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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Autoren: Max Frei
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waren so energisch, dass er beinahe aus der Sänfte gestürzt wäre.
    »Tragt auf, der strenge Sir Juffin ist da!«, rief er fröhlich.
    Schnell stufte ich das Ganze als hiesige Begrüßungsformel ein. Doch das war falsch, denn der Hausherr hatte sich einen Scherz erlaubt. Ich wollte mich schon darüber ärgern, dachte mir dann aber: Egal, was kommt - meine Gesundheit geht vor. Wollen Sie ein Wochenende in Gesellschaft des wilden Max verbringen, lieber Juffin? Ihr Wunsch wird sofort erfüllt! Ich muss nur tief einatmen und mich ein wenig entspannen, aber dann ...
    Das gelang mir leider nicht, und ich geriet wieder in Verlegenheit. Ein minderjähriges, geschlechtsloses Wesen kam auf mich zu. In Echo braucht man ein geübtes Auge, um Jungen und Mädchen zu unterscheiden. Alle tragen die gleiche Kleidung und binden das Haar zum Pferdeschwanz zusammen, damit es nicht stört. Das Kind trug einen Korb voll kleiner, leckerer Brötchen, die ich sehr mochte und die Kimpa mir immer zum Frühstück servierte. Es wandte sich mit seinem Gebäck zuerst an mich, und ich stand völlig allein und hilflos da. Juffin war in einer anderen Zimmerecke abgesetzt worden und befand sich gerade neben einem gastfreundlichen Nikolaus aus der Zeit des Römischen Imperiums. Schweigend nahm ich ein Brötchen. Das Kind streifte mich mit einem erstaunten Blick, zeigte ansonsten aber keine Reaktion. Als es auf die anderen Herren zuging, die mehr Erfahrung mit solchen Situationen hatten, verstand ich: Ich war zu bescheiden gewesen! Juffin und Sir Makluk hingegen nahmen mehrere Gebäckstücke und schoben sie in die geräumigen Taschen ihres Halbmonds. Wie es aussah, würde ich hungrig bleiben!
    Inzwischen wechselten meine Träger von einem Fuß auf den anderen - offenbar weil sie nicht wussten, wohin sie mich bringen sollten. Ihren Gesichtern nach zu schließen, war das meine Entscheidung.
    »Heb den Daumen, und sie gehen«, hörte ich plötzlich einen fremden Gedanken. »Wenn du bleiben willst, zeig ihnen die Faust.«
    »Danke, Juffin«, antwortete ich stumm und hoffte, mich an die richtige Person gewandt zu haben. »Sie retten mir gerade das Leben. Nur weiter so, bitte!«
    »Prima, du kennst dich mit Stummer Rede ja schon gut aus«, sagte er erfreut.
    Ich befolgte den ersten Teil seiner Anweisung, und die Diener trugen mich zu den anderen Gästen hinüber. Als ich nah genug war, um ihr Tun beobachten zu können, drohte ich den Trägern mit der Faust. Daraufhin stellten sie mich auf einem kleinen Podium ab, und ich konnte mich beruhigen.
    Vor jedem Podium stand ein Gericht. Man kostete und wischte sich den Mund dann mit einem der grellen Fetzen ab, die am Halbmond hingen. Danach hob man den Daumen, und die Reise ging langsam weiter. Bei Gerichten, die besonders gut schmeckten, konnte man Nachschlag nehmen.
    Die erste halbe Stunde hielt ich mich zurück. Das Essen verdiente nicht allzu viel Aufmerksamkeit. Doch dann streifte ich meine Hemmungen ab, sagte mir »Was soll's!«, und kostete alles - auch den Dschubatinischen Säufer, ein hiesiges Feuerwasser, dessen Name nicht hübsch ist, aber passend. Ich traute mich sogar, mich ins Gespräch der beiden alten Freunde zu mischen, was Sir Makluk sichtlich belustigte.
    Im Großen und Ganzen lief alles problemlos.
    Kaum hatten wir das Haus unseres Nachbarn verlassen, konnte ich nicht mehr an mich halten und fragte: »Na, wie war ich? Sie hatten Zeit genug, meinen Auftritt mit Sir Makluk zu besprechen, oder? Die Stumme Rede erlaubt das ja auch, wenn das Opfer in der Nähe ist.«
    »Die Herkunftsgeschichte, die ich mir für dich ausgedacht habe, hat sich als totaler Reinfall erwiesen«, sagte Sir Juffin und lächelte schadenfroh. Eine Weile hielt ich heroisch aus und fühlte mich wie ein Tollpatsch. Dann erklärte er: »Der Alte hat mich immer wieder mit der Frage gelöchert, woher ich so einen intelligenten Barbaren habe. Wären wir länger geblieben, hätte er dir eine Führungsposition angeboten.«
    »Das ist ja schrecklich! Und was passiert jetzt?«
    »Nichts Besonderes. In den nächsten Tagen suchen wir dir eine Wohnung, in der du so leben kannst, wie du magst. Dann hab ich dich vom Hals, und du fängst an zu arbeiten. Bis dahin hast du noch ein paar Stunden Unterricht bei mir.«
    »Unterricht worin?«
    »In interessanten Dingen. Nimm bloß nicht alles so ernst! Die Tischregeln haben wir schon hinter uns. Immerhin habe auch ich mein auskömmliches Leben als Hilfskraft mit starker Neigung zu Reiner Magie
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