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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen
Autoren: Silvia Kaffke
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Mädchen eine Rasur verpasse?», sagte Kellerer und lächelte kalt.
    «Dietrich, leg das Gewehr weg und hilf mir bitte auf», sagte Lina leise, die sich neben ihren Mann gesetzt hatte. Dietrich gehorchte und zog sie auf die Füße. Mit wackligen Schritten trat sie auf Kellerer zu. «Bitte, nehmen Sie mich als Geisel. Finchen hat vier Kinder   …»
    «Und wer ist da wohl die wertvollere Geisel?»
    Kellerer entdeckte Dietrichs schweren Hammer. «Mina, nimm den Hammer mit, den brauchen wir vielleicht noch.»
    Mina gehorchte.
    «Lass uns gehen», befahl Kellerer.
    Mina warf einen langen Blick auf ihre Schwester. Aus ihm sprach tiefe Genugtuung. «Jetzt habe ich dir auch etwas weggenommen, was dir lieb und teuer ist. Du hättest mir meine Söhne lassen sollen, Lina.»
    Kellerer war mit Finchen schon im Gang, Zita stand ihm im Weg. «Mach Platz», rief er. Doch da dröhnte plötzlich ein Schuss durch die Gänge. Kellerers Blut spritzte über Finchensund Minas Rücken. Der große Mann brach zusammen und riss Finchen mit sich.
    «Hermann!», schrie Zita, während drinnen im Raum Dietrich der überraschten Mina den Hammer entwand.
    «Du, du lebst! Gott sei Dank, du lebst!»
    Hermann beachtete sie gar nicht. Er ging zu Kellerer und zog das wimmernde Finchen unter dem massigen Körper hervor. Seine Kugel hatte ihre Schläfe gestreift. Hermann hob Mathis’ herabgefallene Laterne auf und schaute sich Finchens Kopf an. «Nichts Ernstes. Da wird nicht einmal eine Narbe bleiben.»
    Dann leuchtete er Kellerer an. Die Kugel hatte ihn von hinten in den Hals gleich unterhalb des Kopfansatzes erwischt und der Menge des Blutes nach zu urteilen die Halsschlagader erwischt.
    Kellerer lebte noch, röchelnd hielt er sich mit beiden Händen die Kehle, dann verstummte er. Es war vorbei.
    «Ist das der Commissar?», fragte Hermann.
    «Ja, das ist mein Mann», sagte Lina tonlos. «Er ist   … er ist tot.»
    Hermann beugte sich zu ihm hinunter. «Zwei Schusswunden.»
    Vorsichtig drehte er den Körper auf den Rücken. Er runzelte die Stirn, dann griff er an Roberts Hals. «Er ist nicht tot», sagte er. «Der Puls ist schwach, aber er lebt.»
    «Er lebt?» Lina konnte kaum atmen. Ihr Herz schlug bis zum Hals. «Robert?» Sie ließ sich neben ihren Mann sinken.
    «Meint ihr Mädchen, dass ihr allein mit Mina fertigwerdet?», fragte Hermann Zita und Finchen, die beide lächelnd zu Lina blickten. Als sie nickten, nahm er Dietrich den Revolver ab und reichte ihn Zita. «Und du», sagte er an Dietrich gewandt, «lauf los zu Doktor Havemann und hol ihn her. Schnell!»
     
    Etwa eine Stunde später lag Robert auf einer Trage, die Dr.   Havemann samt Trägern mitgebracht hatte. Er und Hermann hatten ihn versorgt. Die Beinwunde war ernst, würde aber heilen, wenn sie sich nicht entzündete. In Roberts Brust steckte aber noch die zweite Kugel, die sie herausoperieren mussten. Glücklicherweise hatte sie das Herz verfehlt. Er war jedoch noch immer bewusstlos.
    «Ihr Mann hat viel Blut verloren, aber es gibt Hoffnung», tröstete Dr.   Havemann Lina. «Wenn die Operation erfolgreich ist, wird er schon wieder.»
    «Er war so kalt. Da dachte ich, er sei tot», sagte sie beschämt. «Ich hätte ihn genauer untersuchen sollen.»
    Havemann lächelte. «Wir sind hier in einem Gewölbe tief unter der Stadt. Da kann einem schon kalt werden.»
    Lina wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
    Dietrich hatte Mina zum Gefängnis gebracht. Hermann lehnte erschöpft an der Wand. Zita kam zaghaft zu ihm herüber.
    «Es tut mir leid, Hermann. Es tut mir alles so leid, was ich getan habe. Aber weißt du, sie hatten meine kleine Tochter, meine Resi. Am Ende ist doch alles schiefgelaufen – sie haben sie mitgenommen. Ich werde sie sicherlich nicht wiedersehen.» Sie konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Dann sah sie ihm in die Augen. «Kannst du mir verzeihen, Hermann? Kannst du mir die Lügen verzeihen?»
    «Ich muss jetzt mit Dr.   Havemann eine Operation durchführen, Zita. Und danach muss ich schlafen. Aber dann, dann kannst du mir alles erzählen, und ich verspreche dir, dass ich diesmal zuhören werde. Was dann wird, weiß ich nicht.»
    «Das genügt mir, Hermann.»
    Sie sah in den Gang. «Da kommt jemand.»
    Hermann griff nach dem Gewehr, aber dann erkannte er Ebel. Auf dem Arm trug er ein kleines Kind.
    «Resi!», rief Zita außer sich und lief ihm entgegen.
    «Sie hat mich vollgespuckt», sagte Ebel, aber den anderen kam es so vor, als würde er es
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