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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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graziöser, ja auch stolzer Haltung. Die Gesten werden fließend ausgeführt, aber zügig. Würdevoll. Man macht kein dummes Gesicht, schneidet keine Grimassen, streckt nicht die Zunge heraus. Wenn du mit den Kräften der Natur operierst, sollst du der Natur Respekt erweisen.«
    »Gut, Frau Yennefer.«
    »Beachte, diesmal schirme ich dich nicht ab. Du bist eine selbständige Zauberin. Das ist dein Debüt, Eulchen. Hast du die Weinkaraffe auf der Kommode gesehen? Wenn dein Debüt gut ausfällt, wird deine Meisterin sie heute Abend austrinken.«
    »Allein?«
    »Den Schülern ist Weintrinken erst erlaubt, wenn sie die Gesellenprüfung abgelegt haben. Du musst noch etwas warten. Du bist verständig, also noch so an die zehn Jahre, nicht länger. Na, fangen wir an. Lege die Finger in Position. Und die linke Hand? Fuchtle nicht damit herum! Lass sie locker herabhängen oder stütze sie gegen die Hüfte. Die Finger! Gut. Also, stoße sie aus.«
    »Aaach  ...«
    »Ich habe nicht gesagt, dass du Geräusche ausstoßen sollst. Stoß Energie aus. Lautlos.«
    »Haa, ha! Er ist hochgesprungen! Der Korb ist hochgesprungen! Hast du gesehen?«
    »Er hat gerade mal gezuckt. Ciri, sparsam heißt nicht schwach. Psychokinese wird zu einem bestimmten Zweck verwendet. Sogar die Hexer benutzen das Zeichen Aard, um einen Gegner umzuwerfen. Die Energie, die du ausgestoßen hast, hätte einem Gegner nicht einmal die Mütze vom Kopf gefegt. Noch einmal, etwas stärker. Nur Mut!«
    »Ha! Der ist vielleicht geschwebt! War es jetzt gut? Wirklich? Frau Yennefer?«
    »Hmmm  ... Du wirst dann in die Küche laufen und ein bisschen Käse zu unserem Wein holen  ... Es war fast gut. Fast. Noch stärker, Eulchen, keine Angst. Reiß den Korb vom Boden hoch und schleuder ihn ordentlich an die Wand von dem Schuppen dort, dass die Funken stieben. Mach den Rücken nicht krumm! Kopf hoch! Graziös und stolz! Nur Mut, Mut! Oh, verdammt noch mal!«
    »Oje  ... Entschuldigung, Frau Yennefer  ... das war wohl  ... etwas zu viel  ...«
    »Ein bisschen. Mach dir nichts draus. Komm her zu mir. Na, Kleine.«
    »Und  ... Und der Schuppen?«
    »So was kommt vor. Kümmer dich nicht drum. Das Debüt, alles in allem, ist positiv zu bewerten. Und der Schuppen? Das war kein besonders schöner Schuppen. Ich glaube nicht, dass jemand ihn in der Landschaft vermissen wird. Holla, meine Herrschaften! Ruhig, ruhig, was soll denn dieser Lärm und Aufruhr, es ist nichts passiert! Bleib ruhig, Nenneke! Es ist nichts passiert, wiederhole ich. Man muss einfach diese Bretter wegräumen. Sie geben gutes Brennholz ab!«
     
    Während der warmen, windstillen Nachmittage füllte sich die Luft mit dem Duft von Blumen und Gräsern, verströmte Ruhe und Stille, die vom Summen der Bienen und großer Käfer unterbrochen wurde. An solchen Nachmittagen trug Yennefer Nennekes Korbsessel in den Garten, setzte sich hinein, die Beine weit nach vorn gestreckt. Stundenlang studierte sie Bücher, stundenlang las sie Briefe, die sie durch sonderbare Boten erhielt, zumeist Vögel. Manchmal saß sie nur da und schaute in die Ferne. Mit einer Hand fuhr sie sich gedankenverloren durch die schwarzen glänzenden Locken, mit der anderen strich sie Ciri über den Kopf, die im Grase saß, an den warmen, festen Schenkel der Zauberin geschmiegt.
    »Frau Yennefer?«
    »Ja, Eulchen.«
    »Sag mir, kann man mit Hilfe von Magie alles tun?«
    »Nein.«
    »Aber vieles, nicht wahr?«
    »Ja.« Die Zauberin schloss für einen Moment die Augen, berührte mit den Fingern die Lider. »Sehr viel.«
    »Etwas richtig Großes  ... Etwas Schreckliches! Etwas sehr Schreckliches?«
    »Manchmal schrecklicher, als man möchte.«
    »Hmm  ... Und werde ich  ... Wann werde ich so etwas machen können?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht niemals. Hoffentlich wirst du es niemals müssen.«
    Stille. Schweigen. Hitze. Der Duft von Blumen und Kräutern.
    »Frau Yennefer?«
    »Was nun wieder, Eulchen?«
    »Wie alt warst du, als du Zauberin geworden bist?«
    »Hmm  ... Als ich die Aufnahmeprüfung abgelegt habe? Dreizehn.«
    »Ha! Genau wie ich jetzt! Und wie  ... wie alt warst du, als  ... Nein, danach frage ich nicht  ...«
    »Sechzehn.«
    »Aha  ...« Ciri errötete leicht, gab auf einmal vor, sich für eine Wolke von seltsamer Form zu interessieren, die hoch über den Türmen des Tempels schwebte. »Und wie alt warst du  ... als du Geralt kennengelernt hast?«
    »Älter, Eulchen. Ein bisschen älter.«
    »Immerzu
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