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Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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gewartet, um sie nicht noch etwas auszukosten und meinen Nutzen daraus zu ziehen.«
    Arvan hob leicht den Elbenstab.
    »B evor du noch einmal versuchst, mich zu vernichten, möchtest du vielleicht die Frage beantwortet haben, weshalb ich so viel über dich weiß. Wieso ich weiß, dass du ein ungeschickter Hirte von Baumschafen warst, ein grober Mensch, der unter Halblingen aufwuchs und nicht richtig klettern konnte. Ein kraftvoller Tölpel, zu dem ein Schlachterbeil besser gepasst hätte als das Rapier eines Halblings. Frag mich einfach, Arvan. Frag mich, woher ich all das weiß.«
    »W oher?«, fragte Arvan.
    Ein flaues Gefühl machte sich in Arvans Magengegend breit. Er sah zu Rhomroor herüber, der sich noch immer nicht rührte und auch keinerlei Anstalten machte, die Streitaxt vom Boden aufzuheben, die ihm entfallen war.
    »D urch einen guten Freund«, sagte die Stimme Ghools. »E in Freund, dessen Erinnerungen ich mir erlaubt habe zu stehlen und für mich zu nutzen.«
    Einer der Schlangenarme hob sich und richtete sich auf die Balustrade.
    »W ovon sprichst du überhaupt?«, rief Arvan. Er will mich nur verwirren, dachte er. Wut keimte in ihm auf.
    »D u giltst als der größte Held von Athranor, nachdem du mir meinen Feldherrn Zarton genommen hast«, fuhr Ghool fort. »I ch fordere Ersatz von dir. Und der ist nur auf eine Weise zu leisten: Der größte Held von Athranor sollte in Zukunft auf meiner Seite in den Krieg ziehen.«
    Das könnte dir so passen, durchfuhr es Arvan grimmig. Er fühlte keine Kraft im Elbenstab. Noch immer nicht. Und das machte ihm inzwischen Sorgen.
    »D u solltest es dir noch einmal überlegen«, sagte Ghool.
    Der Vorhang an der Balustrade wurde nun zur Seite gezogen.
    Arvan glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
    »N eldo!«, stieß er hervor.
    Zwei Orks hatten den Halbling in ihre Mitte genommen.
    Ghool hob einen seiner Schlangenarme. Während er ihn ausstreckte, wuchs er noch und reichte bis zur Balustrade hinauf. Der Arm schlang sich um Neldos Körper und hob ihn über die Balustrade. Anschließend setzte er ihn vor dem Podest auf dem Boden ab.
    »E s ist nicht so schlimm, wie du denkst, Arvan«, sagte Neldo. »W ir könnten zusammen zu den Königen der Menschenreiche gehen und ihnen verdeutlichen, dass sie diesen Krieg nicht gewinnen, sondern nur ihren eigenen Untergang bewirken können.«
    »N eldo, was redest du da?«
    »I ch sage nur, wie es ist! Ghools Reich wird sich schon bald über ganz Athranor erstrecken. Es ist nur die Frage, wie viele Opfer es noch kosten wird.«
    »W as ist geschehen, Neldo? Man hat dich zu einer willenlosen Marionette gemacht, und jetzt sollst du…« Arvan sprach nicht weiter. Die Blicke all der Orks, Wolfsmenschen und anderer Geschöpfe um ihn herum waren auf ihn gerichtet, so als warteten sie nur darauf, sich auf ihn zu stürzen. Und doch taten sie es nicht, obwohl sicherlich ein einziger Gedanke Ghools dazu ausgereicht hätte. Arvan betrachtete den Elbenstab. Wenn die Macht wirklich aus ihm geflohen wäre, hätte man mich längst getötet, dachte er. Oder sollte das Angebot des Schicksalsverderbers wirklich ernst gemeint sein?
    Auf einmal wusste Arvan, was er tun musste.
    Er stieß Neldo grob zur Seite– so heftig, dass er zu Boden geschleudert wurde und noch ein Stück über den glatten Stein rutschte. Arvan umklammerte den Elbenstab, hob ihn hoch und hielt das ellenlange Artefakt diesmal quer zu seinem Gegner. Gleichzeitig rief er das dritte geheime magische Wort, das Brass Elimbor für König Elbanador geschaffen hatte. Aus beiden Enden des Elbenstabs schossen nun Bündel von schwarzen und feuerroten Blitzen heraus. Sie erfassten Ghools Körper. Der Geruch nach verbranntem Fleisch hing in der Kuppel. Der zuvor nachgewachsene Vogelkopf zerfiel zu Asche, als die Strahlen ihn erfassten, ebenso die Flügel und die vielen Arme. Hier und da wuchsen plötzlich neue Arme, und aus diesen kamen kleinere und deformiert wirkende Vogelköpfe hervor– aber auch sie wurden sofort wieder zerstört.
    Eine Flut von schmerzvollen Gedanken erreichte Arvan. Gedanken, die sich mit seiner eigenen Wut und seinem eigenen, tief empfundenen Schmerz vermischten. Ein erst stöhnender, dann zunehmend wimmernder Laut erfüllte die Kuppel und hallte so oft wider, dass man glauben konnte, einem ganzen Chor verdammter Seelen zu lauschen.
    Als die Strahlen aus dem Elbenstab versiegten, war nur die knotenförmige, mehrere Schritte durchmessende Verdickung in der Mitte des
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