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Das Echo

Titel: Das Echo
Autoren: Minette Walters
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und den Tag seines Todes vermeldete, und in einem Eckchen des Krematoriums aufbewahrt wurde. Keine der beiden Angaben stimmte: Der Tote war nicht auf den Namen Billy Blake getauft gewesen, und der Pathologe hatte den Zeitpunkt seines Todes aufgrund falscher Temperaturmessungen um einige Stunden verfehlt.
    Wer immer auch Billy Blake gewesen war, er starb am Dienstag, dem 13. Juni 1995.
     
    Die beiden Besucher, die wenige Tage später kamen, um sich Billy Blakes Urne anzusehen, blieben unbemerkt. Der ältere Mann zeigte mit kurzem Finger auf die Inschrift und sagte spöttisch: »Na bitte, was hab’ ich dir gesagt? Gestorben am 12. Juni 1995. Genau an dem beschissenen Montag. Also, bist du jetzt zufrieden?«
    »Wir hätten ein paar Blumen mitnehmen sollen«, sagte der Jüngere mit einem Blick auf die üppigen Kränze, die andere Trauernde kürzlich Verbrannten als letzten Gruß hinterlassen hatten.
    »Wozu? Billy ist tot, und mir ist noch keine Leiche begegnet, die auf Blumengebinde Wert legt.«
    »Ja, aber -«
    »Aber nichts«, sagte der alte Mann entschieden. »Ich sag’ dir doch, der Alte ist tot.« Er stieß den Jüngeren vorwärts. »Sieh nach, ob ich recht hab’, und dann verschwinden wir hier.« Mit einem Ausdruck des Abscheus in dem verwitterten Gesicht sah er sich um. »Ich hab’ mich in so’ner Umgebung noch nie wohl gefühlt. Es bringt nichts, zuviel über den Tod nachzudenken. Der kommt auch so früh genug.«
     
    Obwohl Mrs. Powell ihre Garage innerhalb von sechs Wochen dreimal von drei verschiedenen Reinigungsfirmen hatte reinigen lassen, entledigte sie sich ihrer Kühltruhe, ging dafür häufiger einkaufen und ließ ihren Wagen in der Auffahrt stehen. Ihr Nachbar machte seine Frau darauf aufmerksam und meinte, es wäre ein Jammer, daß es keinen Mr. Powell gäbe. Kein Mann würde eine absolut brauchbare Garage leer stehen lassen, nur weil ein Landstreicher darin gestorben war.
    (Auszug aus Ungelöste Kriminalfälle des zwanzigsten
Jahrhunderts von Roger Hyde, London 1994)

Vermißte Personen
    Wie viele Menschen genau jedes Jahr in Großbritannien ihren Wohnsitz für immer verlassen, bleibt ein Geheimnis, aber wenn wir »vermißt« mit »Aufenthaltsort unbekannt« gleichsetzen, dürfte die Zahl in die Hunderttausende gehen. Nur ein äußerst geringer Prozentsatz dieser Fälle erregt öffentliches Aufsehen, meist handelt es sich dabei um Kinder, die entführt und später ermordet wurden. Das Verschwinden Erwachsener gerät selten ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Der berühmteste Vermißte jüngerer Zeit ist der Earl of Lucan, der am 7. November 1974 nach der brutalen Ermordung Sandra Rivetts, des Kindermädchens seiner Kinder, und einem Mordversuch an Lady Lucan aus dem Haus seiner Ehefrau, mit der ihn nichts mehr verband, verschwand. Weder wurde er je wieder gesehen, noch wurde seine Leiche gefunden, aber der Grund seines Verschwindens scheint klar zu sein. Rätselhafter ist das Verschwinden zweier anderer »Vermißter«: Peter Fenton, Inhaber des Order of the British Empire , ein hochstehender und ehrgeiziger Diplomat, und James Streeter, ein Banker.
Der Fall des verschwundenen Diplomaten - Peter Fenton
    Das Verschwinden Peter Fentons am Abend des 3. Juli 1988, wenige Stunden bevor die Leiche seiner Frau im Schlafzimmer ihres gemeinsamen Hauses in Knightsbridge entdeckt wurde, sorgte in der britischen Presse für eine Sensation. Das Haus steht kaum einen Kilometer von dem Ort entfernt, an dem sich fast vierzehn Jahre zuvor die Lucan-Tragödie abgespielt hatte, und es gab verblüffende Parallelen zwischen Peter Fenton und Lord »Lucky« Lucan. Beide Männer hatten sich in ähnlichen gesellschaftlichen Kreisen bewegt, und von beiden war bekannt, daß sie zuverlässige Freunde hatten, die bereit gewesen wären, ihnen zu helfen; die Fahrzeuge beider Männer wurden später verlassen an der Südküste Englands aufgefunden, was zu Spekulationen Anlaß gab, sie seien über den Kanal nach Frankreich geflohen; selbst in ihrer äußeren Erscheinung gab es verblüffende Ähnlichkeiten: Beide waren groß, dunkel und im konventionellen Sinn gutaussehend.
    Doch alle Vergleiche mit dem Fall Lucan fanden ein Ende, als die Polizei bekanntgab, daß sie nach eingehender Untersuchung des Hauses und der Toten überzeugt sei, daß Verity Fenton Selbstmord verübt habe. Sie hatte sich am Abend des 1. Juli, während Peter Fenton zu einem fünftägigen Besuch in Washington weilte, an einem Deckenbalken auf dem Speicher ihres
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