Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen
Autoren: Georgi Martynow
Vom Netzwerk:
geöffnet.“
       „Was tragen die Leute dort?“ fragte Melnikow.
       „Semjon Pawlowitsch hat angeordnet, daß beim Gasruder sieben die eine Stützwand ausgewechselt wird. Das Defekto- skop hat im Metall einen Hohlraum entdeckt.“
       „Einen großen?“
       „Mit einem großen Hohlraum wäre die Wand gar nicht vom Werk geliefert worden. Ein fünftel Millimeter. Der Fehler ist nach der vierten Prüfung entdeckt worden.“
       Als der Ingenieur zurücktrat, fragte Olga ihren Mann: „Kann denn ein Hohlraum von einem fünftel Millimeter eine Rolle spielen? Er ist doch so klein, daß man ihn mit dem bloßen Auge gar nicht sehen kann.“
       „Ein Weltraumschiff darf nicht den geringsten Defekt auf- weisen“, erwiderte Melnikow. „Auch wenn er bedeutungslos scheint. Unterwegs ist es schwierig und nahezu unmöglich, eine Reparatur auszuführen.“
       „Ein fünftel Millimeter“, sagte Orlow, „und das ist unzu- lässig? Tja, was will man noch mehr? Sie beruhigen mich. Bei einer derart gründlichen Vorbereitung liegt für uns keine Ver- anlassung zur Beunruhigung vor.“
       Melnikow lachte.
       „Immerhin wollten Sie meiner Frau weismachen, daß Sie vor dem Flug Angst haben. Sie wird Ihnen ebensowenig glauben wie ich.“
       „Ach, Sie haben es also gehört?“ sagte Orlow vergnügt. „Aber ob Sie mir nun glauben oder nicht, ich habe jedenfalls Angst. Wenn das dem vorschriftsmäßigen Verhalten eines Raumfahrers widerspricht, bleibt noch Zeit genug, mich durch jemand anderes zu ersetzen.“
       „Beim ersten Mal haben alle Angst“, erklärte Melnikow. „Es kommt nicht darauf an, frei von Furcht zu sein, sondern die Furcht zu überwinden.“
       Sie standen am Rand der senkrechten Betonmauer und konn- ten das ganze Raumschiff überschauen. Seine gigantischen Aus- maße versetzten Orlow und Olga in Erstaunen.
       „SSSR-KS 3“ war über hundertfünfzig Meter lang und wies an der breitesten Stelle einen Durchmesser von dreißig Metern auf. Es hatte die Form einer metallischen Zigarre mit einem spitzen Bug und einem wuchtigen Heck. Das Heck machte ein Drittel des Schiffes aus und wirkte auf das ungeübte Auge wie ein Chaos aus Leitungen und Trichtern verschiedener Stärke und Farbe, deren Öffnungen sich nach allen Seiten richteten. Die ideal glatte Oberfläche des Schiffes wies keine einzige Naht auf, und man vermochte sich nicht vorzustellen, wie seine einzelnen Teile miteinander verbunden worden waren. Nur längs der Mittellinie konnte man zwei anderthalb Meter auseinander liegende, parallel verlaufende schmale Schlitze entdecken, die fast vom Bug bis zum Heck reichten.
       „Das sind die Tragflächen“, gab Melnikow zur Antwort, als seine Frau ihn danach fragte. „Sie sind zur Zeit eingezogen. Wenn wir die Venus erreichen und in ihre Atmosphäre ein- tauchen, werden die Tragflächen ausgefahren, und das Schiff verwandelt sich in ein Düsenflugzeug. Übrigens ist jeder Flügel an seiner Basis fünfzig Meter breit. Die Flügel ragen am Bug aus dem Schiffskörper und bilden zwei gewaltige Dreiecke.“
       „Jede Tragfläche ist kompliziert konstruiert, so daß sie im Rumpf des Schiffes untergebracht werden kann und nicht viel Platz beansprucht. Die Teile der Tragfläche schieben sich ähn- lich einem verstellbaren Fernrohr ineinander, das Endstück ist noch komplizierter konstruiert. Wie du siehst, ist jede Trag- fläche länger als der ganze Schiffsrumpf, sie muß aber kürzer werden, damit man sie in die Aussparungen einziehen kann. Außerdem ist die Bordwand ja nicht gerade geformt, sondern gewölbt. Das kompliziert die Konstruktion noch mehr.“
       „Warum sind diese Rohre am Heck so regellos angebracht?“ fragte Olga.
       „Es scheint nur so, daß hier keine Regel waltet. Das sind die Öffnungen der Düsen und das Kühlsystem. Der Raumfahrer muß die Möglichkeit haben, zu manövrieren. Deswegen richten sich die Düsen nach allen Seiten. Der Teilchenstrom, der den reaktiven Sog erzeugt, kann so gesteuert werden, wie der Kom- mandant des Schiffes es will. Wenn der Strom nach hinten ge- richtet wird, fliegt das Schiff geradeaus, arbeitet aber die linke Düse, weicht das Heck nach rechts ab, und das Schiff verändert den Kurs nach links. Außerdem kann auch mit den Gasrudern gesteuert werden, die im Innern der Düsen angebracht sind. Der Gasstrom, der die Ruderfläche umströmt, weicht, wenn das Ruder gedreht wird, zur Seite aus und verändert
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher