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Das ewige Lied - Fantasy-Roman

Das ewige Lied - Fantasy-Roman

Titel: Das ewige Lied - Fantasy-Roman
Autoren: Tanja Bruske
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Abends hatten ihr wieder gezeigt, dass sie für die Abschlussprüfungen durchaus bereit war – wenn es ums Können ging. Aber hatte sie wirklich den Mut und die Kraft, ihr Elternhaus ein für alle Mal zu verlassen? Jayel wusste: Die Aufgabe, die ihr gestellt würde, konnte sie bis ans andere Ende des Reiches führen. Aber eigentlich fürchtete sie viel mehr, dass sie nur einen kurzen Botengang erledigen musste – das würde bedeuten, sie wäre nicht gut genug für größere Aufgaben. Jayel wusste aber auch, dass Großkaiserin Cwell die Barden und Bardinnen der Schule schon bei den schriftlichen Prüfungen ganz genau beobachtete und so die Spreu vom Weizen trennte. „Bitte Lyria, Herrin der Worte“, betete Jayel lautlos, „lass mich gut genug sein – oder so schlecht, dass ich gleich nach Hause zurückkehren kann.“
    „Ihr wisst den Bardengesang zu nutzen“, sagte eine Stimme hinter Jayel, so dass sie vor Schreck beinahe von der Bank gefallen wäre. Sie fuhr herum. Vor ihr stand der blaugesichtige Daphnus. „Entschuldigt, ich wollte euch nicht erschrecken“, sprach er weiter.
    Jayel atmete tief aus: „Nein, nein, ich bin etwas schreckhaft, wenn man sich zehn Schritte durch den dunklen Garten hindurch anpirscht und dann plötzlich losschreit.“ Sie setzte sich aufrecht hin und betrachtete ihn. Chrisofus, den Tria des Anstands wegen hinter dem jungen Daphnus hergeschickt hatte, stellte gerade unauffällig Ölfackeln auf, so dass es etwas heller wurde. Und Tilde setzte sich, als hätte sie nichts Besseres zu tun, auf einen Hocker vor der Küchentür und begann zu sticken.
    Jayel seufzte. Was ging hier schon wieder vor? Sie betrachtete Daphnus’ blaues Gesicht und meinte schließlich: „Das mit der Tinte tut mir leid. Ich hoffe, es dauert nicht zu lange, bis sie verblasst.“ Daphnus setzte sich zu ihr auf die Bank, während Tilde mit dem Stuhl näher rückte und Chrisofus eine weitere Fackel brachte, und meinte unbekümmert: „Das ist nicht so schlimm. Ich kenne da einen netten Reinigungszauber, den kann man allerdings nur einmal am Tag sprechen. Damit ist das Zeug spätestens übermorgen weg.“
    „Dann ist ja gut“, entgegnete Jayel. Die beiden schwiegen. Eine weitere Fackel wurde gebracht.
    „Langsam ist es hier draußen heller als drinnen“, bemerkte Daphnus. Jayel musste kichern, worauf Tilde erneut etwas näher rückte, und sagte: „Ich glaube, man macht sich Gedanken um meine Keuschheit.“
    „Oh!“ Daphnus sprang auf. „So habe ich das noch gar nicht gesehen. Ich will euch natürlich nicht in eine unangenehme Situation bringen. Eigentlich wollte ich nur etwas richtigstellen. Heute Morgen, als das Pferd scheute – das war, weil mein Bruder ihm dummerweise die Sporen gegeben hat. Ihr müsst wissen, es ist mein Pferd, und es mag keine Sporen. Ich wollte es mit einem Beruhigungszauber besänftigen, aber es war schon zu spät: Es stieg, und da sah ich euch kommen, und dachte, es springt euch um. Deswegen habe ich mich auf euch geworfen…“ Bei diesen Worten wurden gleich zwei Fackeln gebracht „… um euch zu beschützen. Ich wollte das nur klarstellen.“ Daphnus atmete tief durch.
    Jayel sah ihn an und sagte: „Ich möchte mich entschuldigen, dass ich so unhöflich war. Ich wollte euch nicht beleidigen.“
    Daphnus nickte knapp und sagte: „Ich wollte euch das nur wissen lassen. Gute Nacht!“ Er verbeugte sich, warf Jayel noch einen kühlen Blick zu und ging.
    Jayel sah ihm nach. „Er ist genauso ein Wichtigtuer wie sein Bruder“, meinte sie zu Chrisofus, der die Fackeln wieder einsammelte. „Musste mir unbedingt erzählen, dass er der strahlende Held war. Als ob mich das interessieren würde. Na, bin ich froh, dass ich morgen nach Farseth zurückkehre!“ Und sie folgte Tilde, die ihr Stickzeug zusammengepackt hatte, ins Haus.

2: Nach Farseth
    Farseth lag etwa drei Tagesreisen von Uhlenburg entfernt – wenn man ein schnelles Pferd hatte. War man mit Pferd und Wagen oder gar einer Kutsche unterwegs, musste man mit fünf Tagesreisen rechnen, insofern das Wetter der Reise entgegenkam.
    So kam es, dass die Kutsche, die eigentlich alle fünf Tage nach Farseth aufbrechen sollte, nicht immer pünktlich fuhr. Auf dieser Route verkehrten genau zwei Kutschen, die immer entgegengesetzt reisten. Und wenn eine von beiden unterwegs in schlechtes Wetter kam, einen Achsbruch erlitt oder ein Pferd ausfiel, fuhr sie erst zwei Tage später weiter, und für die Reisenden in Uhlenburg oder Farseth
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