Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit

Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit

Titel: Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit
Autoren: Max Frei
Vom Netzwerk:
Lokal anlangt, haben Sie völlig Recht. Hier wartet man nämlich lange aufs Essen«, pflichtete der Pressezar mir bei.
    »Setzen Sie sich doch zu mir«, schlug ich vor. »Sofern Sie nichts anderes Vorhaben, versteht sich.«
    »Stellen Sie sich vor: Ich habe nichts anderes vor. Eigentlich hatte ich erwartet, allein zu essen, da ich sehr früh dran bin. In Juffins Dutzend gleich nach Sonnenuntergang einzukehren, ist eine ziemlich dumme Idee, aber was bleibt mir übrig? Wenn ich nicht vor Mitternacht in der Redaktion erscheine, bricht alles zusammen. Kennen Sie das?«
    »Natürlich. Ich erlebe Nacht für Nacht nichts anderes - mit dem kleinen Unterschied allerdings, dass sich ohne mich rein gar nichts bewegt.«
    »Sie Glücklicher, Max! Ohne mich bricht alles zusammen - davon habe ich mich schon mehrmals überzeugen müssen.«
    Mochi Fa trat zu uns, wünschte dem Neuankömmling etwas, das nach »Guten Abend!« klang, gab ihm eine umfangreiche Speisekarte und verschwand.
    »Wie geht es meinem Protege?«, fragte ich vorsichtig. »Ich hoffe, Sie nehmen mir nicht übel, dass ich Ihnen einen neuen Mitarbeiter vermittelt habe.«
    »Sie meinen Ande Pu? Nein, nein - ich bin sehr zufrieden mit ihm, denn seine Anwesenheit traumatisiert die übrigen Angestellten. Leider taucht er recht selten am Arbeitsplatz auf. Immerhin kann er aber sehr gut schreiben.« Rogro hielt kurz inne und fuhr dann flüsternd fort: »Das wollte ich Sie schon lange fragen: Im Frühling letzten Jahres ist Ande Pu mit Ihnen in den Wald von Mahagon gefahren. Danach hat er ein paar wirklich sensationell gute Artikel verfasst, in denen er vor allem von seinen eigenen Erfolgen berichtet hat - hat er das wirklich selbst erlebt?«
    Ich erinnerte mich daran, wie mutig der kleine runde Ande Pu in die Senke gesprungen war, in der immerfort Tote auftauchten, und nickte energisch.
    »Ja, das ist wirklich so gewesen. Er hat anderen ein ausgezeichnetes Beispiel gegeben. Ohne ihn hätte ich nicht gewusst, wie ich es je nach Hause hätte schaffen sollen.«
    »Tja«, seufzte Rogro begeistert. »Ich wusste immer, dass er zu denen gehört, die zwar viel Wirbel machen, sich in ernsten Situationen aber als tapfer erweisen.«
    »Er ist ein Musterbeispiel natürlicher Verwegenheit«, meinte ich. »Er kann zwar nicht allzu gut kämpfen, ist aber sehr geschickt darin, dem Gegner das Leben schwer zu machen.«
    »Das glaube ich«, sagte Sir Rogro lächelnd. »Als er bei mir auftauchte und meinte, er wolle Sie daheim besuchen, um einen Artikel über Sie und Ihre Katzen zu schreiben, wirkte er, als stünde er kurz vor seiner Hinrichtung. Damals hätte ich wetten mögen, dass er sich nicht trauen würde, Sie zu besuchen, sondern sich in eine gemütliche Kneipe setzt und sich alles ausdenkt.«
    »Ach«, sagte ich und musste lächeln, weil ich mich an sein plötzliches Auftauchen erinnerte. »Vielleicht hätte er das besser getan.«
    Wieder unterbrach Mochi unser Gespräch und beugte sich streng über unseren Tisch. Er sah aus, als wollte er zwei dreiste Lumpen zurechtweisen, brachte uns aber nur das Essen und verlor dabei ein paar knappe Worte über die Länder, aus denen die Gerichte stammten, mit denen er uns verwöhnte. Dann ließ er uns gnädigerweise mit dem Essen allein.
    Begeistert sah ich dem majestätisch wirkenden Wirt nach und merkte, dass er zu dem Gast im dunklen Lochimantel ging, ein paar Worte mit ihm wechselte und sich dann mit dem Zeigefinger an die Schläfe tippte. Offenbar war diese Geste nicht nur in meiner alten Heimat bekannt. Dann verließ Mochi rasch den Tisch, und der Mann im dunklen Mantel stand auf und verließ das Lokal. Meine Neugier war erwacht, und ich nahm mir vor, Mochi zu fragen, was der Brillenträger Dummes gesagt hatte.
    Sir Rogro und ich begannen zu essen. Als wir unser Gericht vertilgt hatten, beschlossen wir, uns zu duzen. So demokratisierend wirkt die Atmosphäre in Juffins Dutzend! Der langsame Prozess, aus einer Bekanntschaft eine Freundschaft werden zu lassen, war auf gutem Weg. Ich begann, mich in diesem Lokal als Stammgast zu fühlen, entspannte mich, lächelte breit und hätte beinahe zu schnurren begonnen.
    Den Zwischenfall mit dem Brillenträger allerdings vergaß ich dennoch nicht, und als Mochi mir die zweite Portion Kamra brachte, sagte ich zu dem finster blickenden Wirt: »Ich bin der neugierigste Mensch in dieser schrecklichen Stadt und brenne auch jetzt wieder vor Wissbegier. Erzählen Sie mir doch, was Ihnen der Mann in Brille und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher