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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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erhalten, und er wollte nicht fort. Er liebte es … mit Dingen herumzuspielen. Dinge zu bauen.«
    »Dinge, die explodieren?«, fragte Clare unverblümt.
    Louisa nickte. »Ich glaube nicht, dass er sie wirklich verletzen wollte …«
    »Doch, das wollte er«, unterbrach Millie. »Er hasste sie, und er wollte Daddy und Haudenosaunee nicht verlassen. Deshalb wartete er, bis sie allein in dem alten Camp war, und zündete dann seinen Brandsatz.«
    »Gütiger Himmel«, sagte Clare, was wesentlich zurückhaltender war als das, was Russ auf der Zunge lag. »Das ist ein ziemlich großes Geheimnis, um es über all diese Jahre zu bewahren.« Sie musterte die Gesichter der beiden Schwestern. »Aber sind Sie sicher, dass Eugene deshalb auch für die Gewalt des heutigen Abends verantwortlich ist?«
    »Er hat mich im Turm eingesperrt«, sagte Millie. »Er hat während des Abendessens etwas in mein Glas geschüttet. Ich weiß nicht, was. Als ich heute Morgen aufwachte, konnte ich mich an nichts erinnern.«
    »K.o.-Tropfen vermutlich. Rohypnol«, erklärte Russ. »Macht einen besonders empfänglich für Anweisungen und radiert die Erinnerung aus. Er hätte Ihnen befehlen können, zum Turm zu laufen und die Treppen hochzusteigen, und Sie hätten es getan, ohne sich daran erinnern zu können.«
    »Er tat es, um mein Erscheinen bei der Feier zu verhindern«, sagte Millie. »Damit ich nicht verletzt werde.«
    » Mir hat er nicht gesagt, ich solle wegbleiben«, sagte Louisa. Ihr Mund klappte zu, als hätte jemand an einer Schnur gezogen.
    »Lou, ich bin sicher, dass er noch ein Ass im Ärmel hatte. Er wollte dich sicher nicht verletzen.«
    »Nein«, sagte Russ. »Nur die Führung der ACC und des GWP-Konzerns.« Die drei Frauen sahen ihn an.
    »O mein Gott«, sagte Clare. »Heute Nachmittag, als ich ihm versprochen habe, den Wein für ihn abzuliefern, bat Eugene mich, um neun Uhr den Ballsaal zu verlassen. Und meine Freunde mitzunehmen. Er sagte mir, er würde ein Feuerwerk veranstalten.«
    Sie blickten aus der offenen Hecktür des Krankenwagens in die von wirbelnden Lichtern und Farben erhellte Nacht.
    »Und das tat er auch«, sagte Clare so leise, dass Russ bezweifelte, ob die van der Hoevens sie gehört hatten.
    Sein Handy klingelte. Er entschuldigte sich und sprang aus dem Krankenwagen. »Van Alstyne.«
    »Russ? Ich bin’s, Lyle. Ich rufe an, um dich über den Brand bei Reid-Gruyn auf dem Laufenden zu halten.«
    Russ lauschte, während Lyle ihm die Neuigkeiten berichtete. Er dachte an Becky Castle, an Ed und an Shaun und an seine neue junge Frau und an Lisa, die Haushälterin. Er dachte an Mark und Rachel Durkee. Es stimmt, dachte er. Wir sind alle miteinander verwandt. Wenn nicht leiblich, dann durch Bindungen, die wir nicht einmal wahrnehmen. Bis es sie nicht mehr gibt.
    Er ging zum Krankenwagen zurück und hörte Clare gerade noch sagen: »Lassen Sie uns zumindest dafür dankbar sein. Egal, wie groß der Schaden auch ist, es sind nur Dinge. Dinge kann man ersetzen. Wenigstens wurden keine Menschen verletzt.«
    »Ich fürchte, das stimmt nicht.« Der Krankenwagen schaukelte unter seinem Gewicht, als er einstieg. »Ich habe gerade mit meinem Deputy Chief telefoniert. Er ist vor Ort bei dem Brand in der Fabrik Reid-Gruyn. Wie es scheint, wurden Randy Schoof und Jeremy Reid in der alten Fabrik eingeschlossen. Man hat ihren Tod soeben bestätigt.«
    Millie van der Hoeven brach in Tränen aus.

22:00 Uhr
    Lisa saß auf der Rückbank im Geländewagen ihres Schwagers. Es war dunkel, sehr dunkel, abgesehen vom Schein des immer noch brennenden Feuers. Ab und an kam jemand herüber und fragte, ob sie in Ordnung war, ob sie ins Krankenhaus wollte, ob sie ein paar Fragen beantworten konnte. Sie reagierte nicht; selbst wenn sie die Tür öffneten, klangen ihre Stimmen wie hinter dickem Glas, und am Ende verscheuchte Mark jeden, der sie belästigte.
    Sie ließ den Kopf zurück an die Lehne sinken. Sie war müde. So müde.
    Einmal, als sie und Rachel noch Kinder gewesen waren, waren sie einen ganzen Tag lang mit dem Schlitten einen Hügel hinter den Weiden ihres Großvaters hinuntergerodelt. Ihnen war kalt geworden, immer kälter, und schließlich hatten ihnen Finger und Zehen weh getan vor Kälte. Aber sie hatten sich gegenseitig ermuntert, bis zum Einbruch der Dunkelheit auszuharren, und Lisa hatte festgestellt, dass der Schmerz nach einiger Zeit verschwand und sie gar nichts mehr spürte.
    So ging es ihr jetzt. Sie war taub. Und müde.
    Sie
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