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Das Echo dunkler Tage

Das Echo dunkler Tage

Titel: Das Echo dunkler Tage
Autoren: Dolores Redondo
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entnommen, das bis vor mindestens einem Monat noch bei Mantecadas Salazar benutzt wurde. Damit fuhr er dann nach San Sebastián zum Rechtsmedizinischen Institut. Eine Kollegin war so nett, die Analyse vorzunehmen. Das Mehl der Txantxangorri stammt eindeutig von Mantecadas Salazar. Alle zwanzig Mitarbeiter dürfen so viel Mehl, wie sie brauchen, mit nach Hause nehmen, also kann es sein, dass sie es auch an Familienangehörige und Freunde weitergegeben haben. Das müssen wir jetzt überprüfen.«
    Zabalza ging zurück in sein Büro, während Iriarte ungewöhnlich schweigsam war und den Bericht wieder und wieder durchlas. Amaia schloss die Tür.
    »Inspectora, ist Ihnen klar, was das für den Fall bedeutet? Das ist die heißeste Spur bislang.«
    Sie nickte.
    »Und sie führt zu Ihrer Familie.«
    »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Nicht umsonst hat der Comisario Sie mir an die Seite gestellt, aber keine Angst, ich habe ihn bereits informiert«, erklärte sie und trat ans Fenster. »Kommen Sie bitte mal her!«
    Sie sah auf die Uhr.
    »Es ist kaum eine Viertelstunde vergangen, seit das Fax eingetroffen ist, und schon ist er hier«, sagte sie und zeigte auf das Auto, das gerade vor dem Kommissariat gehalten hatte. Es war Inspector Montes. Er stieg aus und ging zum Eingang, hob aber, bevor er eintrat, den Blick. Instinktiv wichen Amaia und Iriarte einen Schritt zurück.
    »Er kann uns nicht sehen, die Scheiben sind verspiegelt«, sagte Iriarte.
    Sie ging zur Tür und sah gerade noch, wie Montes Zabalzas Büro betrat. Kurz darauf kam er wieder heraus, in der Hand einen zusammengerollten Umschlag. Amaia stellte sich wieder zu Iriarte ans Fenster. Unten sah Montes sich bedeutungsschwer um, stieg in sein Auto und fuhr los.
    »Offensichtlich haben Sie und Inspector Montes gerade nicht das beste Verhältnis. Trotzdem dürfte er nicht einfach einen Bericht mitnehmen, ohne Sie darüber zu informieren, und Zabalza dürfte ihm diesen Bericht nicht aushändigen. Andererseits ist Montes Teil des Ermittlungsteams, also ist es normal, dass er auf dem neuesten Stand bleiben will.«
    »Finden Sie es dann nicht seltsam, dass er nie an unseren Versammlungen teilnimmt?«, fragte Amaia, die es allmählich leid war, dass Männer sich gegenseitig Sachen durchgehen ließen, die sie bei Frauen heftig kritisieren würden.
    »Zabalza meinte, er sei krank.«
    »Sie haben ja gerade mit eigenen Augen gesehen, wie krank er ist«, sagte sie nun sichtlich verärgert. »Hat Ihre Frau Ihnen ihr Auto geliehen?«
    »Steht hinter dem Gebäude«, sagte er nun ebenfalls säuerlich. »So, wie Sie es mir aufgetragen haben«, fügte er in versöhnlichem Ton hinzu, um sie daran zu erinnern, dass er nicht ihr Feind war.
    Sie schämte sich für ihre Ruppigkeit, schließlich hatte Iriarte sie von Anfang an unterstützt. Um es wiedergutzumachen, sah sie ihn freundlich an, als sie ihre Handtasche von der Stuhllehne nahm.
    »Gehen wir.«
    Das Auto von Iriartes Frau war ein alter Nissan Micra, viertürig, granatrot, mit Kindersitzen auf der Rückbank. Der Inspector gab Amaia die Schlüssel. Sie brauchte eine Weile, bis sie den Sitz und die Spiegel richtig eingestellt hatte. Montes war längst verschwunden, aber das machte nichts, sie wusste ja, wohin er fuhr. Sie fuhr sogar ganz gemächlich, um ihm genug Zeit zu geben. Erst als Iriarte unruhig wurde, nahm sie die Straße nach Pamplona. Fünf Kilometer nach dem Ortsausgang tauchte rechts das Hotel Baztán auf. Sie bog ab und hielt auf dem Parkplatz. Iriarte wollte schon fragen, was sie dort wollten, aber dann erkannte er Montes’ Auto, das vor dem Restaurant stand. Amaia blieb sitzen, bis der Mercedes ankam, den sie nur zu gut kannte. Flora stieg aus, blickte sich mehrmals um und betrat das Gasthaus.
    »Deshalb brauchten Sie also das Auto meiner Frau«, sagte Iriarte.
    Wortlos forderte Amaia ihn auf, mit ihr auszusteigen. Es war schon dunkel, aber noch nicht so spät wie am Vorabend, sodass diesmal weniger Autos auf dem Parkplatz standen und sie eine gute Sicht hatten. Flora setzte sich Montes gegenüber und küsste ihn auf den Mund. Er gab ihr den zusammengerollten Umschlag, den sie sofort öffnete.
    Wie sehr sich ihr Gesichtsausdruck veränderte, war sogar auf die Entfernung deutlich zu sehen. Sie versuchte ein Lächeln, das ihr aber schief geriet. Sie sagte etwas und stand auf. Montes erhob sich ebenfalls, aber sie legte eine Hand auf seine Brust und überzeugte ihn, sich wieder hinzusetzen. Dann beugte sie sich vor,
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