, ein halbes Dutzend Leute hinauszuwerfen. Er hatte die Absicht, die Kündigungen in großer Runde auszusprechen, um die Betroffenen zu demütigen. Und dann …« Tilley zögerte, er wirkte nun nachdenklich. »Er öffnete seinen Aktenkoffer und blätterte in irgendwelchen Papieren. Er las etwas, das ihn zu faszinieren schien. Plötzlich bekam er einen seiner Anfälle …«
    »Anfälle? Sie sagten doch, er habe keine gesundheitlichen Probleme gehabt.«
    »Nein, ich sagte, dass er Asthma hatte. Gelegentlich hatte er Anfälle von Atemnot.«
    »Richtig, das hatten Sie erwähnt. Also bekam er plötzlich einen Asthma-Anfall. Hat er etwas dagegen unternommen?«
    »Er trug immer ein Inhalationsspray bei sich. Eitel wie er war, wollte er nicht, dass es jemand merkt. Der große Chef wollte sich nicht zu einer Schwäche bekennen. Wenn er inhalieren musste, hat er sich immer verdrückt. Dabei wussten es sowieso
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