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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe
Autoren: Thomas Kastura
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Gesa. Und natürlich an Sophie.« Er gab Raupachs forschenden Blick zurück. »Die drei wichtigsten Frauen in meinem Leben sind plötzlich alle tot. Ist das nicht furchtbar?«
    »Es ist noch nicht erwiesen, ob Ihre Kollegin zu den Opfern gehört.«
    »Wollen Sie mich trösten, Herr Kommissar? Eva lebt nicht mehr. Ich weiß nicht, warum, aber sie war bestimmt die Dritte auf der Liste.«
    »Welche Liste?«
    »Es kommt mir so vor, als gebe es eine Art Plan, oder? Um mich zu bestrafen.«
    »Wer könnte Interesse daran haben, Sie zu bestrafen?«, fragte Raupach.
    »Am ehesten wohl ich selber.« Schwan seufzte und schüttelte den Kopf, als sei ihm nicht zu helfen. »Ich habe meine Frau betrogen, und wenn man eine Sünde begeht, muss man sie aus der Welt schaffen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Es genügt nicht, die Beichte abzulegen und um Vergebung zu bitten. Buße tun ist ein aufwendiges Unterfangen. Zuerst muss man seine Schuld im Sakrament der Versöhnung tilgen. Dann muss man sich um die Folgen der Sünde kümmern und sie auf irgendeine Weise ausgleichen. Damit sich die schlechte Tat nicht fortpflanzt.«
    »Wie soll das gehen?«
    »Ich habe mich immer wieder entschuldigt. Bei Sophie, bei Gesa. Bei allen, die von meiner Midlife-Crisis betroffen waren. Denn das war es letzten Endes, reiner Egoismus, ich wollte mich ausprobieren, sehen, ob ich noch landen kann bei den Frauen. Sogar Frau Rosinsky hat darunter gelitten. Sie musste Termine für mich vortäuschen. Das heißt, sie musste Sophie anlügen.« Schwan nickte gewichtig. »Sünden ziehen weite Kreise.«
    Seltsame Ansichten. Sie wirkten extrem, wie bei wiedererweckten Christen, die sich von heute auf morgen zu bigotten Eiferern wandeln. Doch sie enthielten auch einen Kern Wahrheit. Es stimmte: Wenn die Menschen überhaupt einmal Fehler einsahen, taten sie das meist nur für sich selbst, im Stillen. Wer kam schon auf den Gedanken, Leute um Verzeihung zu bitten, die von den eigenen Fehltritten direkt oder auch nur am Rande etwas abgekriegt hatten? Bei der Polizei hieß das Täter-Opfer-Ausgleich. Die Parteien wurden zusammengeführt, und man sprach im Beisein eines Kommissars über die entsprechenden Delikte: Diebstahl, Raub, Körperverletzung und dergleichen. Bei einem Mord war das nicht so einfach.
    Im Grunde gab Raupach dem Mann recht. Aber darum ging es hier nicht.
    »Seit wann haben Sie Ihre Frau betrogen?«
    »Mein Verhältnis mit Gesa dauerte drei Monate, von Januar bis Mitte April. Ich habe es vor einer Woche beendet.« Schwan sprach mit Gewissheit, ohne zu stocken. »Vier Tage bevor sie starb.«
    »Wie ging diese Trennung vonstatten?«, fragte Raupach.
    »Ich fuhr zu ihr und habe ihr alles erklärt.«
    »Was genau?«
    »Dass es zu Ende ist und ich meiner Frau wieder treu sein will. Dass es mir leidtut, Gesa Hoffnungen gemacht zu haben.«
    »Wie hat Ihre Freundin reagiert?«
    »Sie fiel aus allen Wolken.«
    »Wer täte das nicht?« Raupach stellte sich diese Enthüllung vor: Ab sofort werde ich ein neuer Mensch – leider kann ich dich dabei nicht gebrauchen. »Hat sie Ihnen eine Szene gemacht?«
    »Nach dem ersten Schock wollte sie wissen, ob sich unsere beruflichen Pläne jetzt ändern.« Schwan beugte sich vor, als sei Raupach ein Kollege, mit dem er Neuigkeiten austauschte. »Gesa ist Heilpraktikerin. Sie sollte eine eigene Praxis in den Kellerräumen der Villa bekommen.«
    »Lukrativ, in dieser teuren Gegend.«
    »Ich hätte ihr Patienten geschickt, Eva sicher auch. Gesa hatte Schwierigkeiten, sich eine entsprechende Klientel aufzubauen. Es hätte sich für sie auf jeden Fall gelohnt.«
    »Da Sie mit ihr Schluss gemacht haben, wäre wohl nichts daraus geworden.«
    »Aber nein! Natürlich wäre ich bei unseren Absprachen geblieben«, widersprach Schwan. »Schon als Entschädigung für meinen … privaten Rückzieher.«
    »Schwierige Situation«, überlegte Raupach. »Für Ihre Frau, meine ich. Wenn die Exfreundin zur beruflichen Partnerin wird und täglich in Ihrer Nähe ist.«
    »Warum? Die Fronten waren doch geklärt.«
    »Das sehen Sie aber sehr optimistisch.«
    »Sophies Vertrauen zu mir war erschüttert, keine Frage. Ich musste es neu aufbauen. Das ging am besten, indem ich ihr zeigte: Sieh her, ich kann mit Gesa unter einem Dach arbeiten, und trotzdem läuft nichts mehr zwischen ihr und mir. Nur auf freundschaftlicher Basis.«
    »Ist das nicht ein bisschen viel verlangt?«
    »Es war auch viel verlangt, dass Sophie mir überhaupt verzeiht.«
    »Hat
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