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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman
Autoren: Anne Perry
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zusteuerten. Die Kälte saß ihm in den Knochen, er war nass bis zu den Schultern, und zu seinen Füßen lagen zwei Tote.
    Schließlich erreichten sie die Stufen, die zu ihrer Wache hinaufführten. Vorsichtig legte Monk das Ruder an die Seite, richtete sich etwas steif auf und half mit, die schlaffen und triefenden Leichen die Steinstufen hinaufzuwuchten und über den Steg in den Schutz der Wache zu tragen.
    Hier war es wenigstens warm. Der schwarze gusseiserne Ofen brannte und verlieh dem ganzen Raum einen angenehm rauchigen Geruch, und es wartete heißer Tee auf sie, der so stark war, dass er ganz schwarz wirkte. Keiner von den Männern kannte Monk wirklich gut. Sie alle trauerten noch um Durban. Ihren neuen Vorgesetzten behandelten sie höflich, aber wenn er mehr von ihnen wollte, musste er sich das verdienen. Angesichts seiner sich ständig verändernden Tiden und Strömungen, gelegentlich im Wasser verborgener Hindernisse, des schnellen Schiffsverkehrs und abrupter Wetterwechsel war der Fluss ein äußerst gefährlicher Ort. Er verlangte von den Polizisten noch mehr Mut, Geschick und vor allem Zusammenhalt, als ihr Beruf dies zu Lande erforderte. Allein schon der Anstand gebot es, dass sie Monk Tee mit Rum reichten. Aber das hätten sie in dieser Jahreszeit wohl nicht einmal einem streunenden Hund verweigert. Und tatsächlich durfte Humphrey, der Revierkater, ein großes weißes Tier mit bernsteinfarbenem Schwanz, in einem eigenen Korb vor dem Ofen liegen und so viel Milch trinken, wie er wollte. Mäuse musste er sich allerdings selbst fangen, was er auch tat, wenn er sich dazu aufraffen konnte oder niemand ihn mit anderen Leckereien fütterte.
    »Vielen Dank.« Monk schlürfte den Tee und spürte, wie langsam so etwas wie Leben in seinen Körper zurückkehrte und Wärme sich von innen nach außen ausbreitete.
    »Unfall?«, fragte Sergeant Palmer beim Anblick der zwei Toten auf dem Boden, deren Gesichter jetzt der Pietät halber mit Jacken bedeckt waren.
    »Das wissen wir noch nicht«, erwiderte Monk. »Sind direkt vor uns von der Waterloo Bridge gefallen. Aber wie das passiert ist, können wir nicht genau sagen.«
    Palmer runzelte die Stirn. Er hatte ohnehin Zweifel an Monks Fähigkeiten, und dessen Unschlüssigkeit bestätigte ihn nur darin.
    Orme trank seinen Tee aus. »Sind zusammen runtergestürzt.« Er sah Palmer mit ausdrucksloser Miene an. »Schwer zu sagen, ob er versucht hat, sie zu retten. Könnte sie genauso gut gestoßen haben. Woran sie gestorben sind, das wissen wir aber genau. Arme Seelen. Sind mit voller Wucht aufs Wasser geprallt – ist ja immer das Gleiche. Aber warum es passiert ist, das wird wohl immer unklar bleiben.«
    Palmer wartete, dass Monk noch etwas hinzufügte. Plötzlich herrschte Stille. Die anderen zwei Besatzungsmitglieder des Bootes, Jones und Butterworth, standen schweigend da und schauten von einem zum anderen. Auch sie beobachteten Monk. Würde er Durban das Wasser reichen können?
    Schließlich brach Monk sein Schweigen. »Holen Sie einen Arzt. Nur für den Fall, dass es etwas anderes ist. Wahrscheinlich ist das nicht, aber wir wollen doch keine Blamage riskieren.«
    »Sind ertrunken«, bemerkte Palmer säuerlich und wandte sich ab. »Wer von so’ner Brücke fällt, is’ immer gleich tot. Das weiß doch jeder. Im Wasser kriegt man’nen Kälteschock und atmet es ein. Das überlebt keiner. Das einzig Gute daran is’, dass es schnell vorbei is’.«
    »Und wie dumm würden wir dastehen, wenn wir von Selbstmord ausgingen und sich auf einmal herausstellte, dass sie erstochen oder erwürgt worden ist, ohne dass wir das bemerkt haben?«, fragte Monk ruhig. »Ich will nur sichergehen. Oder wenn sie schwanger war, und wir das auch nicht bemerkt haben? Sehen Sie sich nur an, was für hochwertige Kleider sie trug. Das ist kein Straßenmädchen. Sie kommt aus gutem Hause und hat vielleicht noch Angehörige. Wir schulden ihnen die Wahrheit.«
    Palmer lief rot an. »Sie werden sich bestimmt nich’ besser fühlen, wenn sie schwanger war«, brummte er, ohne Monk anzusehen.
    »Wir suchen keine Antworten, nur damit die Leute sich besser fühlen«, belehrte ihn Monk. »Die Grundlage unserer Arbeit ist das, was vorliegt, und wir müssen wahrheitsgemäß damit umgehen. Wir wissen, wer die zwei waren und wo sie wohnten. Orme und ich sprechen jetzt mit ihren Angehörigen. Und Sie holen den Polizeiarzt, damit er sich die Leichen anschaut.«
    »Jawohl, Sir«, antwortete Palmer steif. »Sie
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