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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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du täuschst mich nicht. Beherrsch dich, konzentrier dich und fang an.«
    »Nein, bitte, Frau Yennefer  ... Es tut mir weh  ... Mir ist schlecht  ...«
    »Nur keine Tränen, Ciri. Es gibt keinen widerwärtigeren Anblick als eine weinende Zauberin. Nichts erweckt größeres Mitleid. Merk dir das. Vergiss es niemals. Noch einmal, von Anfang an. Spruch und Geste. Nein, nein, diesmal ohne Vorbild. Du wirst es selbst tun. Na, streng dein Gedächtnis an!«
    »Aine verseos  ... Aine aen aenye  ... Ooooh!«
    »Schlecht! Zu schnell!«
     
    Die Magie steckte in ihr fest wie eine eiserne Pfeilspitze mit Widerhaken. Sie hatte sie tief verwundet. Sie schmerzte. Mit jener seltsamen Art Schmerz, die sonderbar an Lust grenzt.
     
    Zur Entspannung liefen sie wieder durch den Park. Yennefer hatte Nenneke überredet, Ciris Schwert aus dem Magazin herauszurücken, und ermöglichte es dem Mädchen, Schritte, Finten und Ausfälle zu üben, natürlich so, dass die anderen Priesterinnen und Adeptinnen es nicht sahen. Doch die Magie war allgegenwärtig. Ciri lernte, wie man mit einfachen Zaubersprüchen und Konzentration des Willens Muskeln lockert, Krämpfe löst, das Adrenalin unter Kontrolle bringt, das Ohrlabyrinth und den Vagusnerv beherrscht, wie man den Puls verlangsamt oder beschleunigt, wie man sich für kurze Zeit vom Sauerstoff unabhängig macht.
    Die Zauberin wusste unerwartet viel vom Schwert und vom »Tanz« der Hexer. Sie wusste viel über die Geheimnisse von Kaer Morhen, war zweifellos im Schloss gewesen. Sie kannte Vesemir und Eskel. Lambert und Coën kannte sie nicht.
    Yennefer war in Kaer Morhen gewesen. Ciri konnte sich denken, warum während der Gespräche über das Schloss Wärme in die Augen der Zauberin trat, sie den bösen Schimmer und die kalte, gleichgültige, weise Tiefe verloren. Wenn solche Worte auf Yennefer gepasst hätten, hätte Ciri sie in diesen Momenten als verträumt bezeichnet, als jemanden, der Erinnerungen nachhing.
    Ciri konnte sich denken, warum.
    Es gab ein Thema, das anzuschneiden das Mädchen instinktiv und sorgsam vermied. Aber einmal verplapperte sie sich und plauderte es aus. Über Triss Merigold. Scheinbar widerwillig, scheinbar gleichgültig, mit scheinbar beiläufigen Fragen holte Yennefer den Rest aus ihr heraus. Ihre Augen waren hart und undurchdringlich.
    Ciri konnte sich denken, warum. Und o Wunder: Sie fühlte keinen Unmut mehr.
    Die Magie beruhigte sie.
     
    »Das sogenannte Zeichen Aard, Ciri, ist ein sehr einfacher Zauberspruch aus der Gruppe der psychokinetischen und beruht darauf, dass Energie in eine bestimmte Richtung gestoßen wird. Die Stoßkraft hängt davon ab, wie sehr der Stoßende seinen Willen konzentriert und wie viel Kraft er abgibt. Sie kann erheblich sein. Die Hexer haben sich diesen Zauber angeeignet, weil er keine Kenntnis einer magischen Formel erfordert – es genügen Konzentration und die Geste. Deshalb haben sie es ein ›Zeichen‹ genannt. Woher sie den Namen haben, weiß ich nicht, vielleicht aus der Älteren Rede; das Wort ›ard‹ bedeutet, wie du weißt, ›Berg‹, ›das obere‹ oder ›das höchste‹. Wenn dem so ist, dann ist der Name sehr irreführend, denn es gibt kaum einen leichteren psychokinetischen Zauber. Wir werden natürlich auf so etwas Primitives wie ein Hexerzeichen keine Zeit und Energie verschwenden. Wir werden richtige Psychokinese üben. Wir üben es an  ... Na, an dem Korb, der dort unter dem Apfelbaum liegt. Konzentriere dich.«
    »Hab ich.«
    »Du konzentrierst dich schnell. Denk dran: Kontrolliere den Kraftausstoß. Du kannst nur so viel abgeben, wie du aufgenommen hast. Wenn du auch nur ein Quentchen mehr abgibst, tust du es auf Kosten deines eigenen Organismus. So eine Anstrengung kann dir das Bewusstsein rauben und dich letzten Endes sogar töten. Wenn du hingegen alles abgibst, was du aufgenommen hast, verlierst du die Möglichkeit einer Wiederholung, du musst dann noch einmal Kraft schöpfen, und du weißt, dass das schwierig und schmerzhaft ist.«
    »Oh, ich weiß!«
    »Du darfst nicht die Konzentration vermindern und zulassen, dass die Energie von selbst aus dir herausbricht. Meine Meisterin pflegte zu sagen, dass man die Kraft so herauslassen muss wie einen Furz im Ballsaal: vorsichtig, langsam und kontrolliert. Und so, dass die anderen nicht merken, dass du es warst. Verstehst du?«
    »Ich verstehe!«
    »Steh gerade. Hör auf zu kichern. Denk dran, Zauber sind eine ernste Angelegenheit. Man wirkt sie in
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