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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume
Autoren: Maria Duenas
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versucht, ein Ferngespräch zustande zu bringen.«
    Und Sie durch die Jalousie, die das Büro vom Ausstellungsraum trennt, beobachtet, hätte er noch sagen können. Er tat es nicht, doch er ließ es durchblicken. Ich schloss es intuitiv aus seinem intensiven Blick, seiner volltönenden Stimme, aus der Tatsache, dass er zuerst auf mich und nicht auf Ignacio zugegangen war, und daraus, dass er meine Hand ungewöhnlich lange in der seinen behielt. Ich wusste, dass er mich beobachtet hatte, mir mit den Augen gefolgt war, als ich ziellos durch sein Geschäft schlenderte. Er hatte gesehen, wie ich mich vor dem verglasten Schrank zurechtgemacht, meine Frisur wieder in Ordnung gebracht, meinen Rock zurechtgerückt und meine Strümpfe glatt gestrichen hatte, wie ich mit den Händen langsam an meinen Beinen emporgefahren war. Aus dem Schutz seines Büros heraus hatte er meine wiegenden Hüften und jede einzelne meiner Bewegungen beobachtet. Er hatte mich taxiert, meine Figur und die Konturen meines Gesichts prüfend betrachtet. Er hatte mich mit dem sicheren Blick desjenigen studiert, der genau weiß, was ihm gefällt, und der gewohnt ist, seine Ziele mit der Direktheit zu erreichen, die ihm sein Verlangen diktiert. Und er hatte beschlossen, es mir zu zeigen. Noch nie, bei keinem anderen Mann hatte ich dergleichen wahrgenommen, nie hätte ich gedacht, bei einem anderen Menschen eine derart sinnliche Begierde wecken zu können. Doch ebenso wie Tiere Futter oder Gefahr wittern, mit demselben Urinstinkt erkannte mein Innerstes, dass Ramiro Arribas mich wie ein Wolf zu seiner Beute erwählt hatte.
    » Ihr Gatte?«, fragte er mit einer Kopfbewegung zu Ignacio hin.
    » Mein Verlobter«, stellte ich eilends klar.
    Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich meinte, in seinen Mundwinkeln den Anflug eines befriedigten Lächelns wahrzunehmen.
    » Wunderbar. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    Er ließ mich vorangehen, und dabei schmiegte sich seine Hand an meine Taille, als hätte sie ihr Leben lang darauf gewartet. Er begrüßte Ignacio zuvorkommend, schickte den Verkäufer ins Büro und nahm die Angelegenheit mit der Leichtigkeit eines Menschen in die Hand, der mit einem Fingerschnippen die Puppen zum Tanzen bringt. Wie ein Zauberkünstler mit pomadisiertem Haar, mit kantigen Gesichtszügen, einem breiten Lächeln und einem derart imponierenden, männlich-entschlossenen Auftreten, dass mein armer Ignacio daneben wirkte, als würde er noch hundert Jahre brauchen, um sich ein solches Maß an Männlichkeit anzueignen.
    Nachdem er erfahren hatte, dass wir die Schreibmaschine zu dem Zweck zu kaufen beabsichtigten, damit ich Maschineschreiben lernte, lobte er dieses Vorhaben, als wäre es eine geradezu geniale Idee. Für Ignacio war er ein kompetenter Fachmann, der technische Details und günstige Zahlungsbedingungen erläuterte. Für mich war er mehr: eine Naturgewalt, ein Magnet, meine Bestimmung.
    Es dauerte eine Weile, bis alle Formalitäten besprochen waren, und unterdessen sandte Ramiro Arribas unaufhörlich Signale aus: eine unerwartete Berührung, einen Scherz, ein Lächeln, doppeldeutige Worte und Blicke, die mich wie eine Lanze durchbohrten. Ignacio, ganz von seinen eigenen Dingen in Anspruch genommen, nahm überhaupt nicht wahr, was vor seinen Augen vor sich ging, und entschied sich schließlich für die Lettera 35, eine Reiseschreibmaschine mit runden weißen Tasten, in die sich die Buchstaben des Alphabets so elegant einfügten, als wären sie mit einem Stichel eingraviert.
    » Eine ausgezeichnete Entscheidung«, bemerkte der Geschäftsführer zum Schluss und lobte Ignacios kluge Wahl, als hätte dieser ganz allein entschieden und nicht er ihn mit dem Geschick des gewieften Verkäufers beeinflusst. » Entschieden die beste Wahl für so zarte Finger wie die Ihrer Verlobten. Darf ich mal sehen, Señorita?«
    Ich reichte ihm schüchtern meine Hand. Zuvor suchte ich mit einem raschen Blick Ignacios Einverständnis zu erlangen, doch dieser hatte sich bereits abgewandt und beschäftigte sich wieder mit dem Mechanismus der Schreibmaschine. Ramiro Arribas streichelte mich aufreizend langsam, Finger um Finger, und mit einer Dreistigkeit angesichts der Arglosigkeit meines Verlobten, mit einer Sinnlichkeit, von der ich eine Gänsehaut bekam und die meine Beine erzitterten ließ. Er ließ meine Hand erst los, als Ignacio den Blick wieder hob und sich erkundigte, wie man den Kauf der Lettera 35 nun abwickeln solle. Die beiden
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