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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment
Autoren: Dinah McCall
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leiser?“ brüllte sie. „Ich kann ja kein Wort verstehen.“
    Sie versuchte es erneut. „Hallo? Ja, ich bin Josephine Henley.“
    Während sie wartete, dass weitergesprochen wurde, hörte sie auf einmal ein fernes Donnern. Sie drehte sich um und überlegte, ob sie die Fenster ihres Wagens geschlossen hatte. Dann folgte ein weiteres Geräusch, und im gleichen Augenblick wurde ihr Gesicht völlig ausdruckslos. Sie stand da, sprach kein Wort, hatte die Augen geschlossen und ließ die Schultern hängen.
    Raleigh bemerkte das und sah sie erstaunt an. Das war nicht Jo-Jos Art. Er berührte sie an der Schulter.
    „Hey, Kleine, stimmt was nicht?“
    Sie reagierte nicht auf seine Frage, sondern ließ nur den Hörer los und versuchte, an ihm vorbeizukommen.
    „Hier ist der Bourbon mit Soda“, sagte er und reichte ihr ein Tablett mit einem Glas, doch sie schob ihn so heftig aus dem Weg, dass das Tablett auf den Boden fiel.
    „Hey, war das mein Drink?“ rief jemand.
    „Halt die Klappe“, gab Raleigh zurück und fasste Jo-Jo am Arm. „Was ist los mit dir? Hast du mich nicht gehört?“
    Dann sah er ihr ins Gesicht, und der Blick in ihren Augen ließ fast sein Herz stillstehen.
    Wie in Trance bewegte Jo-Jo sich auf den Ausgang zu, als Raleigh in Panik geriet und einem der Männer zurief, sie aufzuhalten. Seine Worte gingen im allgemeinen Trubel unter.
    „Hey, Jo-Jo, was ist denn los? Komm zurück!“ rief er und lief um die Theke herum. Noch bevor die Gäste verstanden hatten, dass etwas nicht stimmte, war er schon hinter ihr her aus dem Lokal gestürmt. Gut ein halbes Dutzend Männer folgte ihm und begann, auf dem vollen Parkplatz nach ihr zu suchen. Ihr Wagen stand noch da, also musste sie sich zu Fuß auf den Weg gemacht haben.
    „Jo-Jo! Jo-Jo! Komm zurück, Schatz. Wenn dir nicht gut ist, dann fährt dich einer von den Jungs nach Hause.“
    Es kam keine Antwort, und er konnte sie auch nirgends sehen. Hektisch bahnten sich die Männer einen Weg zwischen den geparkten Fahrzeugen und riefen immer wieder ihren Namen.
    Raleigh wollte ihr Verhalten fast schon als irgendeine typisch weibliche Marotte abtun, als jemand seinen Namen rief. Die Angst, die in der Stimme mitschwang, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Er begann zu rennen, vorbei an einer Reihe geparkter PKWs und einigen schweren Trucks, bis er am Highway angelangt war und Jo-Jo sah.
    Sie rannte gerade auf die Überholspur des Highways, die Arme ausgebreitet wie ein Kind, das so tut, als wolle es fliegen.
    Raleigh sah die Scheinwerfer eines herannahenden Trucks und begann zu rennen, obwohl er wusste, dass er zu spät kommen würde.
    Der Geruch von Gummi erfüllte die Luft, als der Fahrer auf die Bremse trat, um die Frau, die praktisch aus dem Nichts vor ihm auf der Straße aufgetaucht war, nicht zu überfahren. Das Kreischen der blockierenden Reifen übertönte das dumpfe Geräusch, als ihr Körper mit dem Truck zusammenprallte. Wie eine Puppe wurde sie durch die Luft gewirbelt und schlug hart auf dem Mittelstreifen auf.
    Die Männer starrten ungläubig auf den Highway.
    Raleigh wandte sich um und sagte zu dem Mann, der direkt neben ihm stand: „Los, ruf einen Krankenwagen.“ Dann begann er den herannahenden Wagen zu winken, damit die langsamer wurden und sie die Straße überqueren konnten.
    Der Detective der Mordkommission erklärte den Zwischenfall zu einem offensichtlichen Selbstmord und schloss die Akte.
    Nur Raleigh teilte diese Ansicht nicht. Er schwor, dass mit Jo-Jo bis zu diesem Anruf alles in Ordnung gewesen war.
    Zwei Tage später, Chicago, Illinois
    Mit achtundzwanzig Jahren hatte Lynn Goldberg einen Meilenstein in ihrer Karriere als Strafverteidigerin erreicht. Ihr bisheriges Leben lang hatte man ihr gesagt, sie sei zu hübsch, um als Anwältin erfolgreich sein zu können, aber sie hatte alle Besserwisser ignoriert und war einfach ihrem Herzen gefolgt. Und heute hatte sie bewiesen, dass sie nicht einfach nur ein hübsches Gesicht war. Sie hatte ihren ersten Mordfall gewonnen, und es war ein verdammt gutes Gefühl. Noch besser war aber, dass sie davon überzeugt war, einen wirklich Unschuldigen erfolgreich verteidigt zu haben, was in ihrer Branche nicht immer der Fall war.
    Sie packte die Fälle, die sie vor dem morgigen Tag noch durchgehen wollte, in ihre Aktentasche und sah auf die Uhr. Sie hatte noch genau sechsunddreißig Minuten Zeit, um die Stadt zu durchqueren und sich mit ihrem Mann Jonathan zum Abendessen zu treffen. Er wusste es
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