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Das echte Log des Phileas Fogg

Das echte Log des Phileas Fogg

Titel: Das echte Log des Phileas Fogg
Autoren: Philip José Farmer
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lassen.
    Eine sorgfältige Nachforschung hatte keine Beweise dafür erbracht, daß weitere Personen dem Mahlstrom lebend entronnen waren. Das konnte selbstverständlich auch heißen, daß es den Capellanern gelungen war, dafür zu sorgen, daß ihr Geheimnis ein Geheimnis blieb. Darin waren sie sehr fähig und geübt.
    Vielleicht, dachte Fogg, war das der Grund für die plötzliche Unordnung; für Forsters Abberufung an einen unbekannten Bestimmungsort und Passepartouts Ankunft mit dem Distorter – dem einzigen, den die Eridaner besaßen.
    Er erklomm die Stufen zum Reform-Club. In der Tat hatte er die Möglichkeit, daß es weitere Überlebende gab, in Erwägung gezogen, doch nach seinen Berechnungen sprachen die Umstände in so hohem Maße dagegen, daß die Wahrscheinlichkeit äußerst gering ausfiel.
    Aber wenn eine weitere Person zum Überleben imstande gewesen war, dann zweifelsohne genau diese. Es mochte sein, daß er, Fogg, Statistik mit Wunschdenken vermählt hatte.

3
     
    Der Reform-Club war politischen Ursprungs; die Liberalen beider Häuser des Parlaments hatten ihn gegründet, damit er sie dabei unterstütze, zwischen 1830 und 1832 den Reformgesetzentwurf durchzubringen. Nach heutigen Maßstäben ging es dabei aber keineswegs um demokratische Veränderungen. Das Reformgesetz regelte die Neuverteilung der Parlamentssitze und verschaffte dem neuen Mittelstand der Industriestädte jene politische Vertretung, deren er zuvor ermangelt hatte, und entledigte ihn der ›faulen Krämerseelen‹. Es stellte die Radikalen nicht zufrieden (die wir nach modernen Vorstellungen als reichlich konservativ betrachten müssen), doch es war ein Schritt näher zu einer repräsentativen Regierungsform. Warum Fogg diesen Club anderen vorzog, ist unbekannt. Offensichtlich hegte er nicht das leiseste Interesse an der Politik. Wenigstens vermerkt Verne keine politischenÄußerungen Foggs, und trotz eingehender Prüfung ließ sich sein Name in keinem amtlichen Wählerverzeichnis finden.
    Das Clubgebäude war ein prachtvolles Bauwerk in italienischem Stil, vermutlich nach Vorbild des von Michelangelo entworfenen, berühmten Palazzo Farnese in Rom. Es umfaßte 6 Etagen und 134 Räume. Im Mittelpunkt befand sich ein großes Treppenhaus von 12 m mal 13,2 m und der Höhe des ganzen Gebäudes. An den Gesellschaftsraum grenzten eine Bibliothek und ein Zimmer für die Kartenspieler. Letzteres war Foggs eigentliches Ziel.
    Zuvor jedoch begab er sich zur Mahlzeit in den Speisesaal, aus dessen neun Fenstern man Ausblick auf einen Garten besaß. Er belegte seinen Stammplatz an der Tafel, wo man bereits für ihn gedeckt hatte; er verzehrte sein Essen, das er nicht zu bestellen brauchte, da er immer das gleiche aß.
    Um 12.47 Uhr erhob er sich und suchte den Leseraum auf. Dort etablierte er sich; ein Diener reichte ihm die Times. Fogg öffnete die Zeitung, indem er die Seiten mit einem kleinen scharfen Klappmesser aufschlitzte; er las darin bis 15.45 Uhr. Unaufgefordert händigte man ihm sodann den Standard aus. Zum Abendessen erhielt er die gleiche Mahlzeit wie am Mittag. Daraufhin zog Mr. Fogg sich in den Waschraum zurück, eine Begebenheit, die zu erwähnen Verne diskret vermeidet. Da er die inneren Vorgänge seines Körpers so gut beherrschte wie die äußeren Regungen, erschien Fogg pünktlich um 17.40 Uhr wieder im Leseraum. Er saß dort eine halbe Stunde lang und las die Morning Chronicle. Ein guter Beobachter hätte festgestellt, daß er den Blick häufiger als gewöhnlich von der Zeitung erhob, und wäre womöglich zu der Schlußfolgerung gelangt, daß Mr. Fogg jemanden erwartete. Falls diese Person eintraf, so rief ihr Auftauchen bei Mr. Fogg keine sichtliche Reaktion hervor.
    Offenbar – was immer das Zeichen 1°C auch ankündigen mochte – entwickelten sich die Dinge nur langsam. Wenn Eile oder gar Verzweiflung den Ablauf der bevorstehenden Operation bestimmten, war es auf keinen Fall offensichtlich. Mr. Fogg las mit erstaunlicher Schnelligkeit alle drei Zeitungen bis auf das letzte Wort; diese Tatsache war um so bemerkenswerter, berücksichtigte man, daß er anscheinend auf jede andere Art von Lektüre verzichtete. Niemand im Club hatte Fogg jemals etwas anderes als die Zeitungen lesen sehen, und daheim las er mit Gewißheit überhaupt nicht, da es im Haus Saville Row 7 keinerlei Bücher gab. Und doch schien er überall gewesen zu sein und alles über die entferntesten Orte der Welt zu wissen. Woher stammten diese
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