Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich
Autoren: Betty McDonald
Vom Netzwerk:
unbeschreiblicher Lärm im Raum. Die Mütter kleiner Kinder hatten sich von ihren Sprößlingen nicht trennen können und wiegten sie auf dem Schoß. Die Kinderlosen mußten helfen, Platten und Schüsseln für so viele hungrige Mäuler zu richten, und dazu plätscherte munter die Unterhaltung. Sie drehte sich um Sexuelles, um Holzfällen, um Sexuelles, um Kochen, um Sexuelles, um Nähen, um Sexuelles, um Krämpfe und kehrte immer wieder zum Lieblingsthema zurück. Jedes in diesem Zusammenhang existierende Wort, manche davon hatte ich nur sehr selten und andere nie gehört, wurde ins Gespräch geworfen. Und in der Aufregung um dieses Thema wurden die Kinder, falls sie durch ihr Plärren die Mütter daran hinderten, jede Bemerkung, die fiel, zu vernehmen, mit den unglaublichsten Bezeichnungen beschimpft und zur Ruhe gewiesen. Nie habe ich Menschen gesehen, die nötiger eine Portion »Herz-Medizin« gebraucht hätten; wie Bob mir später erzählte, übertrafen die Männer ihre Frauen noch. Wenn sie nicht gerade mit Einschenken beschäftigt waren oder damit, sich gegenseitig Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände aus dem Wagen zu stibitzen, prahlten sie mit den tollen Erlebnissen, die sie auf Grund ihrer unwiderstehlichen Männlichkeit vor oder während der Ehe gehabt hatten. Mrs. Kettle lachte wohl dann und wann, fühlte sich aber ebenso unbehaglich wie ich, wenn die Erzählungen der Damen gar zu deutlich wurden. Wir beide unterhielten uns über Einmachen und atmeten erleichtert auf, als alles fertig war und man sich zu Tisch setzen konnte.
    Plaudernd, lachend, kichernd und auch schimpfend ergoß sich die Menschenansammlung auf die Terrasse. Die Männer hatten bereits zuviel getrunken und waren über Gebühr laut.
    Als wir Platz genommen hatten, schlug ich vor, zu Ehren des Geburtstagskindes »Wir gratulieren« anzustimmen. Zu spät merkte ich, daß ich eine Dummheit begangen hatte, denn nach dem »Wir gratulieren« war die Sangesfreude erwacht, und die Reihe der Darbietungen wurde mit »Zeig mir den Heimweg« und einer sehr unanständigen Fassung von »Kleine rote Flügel« fortgesetzt. Elwin war ausgeschickt worden, um Paw zu suchen, der irgendwo bei den Ställen steckte. Als der Gesuchte endlich erschien, bot er ein unbeschreibliches Bild. Um sich vor Fliegen zu schützen, hatte er sich einen großen Strohhüt von Maw übergestülpt und weit ins Gesicht gezogen. Oben auf dem Strohhut wippte eine künstliche Rose. Aus Angst vor Luftzug trug er ein gestricktes Kleid aus jadegrüner Wolle, aber der faltige Rock schien ihn beim Melken gestört zu haben; er war vorne mit Nadeln aufgesteckt, was ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Ballettröckchen verlieh. Was die komische Wirkung des grünen Kleides und des schwarzen Hutes mit der wippenden Rose besonders unterstrich, war die Tatsache, daß Paw hohe Zugstiefel an den Füßen hatte und im Mund eine dicke Zigarre. Fast wäre ich herausgeplatzt, so grotesk sah er aus. Aber darauf bedacht, den Scherz für die anderen nicht zu verderben, biß ich die Zähne zusammen und warf nur Bob einen heimlichen Blick zu. Er schüttelte heftig den Kopf und bedeutete mir, ernst zu bleiben. Erstaunt sah ich mich um, und wahrhaftig, niemand verzog bei Paws Erscheinen eine Miene. Er selbst kam um den Tisch herumgeschlendert und ließ sich in den Sessel neben Maw fallen, ein Bein mit dem mistverschmierten Stiefel unbekümmert über das Tischende schwingend. »Wo warst du denn so lange, Paw, dein Kaffee is kalt geworden«, war alles, was Maw dazu zu sagen hatte! »Das is das Strickkleid, Helen, das mir Myrt aus New York geschickt hat. ’ne häßliche Farbe, findst du nich?«
    Nach dem Essen lungerten die Männer wieder im Garten herum, und die Frauen wuschen das Geschirr ab. Als Bob und ich uns verabschiedeten, war im Hof gerade ein heftiger Streit darüber im Gange, wer wem was aus dem Wagen gestohlen hatte. Die Torte war trotz verlaufenem Zuckerguß ein voller Erfolg gewesen.
    Aus dem Kino machten wir uns nicht viel. Erstens war es beschwerlich, mit dem Wagen siebzig bis hundert Meilen über Land fahren zu müssen, um einen Film zu sehen, dann wieder die siebzig oder hundert Meilen zurückzufahren und am nächsten Morgen um vier Uhr aufzustehen. Zweitens aber behauptete Bob, in den Kinosesseln nicht bequem sitzen zu können. Er schlief prinzipiell während des Hauptfilms und verfolgte nur die Wochenschau in wachem Zustand. Und ich konnte Filme nur noch von einem einzigen Blickpunkt aus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher