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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich
Autoren: Betty McDonald
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befriedigen, denn sie verabschiedeten sich und zottelten von dannen. (Im September kamen sie abermals mit der Bitte angerückt, ob man ihnen nicht beim Heuen ein bißchen helfen könnte, und es handelte sich noch um das gleiche Heu.)
    Tortenbacken war nicht gerade meine Spezialität, und da keines meiner Backrezepte auf größere Quantitäten eingestellt war, ich aber die Absicht hatte, durch Quantität zu ersetzen, was vielleicht an der Qualität zu beanstanden sein würde, ließ ich meine Phantasie walten und schlug nach Gutdünken Zutaten in die Schüssel. Am gleichen Abend noch hatte ich den Tortenboden fertig, er war schwer, riesig und sah vielversprechend aus.
    Der nächste Morgen kündete einen schönen Tag an, einen Tag, wie geschaffen für eine Geburtstagsgesellschaft. Ich machte die Tortenfüllung und eine Zuckerglasur in rosa, hellblau und weiß. Es wurde ein Prachtstück, und um es zu krönen, zierte ich es noch mit der Aufschrift »Herzlichen Glückwunsch« in braunem Schokoladenguß und steckte in die Mitte ein Fähnchen in den amerikanischen Farben. Bob fuhr zum Laden an der Wegkreuzung und kaufte ein paar Seidenstrümpfe und eine Glückwunschkarte. Auf dem Rückweg nahm er Birdie mit, die unsere Kleine hüten wollte. Punkt vier Uhr verstauten wir meinen Torten-Turmbau in den Wagen und zogen los. Je weiter wir in die Niederung kamen, desto heißer wurde es, und bei den Kettles war die Luft wie in einem Bruthaus. Im Farmhof stand ein Wagen neben dem anderen, denn sämtliche fünfzehn Sprößlinge mitsamt ihren Frauen, Männern, Kindern und Schwiegereltern waren erschienen. Mrs. Kettle strahlte über das ganze Gesicht. Sie hatte sich in ein rosa Kleid geworfen, an dem leider vorne zwei Knöpfe fehlten. Sooft sie sich vorbeugte, sah man ihren Busen schwabbeln. Ich übergab ihr unser Geschenk, und sie drückte mich an sich und küßte mich. Als sie die Strümpfe auspackte, entrang sich ihrem Herzen der Stoßseufzer: »Gott sei Dank, jetz brauch ich die verdammten alten Stinkdinger nich mehr anzuziehen.«
    Die Torte sollte ich auf die Terrasse stellen, meinte sie. Dort sei die Festtafel gedeckt. Die Festtafel bestand aus einem über Böcke gelegten großen Brett, das mit einem Tischtuch aus farbigem Dekorationspapier gedeckt war. Der Hühnermist war beinahe ganz vom Boden und Geländer gescheuert, und vom Gebälk hingen zwei Fliegenfänger aus Ölpapier, an denen schon eine Unmenge Fliegen klebte, aber mindestens ebenso viele amüsierten sich noch in unbeschränkter Freiheit. Die kleine Fahne auf meinem Kuchen verlor etwas von ihrer stolz gereckten Haltung, da bei der Hitze der Zuckerguß weich wurde. Die Aufschrift drohte, sich an einer Seite zu verwischen; bevor ich in die überfüllte Küche zurückging, schob ich die Platte mit der Torte ans äußerste Ende der Tafel, wo noch am meisten Schatten war.
    In der Küche machte ich den Vorschlag, doch das Klosett mit einer, wenn auch nur provisorischen, Tür abzudichten, damit man bei Tisch nicht stets den appetitverderbenden Anblick dieser Lokalität vor Augen habe. »Keine schlechte Idee«, gab Mrs. Kettle zu. »Aber ob Sie einen der Männer dazu bringen, ’n Finger krumm zu machen, is so ’ne Sache. Ich glaub’s nich. Rufen Sie mal, sie treiben sich alle hinten im Garten rum.«
    Ich rief aus vollen Lungen, aber keiner der Herren der Schöpfung nahm sich die Mühe, mir zu antworten. Sie saßen da, tranken Bier, Whisky und Wein, redeten über männliche Dinge wie Schießen und Jagen und interessierten sich herzlich wenig für das, was ich ihnen zu sagen hatte. Bob war der einzige, der reagierte, und seine Reaktion war nicht ermunternd. Er warf mir einen wütenden Blick zu, weil ich ihre Unterhaltung störte, und wandte sich gleich wieder ab.
    Wir Frauen tranken Kaffee, während wir emsig Kartoffeln zu Salat schälten, Braten auf Schüsseln garnierten, eingemachte Gurken aus den Gläsern nahmen und Brot schnitten. Es war schrecklich heiß in der Küche, und doch mußten wir die ganze Zeit das Feuer unterhalten, weil Mrs. Kettle stets neue Vorräte von Zimtrollen in das Backrohr schob und frischen Kaffee aufbrühte. Ich öffnete die Tür zum Allerheiligsten, zur guten Stube, damit von dort her etwas Kühle wehe, aber sogleich nahmen die Kinder von dem sonst versperrten Spielparadies Besitz; Mrs. Kettle jagte sie hinaus und verschloß hinter ihnen die Tür, womit der kühle Luftzug wieder abgeschnitten war.
    Abgesehen von der Hitze herrschte auch ein
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