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Das Erbe des Loewen

Titel: Das Erbe des Loewen
Autoren: Suzanne Barclay
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Angst und Erwartung. Wie wenig haben die Jahre sie doch verändert, dachte er. Als sie näher kamen, bemerkte er einige Furchen in Lucais’ Gesicht und silberne Strähnen in Elspeths schwarzem Haar. Dann blickte er zu Megan, der Frau, die ihn von der Wiege an großgezogen hatte. Dicke blonde Zöpfe umgaben ihr Gesicht, und ihre dunkelbraunen Augen blickten voll Liebe und Stolz auf ihn.
    Ich werde keine Tränen vergießen. Indes, Kieran war nahe daran, und sein Blick wurde verschwommen.
    „Ross. Wir haben dich erst in einigen Tagen erwartet.“ Laurel stand neben Kieran und hatte ihren Arm in den seinen gelegt. Dafür war er ihr dankbar, denn er fühlte, wie seine Knie schwach wurden. Sie lächelte ihn an, mit der gleichen Liebe, die er in Megans Augen sah, stolz und erwartungsvoll. Alle warteten darauf, dass er seine Familie willkommen hieß und seine Frau vorstellte. Kieran wollte sprechen, fand aber keine Worte. Er hüstelte, doch der Knoten in seiner Kehle wollte sich nicht lösen.
    Auch war er nicht der Einzige, der sich unwohl fühlte.
    „O Rhys. Du hättest mich warnen sollen, dass deine Mutter kommt“, flüsterte Nesta.
    „Dann hättest du dich nur noch mehr aufgeregt.“
    „Weiß ... weiß sie, wie alt ich bin?“
    Rhys seufzte. „Sie weiß alles ... auch dass ich dich liebe. Vater hat dich von Kopf bis Fuß geprüft, als er dich kennen lernte. Und Mutter wird das Gleiche tun.“
    „Warum tragen die Mädchen ihre Nachtgewänder?“ platzte Ewan heraus und löste damit die Spannung.
    Lucais Sutherland lachte. „Sie sammeln den Maientau. Wir machen es zu Hause auch, doch ich glaubte nicht, die alten Bräuche so weit im Süden vorzufinden, oder nicht, Elspeth?“
    Elspeth lächelte ihren Ehemann mit tränenverschwommenen Augen an, dann wandte sie sich an Kieran. „Du bist noch grö-ßer, als dein Vater war, Kieran. Kannst du deiner alten Tante vom Pferd helfen? Ross hat uns mitten in der Nacht losreiten lassen, und meine alten Knochen sind schon recht steif.“
    „Alte Knochen, in der Tat!“ Kieran hob sie herab und umarmte sie mit Freudentränen in den Augen. Über ihren Kopf hinweg sah er Ross, der Megan half und sich mit ihr näherte. Er umschloss beide Frauen mit seinen Armen. Das Herz floss ihm schier über, als sie ihn unter Tränen und mit vielen Worten begrüßten, doch etwas fehlte. „Laurel?“ rief er. „Laurel, wo bist du?“ Sie kam sogleich herbei und trat in den Kreis. Neben ihm standen Ross und Lucais, hatten ihre Hände auf seine Schultern gelegt, Tränen in den Augen und ein breites Lächeln auf den Lippen.
    „O Rhys, ich bin so glücklich, dich wieder zu sehen“, rief seine Mutter aus. „Doch was denkst du dir dabei, dein armes Weib in ihrem Zustand hier herumzuschleppen, um uns zu begrüßen?“ Sie legte den Arm um Nesta und führte sie zu den Pferden. „Du solltest ruhen.“
    Megan lachte und drückte Kierans Hand. „Wie du siehst, hat sich Chrissy nicht verändert. Sie machte sich solche Sorgen um Nesta, dass sie beinahe selbst krank wurde.“
    „Nicht nur sie ist aufgeregt“, sagte Kieran leise. „Ich ... es tut mir so Leid. Ich hätte ..."
    „Ssch. Wir sollten uns entschuldigen. Wenn doch ...“
    „Nein. Ihr habt getan, was ihr für das Beste hieltet. Es war meine Schuld“, gestand Kieran. „Es waren mein hitziges Gemüt und mein Dickkopf. Doch das liegt nun hinter uns.“ Er blickte von Megan zu Ross. „Mutter, Vater, kommt hinein, dass ich euch willkommen heißen und euch unseren Sohn vorstellen kann.“
    „Ich hoffe, Laurel bringt den Kleinen mit, wenn sie ihn gefüttert hat.“
    Laurel hielt inne, als sie Megan Sutherlands Stimme aus dem Söller hörte. Oh, sie hatte solche Angst vor diesem Augenblick. Wenn sie nun ihren Jüngsten sahen und erkannten, dass er nicht Kierans Sohn war? Nesta und Rhys waren mit den Eltern nach Edin zurückgekehrt, und Ewan hatte Collie zu den Viehherden begleitet, so warteten nur die Carmichaels, die Sutherlands und Kieran im Söller.
    Laurel vergaß ihre eigenen Ängste und dachte an Kierans Glück. Als sie sich zurückzog, um ihr Kind zu stillen, hatten Annie und die Mägde Bier, Brot und Fleisch zu den Gästen gebracht, die sich unterhielten, als könnten sie die verlorene Zeit auf einmal nachholen. Oh, sie wollte diese glückliche Stunde nicht zerstören.
    Ross begann in ihren Armen unruhig zu werden, als ob er ihre Spannung spürte. Vielleicht sollte sie ihm nochmals die Brust geben.
    „Ssch, Liebes, Mutter ist hier.“
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