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Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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haben konnte. Selbst dann, wenn es sich nur um ganz gewöhnlichen Stahl handelte, aus dem man Klingen oder Äxte schmiedete. Und Arvan hatte keinen Grund anzunehmen, dass sein Schwert irgendetwas Besonderes an sich hatte. Es handelte sich um eine gewöhnliche Klinge, auch wenn er ihr inzwischen eine ganz besondere Bedeutung beimaß, weil sie ihm schon oft das Leben gerettet hatte.
    Das Leuchten wurde stärker. Es erhellte schließlich einen Teil des dunklen Raums, in den er gelangt war. Der Raum war kahl, und die Wände bestanden aus grauem, feuchtem Gestein. Eine Höhle, kein Verlies oder Keller, erkannte Arvan. An den Wänden waren Bilder zu sehen, aufgetragen mit Farben, die im Licht des leuchtenden Schwertes erstaunlich lebensecht wirkten. Der Maler hatte die Struktur des Gesteins, seine zahllosen Unebenheiten, Abbrüche, Erhebungen und Vertiefungen in die Bilder integriert. Arvan sah detailreich dargestellte Herden von großen Hornechsen.
    Und dazwischen Gruppen von– Orks!
    Die Formen der eigenartigen Schwerter, der mit Obsidianspitzen besetzten Keulen und monströs großen Streitäxte waren exakt getroffen. Auch die ungeschlachten Körperformen waren mehr oder weniger deutlich erkennbar, selbst wenn manche dieser Gestalten nur im Schattenriss gezeichnet waren. Bei einigen traten allerdings selbst die Hauer so deutlich hervor, dass kaum ein Zweifel daran bestehen konnte, wer auf diesen Höhlenfelsen dargestellt war.
    Szenen aus dem alltäglichen Leben der Orks waren dort offenbar zusammengetragen worden. Sie suhlten sich in der Schlammgrube, spalteten die Schädel ihrer Feinde und aßen das Hirn (wobei nicht zu erkennen war, ob es sich bei diesen Feinden ebenfalls um Orks oder um Angehörige anderer Völker handelte). Arvan ging ein Stück an der Höhlenwand entlang. Auf den Bildern waren nun Orks zu sehen, die mit bloßen Pranken in Schwärmen aus insektenartigem fliegenden Getier griffen. Das mussten die ungefähr ellenbogenlangen Riesenschrecken sein, die in den Sümpfen von Transsydien schlüpften und dann in großen Schwärmen in Richtung des West-Orkreichs zogen. Diese gefräßigen Wesen galten überall als Sinnbild für Tod, Verderben und Unreinheit, zumal sie von Getreide über Aas bis hin zu Exkrementen buchstäblich alles vertilgten. Wenn sie nichts anderes fanden, zernagten sie sogar Holz, und bei ungünstigen Winden gelangten sie bis in den Halblingwald am Langen See. Arvan hatte seinen Ziehvater Gomlo oft dabei begleitet, wenn der sich einmal im Jahr auf den Weg machte, um die übel riechenden, mit der magischen Essenz des Baumsaftes getränkten Schwarzmoose auszulegen, die die Schwärme fernhalten sollten.
    Gerade diese Kreaturen aber, die Menschen, Elben und Halblingen so sehr zuwider waren wie kaum etwas anderes, galten als eine der Hauptnahrungsquellen der Orks.
    Wie eine Fackel hielt Arvan das Schwert vor sich und suchte nach dem Ursprung der Geräusche, die er gehört hatte. Fast erschien es ihm, als kämen sie aus den Bildern und würden zu den dargestellten Szenen gehören.
    Bei allen Waldgöttern, wohin bin ich nur verschlagen worden?, fragte er sich. Und gleichzeitig versuchte er seine Gedanken zu ordnen und sich daran zu erinnern, was eigentlich genau geschehen war. Brogandas’ Worte fielen ihm ein. Der Dunkelalb hatte darauf hingewiesen, dass er, Arvan, Held der gegen Ghool verbündeten Reiche und Sieger über den monströsen Zarton, von nun an sicherlich eine besondere Zielscheibe für Ghools unendlichen Hass sei.
    Hatte sich die Warnung des Dunkelalben etwa schon so schnell bewahrheitet? Und welche Rolle spielte Brogandas eigentlich selbst bei dem Ereignis, das ihn an diesen unbekannten Ort verschlagen hatte? Hat er mich mit seiner schwarzen Magie zu retten versucht – oder genau das Gegenteil getan und mich erst in diesen dunklen Schlund hineingeworfen, durch den ich hierhergelangte?, fragte sich Arvan. Die Gedanken rasten nur so in seinem Kopf. Er konnte sich auf all das einfach keinen Reim machen.
    Die Stimmen der Orks wurden unterdessen lauter. Ihre Worte und ihr rasselnder Atem wurde durch höhnisches Gelächter und raue Rufe unterbrochen. Und dann bemerkte Arvan, dass sich etwas auf dem Fresko bewegte.
    Er zuckte zurück und dachte zunächst, dass es sich um ein Spinnentier oder den Schatten irgendeiner anderen Kreatur handelte, die zwischen den Spalten dieser feuchten Höhle beheimatet sein mochte.
    Aber dann stellte er fest, dass das Bild selbst sich teilweise zu bewegen
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