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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen
Autoren: Silvia Kaffke
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Lina, sondern auch er selbst einen Gehstock brauchte. Langsam, von Dietrich gestützt, ging er neben ihr über den Friedhof zu den Gräbern seiner beiden Polizeidiener.
    Sie waren nebeneinander beerdigt worden, und der Bürgermeister hatte sogar kleine Namenstafeln bezahlt. Der junge Kramer war noch Junggeselle gewesen, aber eine wichtige finanzielle Stütze für seine Eltern, und Schröder hatte eine Frau und vier Kinder hinterlassen, von denen zwei noch nicht für sich sorgen konnten. Bürgermeister Weinhagen hatte sich vorbildlich um die Familien gekümmert.
    Eine Weile standen sie an den Gräbern, und Robert legte zwei Blumensträuße auf die Tafeln mit den Namen der Männer. Dann gingen sie noch hinüber zur Familiengruft der Kaufmeisters, wo Linas Eltern und auch einige von Aaltjes Kindern, die nicht lange gelebt hatten, ruhten. Auch hier legten sie Blumen nieder.
    Lina spürte, dass der Friedhofsbesuch Robert mehr anstrengte, als er zugeben wollte. Sie wechselte einen Blick mit Dietrich und fasste Robert sanft am Arm. «Mein Lieber, das reicht für den ersten Ausflug. Geh doch schon mal vor, ich glaube, ich habe eben Bertram hier auf dem Friedhof gesehen.»
    Dietrich, der in pietätvollem Abstand gewartet hatte, eiltezum Commissar, um ihn zu stützen, und Schritt für Schritt ging es zurück zur Kutsche.
    Lina ging langsam hinüber zu den Gräbern an der Mauer. Dort war nicht etwa das Familiengrab der Messmers. Bertram, und das wunderte Lina gar nicht, stand am Grab der verrückten Kätt.
    «Du hast das Grabkreuz für sie gekauft, nicht wahr?», fragte sie, als sie ganz leise neben ihn trat.
    «Wie kommst du denn darauf?», fragte er fast ein wenig abweisend.
    «Bertram, ich habe das Kästchen, das deiner Frau gehörte und das du Kätt geschenkt hast, seit längerem in meinem Besitz. Sie hat darin das Geld aufbewahrt, das du ihr gegeben hast. Das warst doch du, oder?»
    Bertram seufzte. «Ja, das war ich. Ich dachte, ich könnte wiedergutmachen, dass ich ihr das Herz gebrochen habe.»
    «Du also. Du warst der, der versprochen hatte, sie zu heiraten.»
    «Ja. Aber dann kamen die Dampfschiffe, und meine Reederei mit ihren Börtschiffen ging fast bankrott. Dein Vater hat mich gerettet, und er schlug vor, dass ich Guste heiraten sollte, um das Geschäft zu besiegeln.» Er stockte. «Es war meine Existenz, Lina. Ich hatte einen Sohn, für den ich sorgen musste. Da musste ich meinen Verstand und nicht mein Herz sprechen lassen.»
    Lina schwieg einen Moment. Dann sagte sie: «Deine Frau war tot, es war kein Unrecht, sich in Kätt zu verlieben.»
    «Ja, aber es war unrecht, ihr Versprechungen zu machen, die ich nicht halten konnte. Und das Schlimmste ist – ich bin mir bis heute nicht sicher, ob ich sie tatsächlich jemals geheiratet hätte, selbst wenn die Umstände anders gewesen wären. Sie war eine Hure. Wir hätten Ruhrort verlassen müssen.»
    «Sie hat das Geld nie ausgegeben.»
    «Ich weiß. Wenn sie es getan hätte   … wenn sie sich damit ein ehrbares Leben aufgebaut hätte   …» Er brach ab, weil die Stimme ihm versagte.
    «Was für eine traurige Geschichte, Bertram. Auch für Guste.»
    «Du wirst ihr doch nichts sagen?» Er sah Lina ängstlich an.
    «Wo denkst du hin. Ein gebrochenes Herz reicht doch. Sie hat immer geglaubt, die tote Maria sei ihre stärkste Konkurrentin gewesen.»
    «Ich weiß.» Er sah Lina an. «Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich liebe Guste von ganzem Herzen. Sie ist eine gute Frau und Mutter und hat immer zu mir gestanden.»
    «Doch, das glaube ich dir, Bertram. Ich weiß, dass ihr beide euch liebt.» Lina lächelte. «Robert wartet übrigens vor dem Tor in der Kutsche. Es ist sein erster Tag außerhalb des Hauses.»
    «Dann lass uns doch zu ihm gehen.»
    Sie wechselten noch ein paar Worte miteinander, dann machte Bertram sich zu Fuß auf den Heimweg, und auch die Kutsche setzte sich wieder in Bewegung. Robert hielt Linas Hand und genoss die warmen Sonnenstrahlen, die durch das Kutschenfenster fielen. «Hat er wieder Blumen auf das Grab der verrückten Kätt gelegt?», fragte er Lina.
    Die sah ihn verblüfft an.
    «Woher weißt du davon?»
    «Ich bin der Polizeichef, Lina», sagte er lächelnd.
    Und dann küsste er sie.

Danksagung
    Als vor zwei Jahren mein erster historischer Krimi «Das rote Licht des Mondes» erschien, ahnte ich noch nicht, welche Auswirkungen das auf mein Leben haben würde.
    Ich hatte Ruhrort für mich entdeckt – als Wohnort und als
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