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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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hatte geglaubt, mit dem Eintreffen der Feuerwehr wäre alles überstanden. So viele Wagen, so viele Männer, die Schläuche in den Fluss warfen und riesige Wasserbogen in die alte Fabrik schickten. Umringt von Arbeitern von Reid-Gruyn, stand sie auf der Brache, die Anlagen verbrannten, und jemand sagte: »Gott sei Dank ist es nicht in der neuen Fabrik passiert«, und sie hatte sich umgedreht und erwidert: »Mein Mann ist da drin«, und sie alle verstummten und wichen ein Stück von ihr zurück.
    Doch sie glaubte immer noch, die Feuerwehrleute würden ihn retten. Ihn und den Mann, der hineingegangen war, um ihn rauszuholen. Sie glaubte daran, bis zu dem Augenblick, in dem unter lautem Krachen und Knallen, wie bei Artilleriebeschuss, die Balken und Träger nachgaben, die die Fabrik über hundertdreißig Jahre aufrecht gehalten hatten. Das Dach fiel unter dem Dröhnen eines sterbenden Walds in sich zusammen, Flammenfontänen stiegen empor, die die Feuerwehrmänner und das Publikum voller Schrecken und Ehrfurcht zurücktaumeln ließen.
    Randy war tot.
    Sie wusste nicht mehr, was sie gedacht hatte, als sie schreiend auf das Feuer zurannte. Jemand hatte sie zu Fall gebracht und am Boden festgehalten, während sie um sich schlug und kreischte und kratzte, bis die Sanitäter erschienen und ihr eine Spritze gaben, wobei der eine auf ihrem Brustkorb kniete und ein anderer ihren Arm festhielt.
    Jetzt war sie taub.
    Mark hatte ihr einige Fragen gestellt – nach Randy und Becky Castle und Shaun Reid. Sie hatte geantwortet, weil es der schnellste Weg schien, damit er aufhörte, sie zu belästigen. Danach hatte er sie in Ruhe gelassen. Und die anderen ferngehalten.
    Draußen hörte sie jemanden weinen und Marks Stimme, und dann öffnete sich die Tür des Streifenwagens, und Rachel war da, stammelte: »Lisa, o Lisa«, mit tränenerstickter Stimme.
    Lisa ließ zu, dass ihre weinende Schwester sie umarmte und festhielt. Sie wollte ihr sagen, dass alles in Ordnung war. Wollte sie fragen, ob sie sich an den Tag erinnerte, an das Schlittenfahren und wie die Sonne unterging und an die Taubheit. Aber sie war zu müde, um zu reden. So ließ sie Rachel schluchzen und weinen und schloss ihre Augen gegen die Dunkelheit und das Licht.

Komplet
    Behüte jene, o Herr, die in dieser Nacht arbeiten oder wachen oder weinen, und lass Deine Engel die Schlafenden behüten. Tröste die Kranken, Herr Jesus, schenke den Erschöpften Ruhe, segne die Sterbenden, tröste die Leidenden, hab Mitleid mit den Geplagten, schütze die Fröhlichen; um deiner Liebe willen.
    Amen.

2:00 Uhr
    Clare ließ den Wagen ausrollen und schaltete die Scheinwerfer aus. »Da wären wir.«
    »Auf geht’s«, sagte Russ, ohne sich zu rühren. »Du musst erschöpft sein.«
    »Überraschenderweise nicht. Ich glaube, das ist die Übermüdung.« Sie hatte Hugh ins Stuyvesant Inn und Diakon Aberforth zum Pfarrhaus gebracht, ehe sie zum Algonquin Waters zurückgekehrt war – oder dem, was davon übriggeblieben war –, um Russ abzuholen. Er hatte darauf bestanden, mit einem seiner Officer zu fahren, aber als sie ihm klarmachte, dass sie sie zuerst am Pfarrhaus absetzen konnten und er ihr einen Gefallen tun würde, wenn er Hugh dessen Auto am Sonntag zurückbrachte, hatte er eingelenkt.
    »Wie geht es Mark?«, erkundigte sie sich.
    »Es geht so, denke ich. Ich habe ihn sofort freigestellt, als ich von Randy Schoof hörte. Ich glaube, sie wollen alle zu seinen Schwiegereltern fahren. Ich bin sicher, dass es den Mädchen helfen wird, wenn sie bei ihren Eltern sind.«
    »Hm. Ich muss daran denken, morgen anzurufen und sie zu fragen, ob ich irgendwie helfen kann.«
    »Du meinst heute. Wir haben Sonntag.«
    »Wirklich?«
    »Seit zwei Stunden.«
    Sie zog die Smokingjacke, die sie immer noch trug, enger um sich. Sie mochte ihren Geruch. »Jetzt bist du fünfzig Jahre und einen Tag alt.«
    »Ich habe beschlossen, dass ich bis zu meinem Sechzigsten keine Geburtstage mehr feiern werde. Vielleicht hat sich die Stadt bis dahin von diesem erholt.«
    »Ich frage mich, wie du mit sechzig Jahren wohl sein wirst?«
    »Ein alter Knacker, wie alle anderen auch.«
    Sie grinste in die Dunkelheit. »Nö. Ich wette, du bist überwältigend und sexy so wie John Glenn.«
    »John Glenn? Der Astronaut? Den findest du sexy?«
    »Klar.«
    »Du musst mal ernsthaft an deinem Vaterkomplex arbeiten, weißt du das?«
    Sie lachte.
    »Clare?«
    Etwas in seiner Stimme ließ ihr Lachen ersterben. »Ja?«
    »Ich habe heute
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