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Das echte Log des Phileas Fogg

Das echte Log des Phileas Fogg

Titel: Das echte Log des Phileas Fogg
Autoren: Philip José Farmer
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Verlauf, bis er den Piccadilly erreichte. Nachdem er ihn, ohne den Droschken und Karren, die sich, so weit das Auge reichte, durch diesen Verkehrsknotenpunkt drängten (der Londoner Verkehr war schon vor einem Jahrhundert ein Ärgernis und eine Gefahr), erhöhte Beachtung zu schenken, durchquert hatte, wandte er sich ostwärts, bis er zur schmalen Church Street kam; dort bog er nach rechts ab; das tat er nochmals, als er die Jermyn Street erreichte, ging einige Schritte weit hinein und überquerte sie dann, um die Duke of York’s zu betreten. Auf diesem Wege gelangte er zum St. Jame’s Square; von dort aus kreuzte er die Pall Mall und befand sich nun nahe beim Reform-Club. Dessen beeindruckendes und berühmtes Clubgebäude liegt in der Nachbarschaft des Travellers’ Club, der niemandem die Mitgliedschaft gewährt, der nicht vom Ausgangspunkt London eine Strecke von wenigstens 800 km Luftlinie gereist war. Obschon Mr. Fogg – vor seinem Wettlauf um den Erdball so gut wie danach – mit Leichtigkeit in diesen Club hätte eintreten können, war er niemals Mitglied.
    Schräg gegenüber lag der Athenaeum Club, welcher bestrebt war, Persönlichkeiten aus der Welt der schönen Künste und der Wissenschaften sowie ihre hervorragenden Gönner in seiner Mitte zu vereinigen. Dies ist jene Institution, die sich in den Geschichten Sherlock Holmes’ ›Diogenes Club‹ nennt. Zu diesem Zeitpunkt allerdings war Mycroft Holmes, sein späteres Mitglied, erst 26 Jahre alt; sein Bruder Sherlock gar erst 18 Jahre. Doch sollten die Wege des jüngeren Holmes und eines der vielen Fußgänger, die man an diesem Tag auf der Pall Mall sah, sich viele Jahre später kreuzen.
    Obwohl Fogg, so schien es, weder nach rechts noch nach links blickte, als säße er in einer Kutsche, die er nicht lenkte, entging ihm wenig. Deshalb bemerkte er auch den hochgewachsenen, breitschultrigen, ungefähr 40 Jahre alten Gentleman, der unter einer Tür stand und sich eben eine Zigarre anzündete. Nur der alleraufmerksamste Beobachter hätte gesehen, daß Foggs Schritt in diesem Moment kaum merklich stockte. Nur eine Person in unmittelbarer Nähe und mit äußerst scharfem Blick hätte erkannt, daß Foggs Wangen in diesem Moment um eine geringfügige Schattierung erbleichten.
    Seine Lippen öffneten sich einen winzigen Spalt breit, und er hauchte einen Namen.
    Weitere verräterische Anzeichen gestattete er sich nicht. Er ‘ schritt so gleichmäßig aus, wie ein Planet seiner Bahn folgt, aus der nur die Sonne ihn werfen kann, wenn sie sich in eine Nova verwandelt.
    Doch hinter seiner gleichmütigen Miene explodierten Millionen mikroskopischer Sonnen, als Neuronenstrom auf Neuronenstrom durch sein Hirn schoß, Neuralzentrum auf Neuralzentrum funkensprühende Aktivität entfaltete. Konnte es wirklich er gewesen sein? Oder hatte er sich geirrt? Immerhin hatte er den Mann auf der anderen Straßenseite und obendrein im Schatten einer Tür gesehen. Das Gesicht war unkenntlich gewesen; das Streichholz, mit dem er die Zigarre anzündete, hatte sein Gesicht erhellt, doch zugleich war es von der Hand, welche das Flämmchen abschirmte, verdeckt worden. Der Körperbau allerdings ähnelte dem jenes Mannes, dessen Name Foggs Lippen fast lautlos entflohen war. Fogg hatte auch nicht erkennen können, ob seine Augen ungewöhnlich weit voneinander abstanden.
    Überdies war Foggs Blick zu kurz ausgefallen, um ihm eineÜberprüfung seines ersten Eindrucks zu ermöglichen. Und je weiter er sich von dem Mann entfernte, um so mehr verstärkte sich seine Überzeugung, daß er nicht jener sein konnte, für den er ihn gehalten hatte. Warum hätte er dort stehen sollen, in Foggs Sichtweite? Was könnte er sich davon versprechen, sich Fogg zu zeigen und ihn auf diese Weise wissen zu lassen, daß er lebte und sich an seine Fersen geheftet hatte? Wäre er aus Prahlerei dazu imstande? Oder war es ein Versuch, den Unerschütterlichen zu erschüttern?
    Wie könnte er überhaupt am Leben sein? Wie hätte er entkommen können? Soviel Fogg wußte, hatten außer ihm nur drei Personen überlebt. Dennoch, eine Zeitlang hatte er geglaubt, er sei als einziger nicht ertrunken, später jedoch erfahren, daß andere ebenfalls sehr viel Glück gehabt hatten. Die anderen Überlebenden waren französischer und kanadischer Herkunft gewesen, und die Wahrscheinlichkeit war gering, daß er ihnen jemals wieder begegnete. Trotzdem hatte er sich für diesen Fall, damit man ihn nicht erkannte, den Bart wachsen
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