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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich
Autoren: Betty McDonald
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der von den Zuschauern hereingebracht wurde und wie ein Fliegenschwarm über dem Saal lagerte, und einen Schneeflockenwalzer, den zehn kleine Indianer produzierten, an denen das einzige Weiße ihre Augäpfel waren.
    Das war Abteilung »Thehater« gewesen, Abteilung »Tahanz« lernten wir kurz darauf kennen. Jeden Samstagabend fand solch ein »Tahanz« statt; der Schauplatz konnte noch so weit von der heimatlichen Farm entfernt sein und die Straßen noch so holprig, keiner ließ sich das Vergnügen entgehen. Die Farmer und ihre Frauen kamen, um zu tanzen, die von ihnen gestifteten Nahrungsmittel zu vertilgen und Staat zu machen; die Holzfäller und Arbeiter der Sägemühlen strömten herbei, weil dies eine Gelegenheit war, sich zu betrinken. Aus dem Tanzen machten sie sich nichts. Ein Weilchen beobachteten sie die tanzenden Paare, standen linkisch am Rande der Tanzfläche herum und trollten sich dann; wenn sie wiederkamen, waren sie sinnlos betrunken und suchten Streit. Gegen Morgen lagen sie entweder schlafend in ihren Wagen oder, wenn sie noch die Kraft gehabt hatten, in die nächste Stadt zu fahren, hockten sie in einer Schenke, die die ganze Nacht offenblieb, und zechten weiter. Die Indianer tanzten, tranken und stritten; sie trugen ihre Kämpfe im Saal aus. Hatte man den Saal einmal betreten, konnte man ihn nicht mehr verlassen, es sei denn, man zahlte das zweite Mal Eintrittsgeld. »Das haben wir so angeordnet«, klärte Mrs. Hicks uns auf, »damit die Pärchen sich nicht zu ihren Wagen hinausschleichen, trinken und Sie wissen schon was machen.« »Nein, was?« fragte Bob hinterhältig.
    Erst im September unseres zweiten Jahres auf der Farm bot mir Bob das Vergnügen an, mich zu solch einem Tanzfest zu führen. »Alle zwei Jahre ein Tanzabend, das wird dich nicht verderben«, lachte er. Und so zogen wir mit den Hicks zusammen los. Ich hatte keine Ahnung, was ich anziehen sollte, doch als ich Bob um Rat fragte, machte er sein undurchdringlichstes Gesicht, und ich ließ ihn lieber ungeschoren. Nach längerem Überlegen entschloß ich mich dazu, mein Kostüm und die Schlangenlederschuhe, die so schrecklich drückten, aber sehr dekorativ waren, anzuziehen. Als ich die Festversammlung sah, stellte ich fest, daß ich mir meine langen Überlegungen hätte sparen können, denn vom simplen Hauskleid bis zum feierlichen Abendkleid wäre alles angebracht gewesen. Mrs. Hicks hatte sich in Gala geworfen; sie trug ein hellblaues Kleid mit dem vielgepriesenen »Blumenmuster«, hatte sich die Lippen mit einem orange Lippenstift beschmiert, die Löckchen neckisch in die Stirn gezogen und zur Feier des Tages kräftig »Rusch« auf die Wangen gekleckst. Mr. Hicks hatte sich in seinen besten Anzug gezwängt, den engsten Kragen, den er finden konnte, angeknöpft und seine Haare in der Mitte gescheitelt, mit viel Wasser glattgestrichen, sie seitlich heruntergekämmt und dann zwei Strähnen beidseitig vom Scheitel straff nach hinten gezogen; es war eine kunstvolle Frisur, die ihm viel Würde verlieh, was aber leider durch den penetranten Lysolgeruch, der von ihm ausging, etwas beeinträchtigt wurde. Mrs. Hicks hatte ihren Gatten vermutlich veranlaßt, sich Lysol ins Badewasser zu schütten. Sie selbst war ebenfalls mit Lysol und Rawleigh Nummer fünf parfümiert. Bob sah fabelhaft aus, benahm sich sehr gut erzogen und hatte bald einen kleinen Schwips.
    Als wir gegen halb neun Uhr vor dem Lokal, in dem der »Tahanz« abgehalten wurde, vorfuhren, herrschte schon reges Treiben. Hunderte von Wagen standen bereits dort, andere kamen gleichzeitig mit uns; lachende Leute stiegen aus und belebten das an und für sich schon bewegte Bild, denn Vorschriften für das Parken bestanden nicht. Jeder fuhr, wie und wo er wollte, in den Hof, drehte den Motor ab und ließ seinen Wagen stehen. Mrs. Hicks dirigierte ihren Gatten, umsichtig wie sie war, zu einem Plätzchen in einer Seitenstraße, damit wir ungehindert jederzeit aufbrechen konnten. Wir kamen an einigen Wagen vorbei, in denen schon trinkende Pärchen saßen, was von Mrs. Hicks mit strafenden Blicken registriert wurde. Bob kaufte die Eintrittskarten und reichte sie dem Türhüter, der auf unsere Handrücken mit einem Gummistempel in roter Tinte »bezahlt« druckte. Der Tanzsaal war mit Girlanden und Kreppblumen festlich geschmückt; die Heizung funktionierte tadellos, und die dichtgedrängten Tänzer taten das ihrige, so daß es entsetzlich warm war. Rund um den Saal, an den Wänden entlang,
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