Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte
Autoren: Peter Heller
Vom Netzwerk:
Angst davor, alles verändert vorzufinden. Mein Herz hämmerte. Es hämmerte gegen das Klopfen der Flugzeugmotoren an, gegen das schwächer werdende Summen und Vibrieren, als ich die Geschwindigkeit drosselte und in den Landeanflug ging.
    Wir schwebten über unsere dreizehn Kilometer Prärie. Über die letzten Bäume, die letzten überlebenden Tannen, die auf die Ebene rausgewandert waren wie verirrte Wachposten, über unser Gelände, unsere sichere Zone, und dann konnte ich den Turm erkennen, den wir zusammen gebaut hatten. Bangleys Scharfschützenplattform, von der aus er seine Mörsergranaten abschoss – und dann war ich genau über der Stelle und schaute nicht runter, wo die Knochen lagen und die unbestatteten Leichen, die Wölfe und Kojoten zerrissen hatten, und was sonst noch dort so lag. Hätte ich genauer hingesehen, hätte ich weiß schimmernde Rippenbögen und Schädel entdeckt. Und dann spürte ich – was? Ich spürte, genau in dem Moment, dass Bangley für mich so etwas wie Familie geworden war. Ich kehrte zu ihm zurück, so wie ich vor zwanzig Jahren zu meiner Mutter zurückgekehrt war. Nicht zu meiner Frau, meinem Kind, meiner Mutter, sondern zu Bangley mit der heiseren Stimme. Für den es eine Sache der Ehre war, die ganze Zeit den Sturkopf zu spielen. Und auf einmal durchzuckte mich eine Angst, ein Zweifel. Was, wenn er einfach nur wütend auf mich war?
    Die Gefühle kämpften miteinander, und zuletzt schlug die Angst voll durch. Als ich auf zweitausend Meter runterging und den glitzernden Bach überflog, der wenig Wasser führte, aber noch nicht ausgetrocknet war, und als ich mich dem südlichen Ende der Rollbahn näherte. Als ich die verkohlten Mauern der Wohnhäuser sah, die Grundmauern, und meinen Hangar zur Hälfte aufgerissen wie von einem Tornado.

III
    Bangleys Haus einhundert Meter nördlich davon, das mit der Waffenschmiede im tief liegenden Wohnzimmer, wo das Foto der blonden Skifamilie stand – es stand noch, aber die Fenster waren zerschossen, und über den zersplitterten Fensterrahmen im ersten Stock hatten sich Brandspuren in die Außenwände gefressen. Im Dach klaffte ein riesiges Loch. Oh Scheiße. Scheiße Scheiße Scheiße.
    Pops hatte sich auf dem Rücksitz kerzengerade aufgerichtet. Ich warf einen Blick nach hinten, er wusste, was los war, und Cima drückte mein Knie und konnte nicht anders, als das Gesicht an die Scheibe zu pressen wie ein Kind, das im Zoo vorm Haifischbecken steht.
    Vor der Landung überflog ich den Flughafen in niedriger Höhe und warf einen Blick in den Garten. Er war immer noch da, schien unbeschädigt. Immer noch lief das Wasser durch die kleinen Gräben am oberen Ende der Beete und erreichte gut die Hälfte der Ackerfurchen.
    Aber selbst aus siebzig Metern Höhe konnte ich das Unkraut sehen. Es überwucherte die trockenen Stellen, saß oben auf den langgezogenen Erdwällen.
    Ich startete durch, zog die Maschine hoch, drehte nach links ab, nahm Kurs auf die Mitte der Landebahn, kam noch einmal runter, landete nach einer verlängerten Schwebephase und ließ das Biest bis genau vor Bangleys Haus ausrollen. Gemischhebel, Zündmagnetschalter, Hauptschalter.
    Der Motor verstummte. Der Propeller drehte sich noch. Das Biest war kaum zum vollständigen Halt gekommen, als ich schon die schwergängige Tür aufstieß, aus dem Flugzeug sprang und zum Haus rannte.
    Die Haustür stand offen, schwang im Wind hin und her.
    Bangley! Bangley! Hallo! Bist du da? Bangley!
    Ich war selbst überrascht über meine Lautstärke. Ich klang wie ein Fremder.
    Ich jagte in seine Werkstatt. Seltsamerweise war das große Panoramafenster, das auf die Berge hinausging, immer noch intakt, aber über die Wand über dem Kamin zog sich eine Reihe von Einschusslöchern. Das Foto von der Skifamilie stand wie immer auf dem Beistelltisch. Bangleys Werkzeug lag da, wo es hingehörte, Lauf und Schaft einer Sig Sauer Kaliber . 308 , eine seiner Lieblingswaffen, standen in die Schraubzwinge der Werkbank eingeklemmt.
    Jesus.
    Hinter mir tauchte Pops auf.
    Dein Kumpel, sagte er. Ich wusste ja gleich, dass er ein knallharter Typ ist, wie sonst sollte jemand wie du …
    Er unterbrach sich.
    Das hätte ich nie gedacht.
    Bangley!
    Verzweiflung. Zum ersten Mal spürte ich, wie sie sich mit ihren Krallen an mich hängte, die Verzweiflung, wie ein Gestank. Es war seltsam. Man weiß nie, wie man eigentlich zu jemandem steht, bis man sein Haus verwüstet vorfindet.
    Ich zuckte zusammen. Pops’ Hand auf meiner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher