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Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)

Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)

Titel: Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)
Autoren: Klaus Seibel
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haben Sie korrekt analysiert. Der Knackpunkt ist: Diese Informationen zu beschaffen, braucht Zeit. Alles, was wir kurzfristig tun konnten, haben wir getan. Wegen der Störstrahlung mussten wir uns auf Fernauswertungen beschränken, die wegen der schwierigen Umstände vor Ort nur die Ausbeute ergeben, die Sie gesehen haben. Um mehr Informationen zu sammeln, müssten wir zuerst die Störstrahlung analysieren und Wege finden, unsere elektronischen Geräte dagegen zu schützen. Erst dann können wir mit Sonden näher an das Ziel heran, und erst danach könnten wir mit diesen Erkenntnissen eine Mondexpedition vorbereiten. Dieses Vorgehen dauert Jahre - und diese Zeit haben wir nicht.“
    Jetzt sah Kowalev seine Kollegen der Reihe nach an.
    Wang Cui stand auf. „Das chinesische Volk hat seinen Himmelspalast unter großem Aufwand in eine Umlaufbahn um den Mond gebracht, um die Bergung der Container dort zu unterstützen. Wir können die Station nicht über Jahre dort versorgen.“
    Das waren nur wenige Worte, aber Anne spürte, dass sie Wang Cui nicht leicht fielen. Der Himmelspalast war das chinesische Äquivalent zur Internationalen Raumstation ISS und ganzer Stolz der chinesischen Raumfahrt. Dass die Chinesen bereit gewesen waren, ihre Raumstation aus der für sie wichtigen Erdumlaufbahn zum Mond zu bringen, war allseits mit Verwunderung und Respekt aufgenommen worden. Es war sicherlich auch eine Art Entschuldigung für die Sabotage der ersten Mondexpedition. Dass Wang Cui jetzt zugab, sich diese Investition nicht mehr leisten zu können, traf Anne sehr. So etwas sagten Chinesen nicht leichtfertig, es musste tatsächlich ernst sein.
    Wang Cui setzte sich wieder.
    „Es wird auch für uns eng“, sagte Romano Gonzales. Er redete im Sitzen. „In den USA stehen Wahlen an. Die Forderungen, aus der ganzen Sache auszusteigen, werden lauter. Wir brauchen unser Geld für die Ausbildung unserer Kinder, für bessere medizinische Versorgung, für die Reparatur unserer Straßen und Brücken. Ich könnte Ihnen eine Liste aufzählen, die so lang ist wie der Konferenztisch. Der Präsident kann sich diesen Forderungen nicht verschließen.“
    Und wenn er wiedergewählt werden will, muss er das Geld für das Mondprojekt kürzen, dachte Anne. So gut kannte sie die Gesetzmäßigkeiten der Demokratie inzwischen. Niemand wurde gewählt für ein Versprechen, dass in zehn oder zwanzig Jahren vielleicht alles besser würde. Dieses vielleicht stand ja auch noch im Raum. Niemand wusste, was das Erbe ihnen tatsächlich bringen würde. Eine Zeitlang konnte man die Menschen für ein großes Ziel begeistern. Das war bis heute gelungen. Aber ein oder zwei weitere Jahrzehnte? Unmöglich.
    „Es geht nicht nur um Geld“, meldete sich Anila Kumar aus Indien zu Wort. „Die Konflikte mit Pakistan werden wieder stärker, wir müssen uns auf unsere Verteidigung konzentrieren.“
    In Europa sah es nicht besser aus, wusste Anne aus eigener Erfahrung. Von Seiten der Umweltschützer wuchs die Kritik, dass man über dem Mond die Erde nicht vergessen durfte. Die Klimaerwärmung ging nämlich weiter, Erbe auf dem Mond hin oder her.
    Im Prinzip wartete die ganze Welt darauf, dass es auf dem Mond endlich konkret wurde. Firmen hatten Milliarden in die Entwicklung von Transportmöglichkeiten investiert, viele Länder hatten enorme Mengen an Forschungsgeldern eingesetzt, um ihren Anteil an der Erforschung des Erbes leisten zu können. Und jetzt stand alles auf dem Spiel. Die neu gewonnene Einheit der Menschen drohte zu zerfallen, bevor sie wirklich Früchte tragen konnte.
    „Ich denke, Sie verstehen jetzt unser Interesse an Geheimhaltung“, sagte Dr. Bardouin.
    Anne verstand. Die etwas befremdlichen Umstände, unter denen sie hierher geleitet worden war, waren dagegen belanglos. Es grenzte schon an ein Wunder, dass von den aktuellen Problemen noch nichts durchgesickert war, schließlich waren unzählig viele Menschen an dem Projekt beteiligt und alle Aktionen standen unter permanenter Beobachtung der Öffentlichkeit. Selbst sie, die als eine der Bestinformierten zählte, hatte nichts bemerkt.
    Anne wanderte in dem kleinen Konferenzraum hin und her. Dass die hochrangigen Regierungsvertreter alle saßen und warteten, war ihr egal. Sie hatten sie schließlich hergeholt, um ihre Meinung zu hören und vielleicht auch noch wegen mehr. Anne war mit ganzem Herzen Mathematikerin, ihr Verstand war gewohnt, komplexe Zusammenhänge blitzschnell zu analysieren und am Ende ein
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