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Das Fest

Titel: Das Fest
Autoren: John Grisham
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eine Idee«, sagte er stolz. »Und sie ist brillant.«
    »Warum macht mich das bloß so nervös?«
    Er breitete das Blatt mit Tabellen vor ihr aus und wies mit dem Finger auf die Zahlen . »Das hier, meine Liebe, haben wir letztes Jahr zu Weihnachten gemacht. Wir haben sechstausendeinhundert Dollar für Weihnachten ausgegeben. Sechstausendeinhundert Dollar!«
    »Schon gut, ich bin nicht taub.«
    »Und wir haben herzlich wenig dafür vorzuweisen. Zum größten Teil hinausgeworfenes Geld. Verschwendet. Mal ganz abgesehen von meinem und deinem Zeitaufwand, den Verkehrsstaus, dem Stress, den Problemen, dem Gezänk, der üblen Laune, dem Schlafmangel — all den wunderbaren Erscheinungen der Weihnachtszeit.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Danke für die Frage.« Luther schob den Computerausdruck beiseite und präsentierte seiner Frau stattdessen flink wie ein Zauberer die Island Princess . Reiseprospekte bedeckten jetzt den Tisch. »Worauf ich hinauswill, meine Liebe? Auf die Karibik. Zehn Tage absoluter Luxus auf der Island Princess , dem schicksten Kreuzfahrtschiff der Welt. Die Bahamas, Jamaika, die Caymaninseln — huch, einen Moment mal.«
    Luther lief ins Wohnzimmer, stellte die CD an, wartete auf die ersten Takte, regulierte die Lautstärke und hetzte dann zurück in die Küche, wo Nora gerade einen der Prospekte inspizierte.
    »Was ist denn das für Musik?«, erkundigte sie sich.
    »Reggae, den hören die Leute da unten in der Karibik ständig. Wo war ich stehen geblieben?«
    »Beim Inselhüpfen.«
    »Genau, wir werden vor Grand Cayman Schnorcheln, vor Jamaika windsurfen und an Traumstränden liegen. Zehn Tage lang, Nora, zehn sagenhafte Tage lang.«
    »Ich müsste ein paar Kilo abnehmen.«
    »Dann machen wir beide eben vorher eine Diät. Was sagst du?«
    »Wo liegt der Haken?«
    »Der Haken ist ganz simpel — wir lassen Weihnachten ausfallen. Wir geben das Geld zur Abwechslung mal nur für uns aus. Keinen Cent für Feinkost, die wir nicht essen, Klamotten, die wir nicht tragen, oder Geschenke, die keiner braucht. Keinen roten Heller. Ich spreche von einem Boykott, Nora, einem kompletten Weihnachtsboykott.«
    »Das klingt furchtbar.«
    »Im Gegenteil, es wird bestimmt ganz wunderbar. Und es wäre doch nur für dieses eine Jahr. Gönnen wir uns doch mal eine Pause. Blair ist nicht hier. Wenn sie nächstes Jahr zurückkommt, können wir uns meinetwegen wieder in das Weihnachtschaos stürzen, falls du das dann noch willst. Komm schon, Nora. Bitte! Wir lassen Weihnachten ausfallen, sparen Geld und planschen dafür zehn Tage lang in der Karibik.«
    »Wie viel würde die Kreuzfahrt kosten?«
    »Dreitausend Dollar.«
    »Also sparen wir tatsächlich noch Geld dabei?«
    »Ganz genau.«
    »Wann soll es losgehen?«
    »Am ersten Weihnachtstag, zwölf Uhr.« Sie starrten einander lange an.
    * * *
    Das Abkommen wurde im Bett geschlossen. Der Fernseher lief ohne Ton, ungelesene Zeitschriften lagen überall verstreut, und die Reiseprospekte befanden sich nicht weit entfernt auf dem Nachttisch. Luther überflog ein Finanzmagazin, bekam jedoch so gut wie nichts von den Artikeln mit. Nora hielt ein Taschenbuch in der Hand, ohne die Seiten umzublättern.
    Die Spenden hatten sich als Knackpunkt erwiesen. Nora weigerte sich einfach, auf die milden Gaben zu verzichten oder sie »ausfallen zu lassen«, wie Luther beharrlich wiederholte. Sie hatte sich widerwillig dazu bereit erklärt, keine Geschenke zu kaufen. Der Gedanke, keinen Baum aufzustellen, verursachte einige Tränen, obwohl Luther ihr erbarmungslos vor Augen führte, dass sie sich beim Schmücken des verdammten Dings jedes Jahr stritten und anbrüllten. Und kein »Frosty, der Schneemann« auf dem Dach? Wo doch jedes andere Haus in der Straße einen haben würde? Was wiederum die Frage der öffentlichen Meinung aufwarf. Würde man sie nicht mit Verachtung strafen, weil sie Weihnachten ignorierten?
    Und wenn schon, hatte Luther geantwortet. Mochten ihre Freunde und Nachbarn auch offiziell missbilligend reagieren, insgeheim würden sie vergehen vor Neid. Zehn Tage in der Karibik, Nora, sagte er immer wieder. Wenn ihre Freunde und Nachbarn erst einmal Schnee schaufeln mussten, würden sie nicht mehr lachen, oder? Die höhnischen Bemerkungen werden ihnen sauer aufstoßen, wenn sie bis zum Platzen mit Truthahn voll gestopft sind, während wir in der Sonne braten. Niemand wird süffisant grinsen, wenn wir schlank und gebräunt zurückkommen und keine Angst vor all den Rechnungen
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