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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition)
Autoren: Gerner, Károly
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wir jetzt etwa schon in der Lage, exakt vorauszusagen, wie sich Abel Kager verhalten wird, nachdem ihm seinerzeit in Pirna erst die herzensgute Mutter, kurz darauf der fürsorgliche Vater und nun in Meißen auch noch seine wunderbare Frau von barbarischen Kreaturen regelrecht hingerichtet worden sind?
     
    Wie würden Sie vorgehen, verehrte Leser, wenn es Sie beträfe, was unserem literarischen Helden insgesamt an Gräueltaten schon persönlich widerfuhr, gar, wenn Sie bedenken, dass er über eine geheimnisvolle Waffe verfügt, die bisher höchstwahrscheinlich weltweit kein zweiter Mann besitzt? Obendrein wäre zu berücksichtigen, dass Abels Maxime bekanntlich stets lautete: Vielen helfen, keinem schaden. Wenn aber gerade ihn, der unentwegt nur Gutes wollte, mehrfach Schicksalsschläge heimsuchen, die man sich leidvoller kaum vorzustellen wagt, wäre es da noch verwunderlich, dass sein ausgesprochen humanes Wesen urplötzlich ins Gegenteil umschlägt?
    Das ist auch prinzipiell möglich, wie es uns bereits in einem früheren Abschnitt anvertraut wurde.
     
    Jetzt sind wir wohl besonders gespannt, was unser rätselhafter Freund fortan tun wird? Allenfalls verkörpert er nun unwiderruflich Richter und Henker in einer Person, weil ihm seine innere Stimme anscheinend keine andere Wahl mehr zubilligt, als den Pfad der Tugend ein für alle Mal zu verlassen, um den grausigen Tod seiner überaus geliebten Frau persönlich zu rächen?
    Gewiss, wir ahnen es seit Längerem. Hundertprozentig sicher fühlen wir uns indessen bislang nicht, ob sich unsere Vermutung auch bestätigen wird.
     
    Beschreiten wir also gemeinsam auch noch den letzten Teil des dornenreichen Weges, um endgültig Klarheit zu erlangen, inwieweit wir richtig argwöhnen oder vielleicht doch einem fatalen Irrtum unterliegen!
     
    Was sich damals in der oben erwähnten Gartenlaube zutrug, offenbart uns erneut, wozu Menschen unter bestimmten Verhältnissen fähig sind. In diesem Falle sogar wegen einer fast trivialen Sache, nahe einer Lappalie. Bald stellte sich nämlich heraus, dass die zwei Unholde ursprünglich nur die Tür zur Hütte aufbrachen, um gegebenenfalls ihren Hunger und Durst zu stillen und eventuell drinnen zu nächtigen. Dabei wurden sie jedoch überrascht. Ihre mörderische Reaktion ist uns inzwischen hinlänglich bekannt.
    Die Kriminalpolizei vermochte die beiden Männer trotz intensiven Suchens nicht aufzuspüren. Abel hingegen konnte sie bald ausfindig machen und auf seine Art bestrafen. Stempelte er sich dadurch möglicherweise unwiderruflich selbst zum Verbrecher, ähnlich dem Protagonisten in Heinrich von Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“, den sein Rechtsgefühl zum Straftäter machte?
    Jener Autor, ein auserlesen begnadeter Dramatiker und Erzähler zwischen Klassik und Romantik, verabschiedete sich übrigens schon mit vierunddreißig Jahren durch Selbstmord (freiwillig?) von seinem irdischen Aufenthalt.
     
    Völlig ausgeschlossen ist es freilich nicht, dass unser literarischer Held urplötzlich von allen guten Geistern verlassen wurde, sofern es einer bösen Kraft gelang, sich seiner zu bemächtigten, gleichsam, als ob ein unheimlicher Dämon von jemandem Besitz ergreift und fortan den Willen seines Opfers suggestiv bestimmt.
     
    Es soll vereinzelt durchaus vorkommen, dass ein solch bislang unerforschliches und daher geisterhaft bedrohliches Wesen einen Menschen befällt, der ihm dann vollkommen hilflos ausgeliefert ist, was angeblich mitunter sogar zur regelrechten Besessenheit des Betroffenen führt. Eigens deshalb gibt es ja die spezielle Lehre namens Dämonologie.
    Obgleich ich derlei Auffassungen und Theorien bereits seit Jahrzehnten äußerst skeptisch zur Kenntnis nehme, am liebsten gleich rigoros zurückweise, weil ich vielmehr der Wissenschaft zugetan bin, muss ich doch verschämt eingestehen, dass zwischen Himmel und Erde manchmal ziemlich Erstaunliches geschieht und das meiste davon wohl auf unserem überaus faszinierenden Planeten. Dies betrifft speziell seine wundersamen Denkgeschöpfe, die gerne vorgeben, irgendwann alles erklären und beherrschen zu können. Welch eine Illusion!
     
     
    Donnerstag, zweiter Juni 2011 (Christi Himmelfahrt).
    Letzte Nacht plagte mich ein furchtbarer Traum, aus dem ich angsterfüllt und schweißgebadet erwachte: Wie früher jedes Jahr üblich, verabredete ich mich zum traditionellen „Männertag“ mit meinem unersetzbaren Freund und Weggefährten Abel, um zusammen etwas zu unternehmen,
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